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Und keiner wird dich kennen

Und keiner wird dich kennen

Titel: Und keiner wird dich kennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis
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Hand ihrer Mutter verharrt in der Luft, der nächste Schlag bleibt aus.
    »Vielleicht denken Sie mal einen kurzen Moment darüber nach, wie es so weit kommen konnte«, sagt Stella mit blitzenden Augen. »Wer hat eigentlich diesen Robert Barsch ins Haus gebracht? Das waren doch wohl Sie, oder? Sie haben eine Beziehung mit diesem Kerl angefangen, ohne zu merken, was er für ein Mensch ist, und seither muss Ihre Familie das ausbaden!«
    Ja , denkt Maja. Ja! Das stimmt. Aber sie hat es nie gesagt, sie war ja immer so vernünftig, hat alles eingesehen ... Mamas Große!
    Lila ist so überrascht, dass ihr kein Wort über die Lippen kommt. Im Hintergrund sieht Maja Stellas Mutter in der Küchentür stehen, sie sieht schockiert aus.
    Stella ist noch nicht fertig. »Haben Sie sich mal überlegt, was das für ein Mädchen bedeutet, dass es sich von seiner großen Liebe trennen muss, nur weil seine Mutter Mist gebaut hat? Na? Haben Sie eigentlich mal daran gedacht, sich zu entschuldigen dafür?«
    »So, jetzt bin ich also die Böse?« Ihre Mutter sieht noch immer gefährlich aus. »Was hatte ich denn für eine Chance? Robert Barsch war damals schon vorbestraft wegen Körperverletzung und Stalking, aber hat mir das jemand gesagt? Hat mich irgendjemand gewarnt? Nein, verdammte Scheiße, niemand hat das !«
    »Kann man so was nicht irgendwie in Erfahrung bringen?«, mischt sich Stellas Mutter vorsichtig ein.
    »Nein!«, gibt Lila heftig zurück. »Über so was darf einem niemand Auskunft geben, die Polizei nicht und auch sonst keine Behörde! Datenschutz! Wenn der Typ es einem nicht selbst sagt oder wenn er einem etwas vorlügt, dann findet man es nie raus ... oder erst, wenn es zu spät ist!«
    Jetzt sieht Stella ebenfalls betroffen aus. »Sie meinen ... selbst wenn der Kerl schon mal einen Mord begangen hat oder ein verurteilter Kinderschänder ist, gibt es keinen Weg, das rauszufinden? Man muss sich auf das verlassen, was er über sich erzählt?«
    Als wäre mit der Wut auch die Energie aus ihr gewichen, lässt sich Lila wieder aufs Sofa zurücksinken. »Genau! In den ersten Monaten hat sich Robert perfekt verstellt, er war zärtlich, liebevoll, aufmerksam ... jede wäre auf ihn reingefallen. Denk mal dran, wenn du jemanden kennenlernst, Stella! Vertrau ihm bloß nicht, woher willst du wissen, was er schon getan hat?«
    Maja setzt sich nicht. Ihre Wange brennt noch immer, aber schlimmer ist, dass sie sich wie versteinert fühlt.
    »Und als du dich von ihm trennen wolltest, war es schon zu spät?«, fragt Stellas Mutter behutsam nach.
    »Ja. Schon vorher hat er angefangen, mich zu kontrollieren. Außerdem wurde er ... heftiger. Immer brutaler.« Lila schlingt die Arme um sich, als wäre ihr kalt. »Als ich mich von ihm trennen wollte, ist er völlig ausgerastet, und seither leben wir in der Hölle. So einfach ist das.«
    Ein tonnenschweres Schweigen erfüllt den Raum. Stella wagt schließlich, es zu brechen. »Aber dann laden Sie bitte nicht Ihre ganze Wut auf Alissa ab. Es ist Robert, der Ihnen all das angetan hat, er ist der Täter, er ist schuld.«
    »Ja, natürlich.« Lilas Stimme ist eisig. »Aber wenn die Familie nicht gegen einen solchen Täter zusammenhält ... das kann man nicht verzeihen, tut mir leid!«
    Ohne Maja noch einmal anzusehen, geht sie zum Bad und verriegelt die Tür hinter sich.
    Stella legt wieder den Arm um Maja, Stellas Mutter drückt ihr einen heißen Kakao in die Hand und streichelt ihren Rücken. »Nimm das nicht so schwer, sie wird sich wieder beruhigen, spätestens dann, wenn dein Bruder gerettet worden ist.«
    Ja , denkt Maja und starrt auf die dampfende Tasse in ihrer Hand. Aber was, wenn er nicht gerettet wird?
    Und genau in diesem Moment klingelt das Handy ihrer Mutter.

Blutspur
    »Ich muss nach München«, ruft Lorenzo in die Küche und hastet in sein Zimmer. Wieder einmal braucht der Computer endlos lange, bis er endlich hochgefahren ist.
    »Wie bitte, du fährst nach München? Wann denn?«, ruft sein Vater ihm nach.
    »Heute noch.« Mit ein paar Klicks ist er auf der Website der Bahn und beginnt, die Verbindungen rauszusuchen. Seine Finger zittern. Elias, o nein, doch nicht Elias! Hoffentlich geht das gut aus. Hoffentlich, hoffentlich!
    Seine Mutter stemmt die Fäuste gegen die Hüften. »Vergiss es. Morgen ist ein ganz normaler Schultag.«
    »Schreib mir bitte ’ne Entschuldigung«, sagt Lorenzo abwesend, die Bestellung ist abgeschickt, er muss das Ticket nur noch ausdrucken.

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