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Und keiner wird dich kennen

Und keiner wird dich kennen

Titel: Und keiner wird dich kennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis
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beschäftigen, ist vermutlich ebenso lohnend. Und wenn das Ganze in die Zeitung kommt, ist das optimal. Darin wird neben dem Alter des Opfers auch immer der Wohnort genannt.
    Lila dagegen ... je näher er ihr kommt, desto stärker wird auch seine Sehnsucht nach ihr. Sie hat ihm so viel bedeutet. Ja, natürlich, er wird sie erst mal bestrafen müssen, er will ihr wehtun, wie sie es noch nie erlebt hat ... aber nach der Bestrafung können sie dann wieder zusammenleben. Wie kann er sie davon überzeugen, zu ihm zurückzukehren?
    Vielleicht, indem er alles auf eine Karte setzt.
    Sie entscheiden sich für einen Agentenfilm, der passt irgendwie zu der agentenhaften Heimlichkeit, mit der sie gerade vorgehen müssen. Lorenzo zieht sich eine schwarze Wintermütze über seine auffälligen Haare, und Maja erklärt ihm genau, wo sie sich treffen werden. Sie küssen sich noch einmal, dann machen sie sich auf den Weg.
    Es ist ein milder Abend, könnte es sein, dass es doch noch irgendwann Frühling wird?
    Das Kino am Sendlinger Tor ist eins von der altmodischen Sorte, aber auf schöne Art altmodisch, nicht abgewrackt. Über dem Eingang prangt ein gewaltiges Filmplakat – gemalt, nicht gedruckt. Maja war noch nie drinnen, aber Stella hat ihr erzählt, dass es nur einen einzigen Saal gibt und dass der aussieht wie ein Opernsaal, viel Stuck und Plüsch. Und gleich wird sie darin neben Lorenzo sitzen, wie herrlich.
    Am Eingang hat sich schon eine lange Schlange gebildet, stimmt, der Film ist gerade erst angelaufen. Lorenzo ist noch nicht da, und wie sie vereinbart haben, will Maja schon mal Karten kaufen und eine davon für ihn an der Kasse hinterlegen, damit sie Plätze nebeneinander bekommen. Doch als sie endlich dran ist, sagt die Frau an der Kasse: »Tut mir leid. Ist leider ausverkauft.« Wie sich herausstellt, haben die Leute in der Schlange nur bereits reservierte Karten abgeholt.
    Verdammt. Maja stellt sich in eine Nische neben den Eingang und wartet darauf, dass Lorenzo aufkreuzt. »Ausverkauft – wir müssen noch mal woanders hin«, sagt sie ihm, als er aus der U-Bahn auftaucht und überrascht auf sie zugeht.
    Zum Glück läuft der Agentenfilm auch im Mathäser, das ist nicht weit weg. »Getrennte Wege?«, fragt Lorenzo, doch Maja zögert, schüttelt den Kopf. »Lohnt sich nicht wirklich, das Mathäser ist am Stachus, wir sind zu Fuß in fünf Minuten da.«
    Lorenzo behält seine Mütze auf und Maja zieht sich die Kapuze ihrer Jacke tief in die Stirn. So gehen sie Hand in Hand los.
    Der Duft nach Popcorn steigt Robert in die Nase, und kurz denkt er darüber nach, sich selbst eine Tüte davon zu kaufen. Nein, geht nicht, um das Zeug zu essen, braucht man beide Hände, und was ist dann mit dem Messer? Blöd ist außerdem, dass seine Blase allmählich drückt, er kann das Toilettenschild sogar sehen, aber er wagt nicht, seinen Beobachtungsposten jetzt zu verlassen, nicht mal für einen Moment. Die meisten Filme beginnen bald, danach sinkt die Chance, dass seine Beute erscheint, und er wird kurz aufs Klo verschwinden können.
    Im Mathäser ist es inzwischen richtig voll, an den Kassen kommen sie kaum noch nach. Gut ist, dass am Geländer der Rolltreppe noch andere Leute so wie er herumstehen und auf Freunde warten, dadurch fällt er nicht weiter auf. Schlecht ist, dass ihm im Gedränge ständig jemand auf die Füße zu treten droht. Gerade kommt ein Mädchen an ihm vorbei, die Hände voll mit Nachos, den Kopf schräg zur Seite gewandt, um mit ihrer Freundin quatschen zu können, kann sie nicht in die Richtung schauen, in die sie läuft? »Pass doch ...!«, ruft er, Sekunden bevor es passiert. Dann ist es auch schon zu spät, sie rempelt ihn an und Nachos mit Salsa verteilen sich über seiner Jacke, über den Boden, über den Arm des Mädchens. »Oh, entschuldigen Sie, ich ...«
    »Blöde Schlampe!«, stößt Robert hervor, und die Mädchen starren ihn verblüfft an. Dann erwidert die eine: »Wichser!«, und zeigt ihm den Stinkefinger, bevor sie sich zum Gehen wendet.
    Er will die Dinger von seiner Jacke herunterfegen, doch er hat das Messer vergessen, es ist fast schon Teil seiner Hand geworden, eine Verlängerung seines Arms. Das zweite Mädchen sieht das Messer in seiner Hand und wirkt etwas verängstigt. Aber sie kann nur einen ganz kurzen Blick darauf erhascht haben, denn schon hat Robert es wieder in seiner Tasche verschwinden lassen. Eilig folgt das Mädchen seiner Freundin, ohne herumzuschreien. Werden die beiden

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