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Und keiner wird dich kennen

Und keiner wird dich kennen

Titel: Und keiner wird dich kennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis
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zu knacken. Vor ihrem nächsten Treffen muss sie ihm einen Schnellkurs in konspirativen Verhaltensweisen verpassen. Nicht dass sie selbst Expertin darin wäre. Doch Lorenzo weiß nicht wirklich, wie das ist, gestalkt und bedroht zu werden, er hat höchstens eine blasse Vorstellung davon.
    Es ist fünf Uhr nachmittags. Um diese Uhrzeit sind seine Zimmergenossen in der Jugendherberge garantiert alle unterwegs. »Komm, wir gehen einfach hin«, sagt Maja, packt seine Hand und zieht ihn hoch. Auf einmal ist ihr wagemutig zumute. »Wir können ja die Tür verbarrikadieren.«
    »Das klingt nach einer verdammt guten Idee«, sagt Lorenzo und küsst sie – diesmal auf eine Art, die genüssliche Schauer über Majas ganzen Körper schickt.
    In der Jugendherberge bekommt niemand mit, dass Lorenzo sie auf sein Zimmer schmuggelt, und es funktioniert tatsächlich, einen Stuhl unter die Klinke zu klemmen. Dann sind sie allein miteinander und trotz allem hat Maja auf einmal weiche Knie. Obwohl sie es ja schon einmal getan haben.
    Es ist ganz anders diesmal. Ganz sanft und behutsam berühren sie sich, und als Lorenzo schließlich in ihr ist, bewegt er sich langsam, nicht so hastig wie das vorige Mal. Sie haben unendlich viel Zeit, um jeden Moment zu genießen. Nichts tut weh, im Gegenteil, kleine Blitze der Lust jagen durch Majas Körper, und irgendwann muss Lorenzo ihr »Leise!« ins Ohr flüstern, damit niemand merkt, was sie hier gerade machen.
    Danach liegen sie erschöpft und glücklich nebeneinander. »Eigentlich kann ich jetzt auch wieder abfahren, besser kann es unmöglich werden«, seufzt Lorenzo, und Maja knufft ihn in die Rippen. »Wehe. So leicht entkommst du mir nicht.«
    Lorenzo wickelt sich eine ihrer Haarsträhnen um den Finger, und Maja fragt: »Was ist, gefalle ich dir blond?«
    »Du siehst klasse aus, aber Rot würde sogar noch besser zu deinem Teint passen«, meint Lorenzo und betrachtet sie kritisch, mit seinem »Fotografenauge«, wie sie es nennt. Maja ächzt und denkt an die Farbe, die ihre Mutter mitgebracht hat. Wieso wollen nur alle Leute mich zu roten Haaren überreden? »Vergiss es, ich stehe nicht auf Partnerlook!«
    Sie ziehen sich wieder an, bevor jemand auf die Idee kommt, das Zimmer benutzen zu wollen.
    »So, was jetzt, hast du Pläne?«, fragt Lorenzo.
    »Wir können alles Mögliche machen ... Hauptsache, man sieht uns nicht dabei«, meint Maja.
    »Kino?«, schlägt Lorenzo fröhlich vor. »Wir fahren getrennt hin und setzen uns im dunklen Kinosaal dann ganz zufällig nebeneinander. Entschuldigen Sie, schöne Frau, ist hier bei Ihnen noch etwas frei?«
    Maja muss lachen. Natürlich, es ist ein Risiko, doch gerade fühlt sie sich ziemlich locker, die Angst hat sich tief in ihr Inneres zurückgezogen. Lorenzos Lebensfreude ist ansteckend, und wenn er bei ihr ist, fühlt sie sich so wunderbar beschützt.
    »Okay«, sagt sie. »Dann mal los.«
    In den letzten zwei Stunden hat Robert mehr Jugendliche gesehen, als er sich jemals antun wollte. Gekichere, Herumgealbere, blödes Gelaber, angestrengte Coolness, es ist nicht zum Aushalten. Drei McDonald’s-Filialen und diverse andere Fast-Food-Restaurants hat er schon überprüft, doch leider Fehlanzeige. Wenn die beiden etwas gegessen haben, dann nicht dort, oder er hat sie verpasst. Jetzt ist es halb sieben. Was machen Jugendliche um diese Uhrzeit? Für die Clubs ist es noch zu früh. Gehen sie ins Kino? Könnte sein. Nur leider ist München groß, es gibt mehr Kinos, als er überprüfen kann. Er entscheidet sich, Schwerpunkte zu setzen. Werden sie eher versuchen, in der Menge unterzutauchen, oder ein kleines, abgelegenes Kino bevorzugen? Robert entscheidet sich für ein großes Kino, in dem er unauffällig eine Beobachtungsposition beziehen und längere Zeit halten kann.
    Schon während die Rolltreppen ihn zum Mathäser-Kino am Stachus hochtragen, hält er Ausschau nach dem rotblonden Haarschopf des Jungen. Dann lehnt er sich in der Nähe des Kassenbereichs an ein Geländer und wartet, die Finger fest um den Griff des Messers gelegt.
    So wie immer schweifen seine Gedanken schon bald zu Lila und dem Unrecht, das sie ihm angetan hat. Was wäre die größte Strafe für sie? Wenn ihr selbst etwas geschähe? Nein, Frauen mit Kindern sind da völlig anders. Sie legen größten Wert auf ihre Kinder, obwohl die dermaßen viel Mühe und Kosten verursachen.
    Eigentlich braucht er nicht zu warten, bis er Lila selbst gefunden hat. Sich erst einmal mit ihrer Tochter zu

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