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Und keiner wird dich kennen

Und keiner wird dich kennen

Titel: Und keiner wird dich kennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis
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nennt ... doch für sich selbst ist sie weiterhin Maja – ob sich das irgendwann ändert?
    Maja nimmt das Manuskript zur Sicherheit mit ins Bad, als sie zum Zähneputzen geht. Eigentlich ist sie noch nicht müde, und als sie gegenüber ihres selig schlummernden Bruders ins Bett kriecht, schaltet sie die kleine Nachttischlampe ein, holt einen Stift und beginnt zu lesen.
    Ring aus Dornen ist der Titel, und es ist die Geschichte einer Liebe, die wunderbar beginnt und dann immer hässlicher und düsterer wird. Zu Anfang ist Jeanne noch glücklich: Ihr neuer Freund Thilo ist so aufmerksam, so zärtlich, er ist immer an ihrer Seite, wenn sie ihn braucht. Doch nach und nach merkt sie, dass etwas mit ihm nicht stimmt. Seine jähzornigen Ausbrüche und seine Eifersucht erschrecken sie. Sie bekommt Angst vor ihm und findet schließlich den Mut, sich von ihm zu trennen. Außer sich vor Wut, beginnt Thilo sie zu terrorisieren. Aber Jeanne hat einen Verbündeten – den gewitzten Gärtner Felix, der sich für sie interessiert und ahnt, was sie durchmacht ...
    Das ist autobiografisch . Maja spürt, dass ihre Mutter schon sehr lange an diesem Manuskript arbeitet, dass es vielleicht in den letzten drei Jahren ihre Art war, mit dem klarzukommen, was sie erlebt hat. Nur der nette Verbündete ist komplett erfunden. Leider.
    Es wird nicht leicht, das zu lesen. Diese Innenansichten aus der Hölle kennt sie selbst nur allzu gut. Sie muss es einfach als Roman betrachten. Und es hilft, dass schon die ersten Seiten sie hineinziehen ins Buch, sie nicht mehr loslassen.
    Maja vergisst die Welt, während sie umblättert.
    »Sag mal, wieso fotografierst du eigentlich diesen ganzen Mist in letzter Zeit?«
    Natascha blickt auf ihn herab. Lorenzo schaut zu ihr hoch; er liegt gerade mit dem Bauch auf dem Boden, mit einer Lage Zeitungspapier zwischen sich und der gefrorenen Erde.
    »Was meinst du mit Mist?«, fragt er und hebt die Kamera wieder vors Auge. Die Perspektive ist nicht schlecht, eine Feder scharf im Vordergrund und die anderen leicht unscharf im Hintergrund, aber man kann sie noch zählen. Sieben. Sieben war ... ist, verdammt, ist!  ... Majas Lieblingszahl. Lorenzo löst aus, einmal, zweimal. Jetzt noch mal direkt von oben, sodass sich alle sieben Federn gestochen scharf vom Hintergrund abheben.
    »Einen Laubhaufen, irgendwelche Federn, Zahlen aus Zweigen, Kieseln und Blättern ... jetzt mal ganz ehrlich, wen soll das interessieren?«
    Langsam richtet Lorenzo sich auf, die Knie seiner Jeans sind feucht geworden, trotz des Zeitungspapiers. Er antwortet nicht, blickt sie nur an. Woher soll Natascha auch ahnen, was diese Bilder bedeuten? Nur Maja kann das wissen. Der Laubhaufen erinnert daran, wie sie sich mal im Herbst mit Ahornblättern beworfen haben und jede Menge Spaß hatten; die Zahlen bildeten ihren Geburtstag; Federn hat sie gesammelt – nein, verdammt, sammelt sie !
    Vieles hat Natascha gar nicht erst mitbekommen. Er hat auch das Bild eines leeren Sitzplatzes im Bus online gestellt, als Erinnerung an ihre erste Begegnung. Majas Fußabdruck im Wald, der von einem ihrer letzten Spaziergänge stammt. Ein Graffito, das er nachts an die Wand ihres Hauses gesprayt hat: der Buchstabe M mit einem Fragezeichen und einem Herz. Wo bist du, Maja?
    Es scheint Natascha aus dem Konzept zu bringen, dass er nicht antwortet, unruhig verlagert sie das Gewicht auf den anderen Fuß. Sie trägt schwarze Leggins zu den Stiefeln, und unfreiwillig bemerkt Lorenzo, dass sie sehr schöne Beine hat, lang und schlank, perfekt proportioniert. Nur ihre beste Freundin Liliana, Cedrics Angebetete, sieht noch besser aus. Es hat Lorenzo immer gewundert, dass die beiden befreundet sind und keine Konkurrentinnen.
    »Eigentlich wollte ich dich was fragen«, sagt Natascha und streckt ein wenig das Kinn vor, ihre Augen blicken herausfordernd.
    »Schieß los«, sagt Lorenzo knapp.
    »Ich wollte schon ewig mal richtig gute Fotos von mir machen lassen.«
    Das war eigentlich keine Frage, aber es ist nicht schwer zu erraten, worauf sie hinauswill. »Wozu?« Lorenzo weiß, dass er nicht sehr freundlich klingt, aber er hat im Moment nicht die Kraft dafür, nett zu sein.
    »Kannst mal raten.«
    »Du willst dich als Stewardess bewerben.« Er packt seine Kamera ein, damit sie nicht länger als nötig der hohen Luftfeuchtigkeit ausgesetzt ist. Der Nebel schlägt sich ständig am Objektiv nieder.
    »Falsch.«
    »Du willst deinem Freund ein Porträt von dir

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