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Und kurz ist unser Leben

Und kurz ist unser Leben

Titel: Und kurz ist unser Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Kreditkartenbeleg.
Offenbar in bar. Desgleichen das Taxi. Jedenfalls hat er ein bombensicheres
Alibi. Der Taxifahrer konnte sich genau an die Zeit erinnern. Er hörte gerade
die Schlagzeilen der Elf-Uhr-Nachrichten.»
    «Hatte der Zug an dem Abend
Verspätung? Wenn es der ist, mit dem ich manchmal fahre, kommt er fahrplanmäßig
um 22 Uhr 53 an.»
    «Das lässt sich jetzt nicht
mehr feststellen.»
    «Erzählen Sie mir doch nichts!
Es könnte schwierig werden, zugegeben — aber die Ankunftszeiten werden
gespeichert, weil sie für die Statistik gebraucht werden.»
    «Ich schätze, er war
pünktlich.»
    «So? Sieben Minuten für einen,
der’s unglaublich eilig hat, von Bahnsteig zwei zum Taxistand? Für die Strecke
braucht ja sogar ein alter Mann wie ich nicht mehr als zwei Minuten.»
    «Vielleicht musste er
anstehen.»
    «War das der Fall?»
    «Keine Ahnung. Vielleicht war
er noch kurz im Bahnhofsrestaurant.»
    «Geschlossen.»
    «Ich begreife nicht recht,
worauf Sie hinauswollen.»
    «Das Wesentliche, Lewis, ist
meist für das Auge unsichtbar.»
    «Was mir aber nicht
weiterhilft.»
    «Also gut. Zurück zu Ihren
Fakten.»
    «Es war ein Einbruch. Das
Fenster zum Innenhof wurde von außen eingeschlagen, und jemand ist
eingestiegen. Die Schnur des Fernsehers war aus der Steckdose gezogen...»
    «...aber der Fernseher war noch
da.»
    «Vermutlich ist der Täter
gestört worden. Hat wohl gedacht, das Haus ist leer. Wahrscheinlich brannte
kein Licht. Fast Mittsommernacht. Sonnenuntergang Viertel nach neun, ich hab
nachgesehen.» (Morse nickte anerkennend.) «Ich weiß, manche Leute lassen immer
ein oder zwei Lampen brennen, wenn sie weggehen...»
    «Aber sie ist nicht
weggegangen.»
    «Nein. Wie gesagt, der
Einbrecher hat offenbar gedacht, dass die Luft rein ist, hat sich darauf
eingestellt, dass gleich die Sirene losgeht — das nächste Haus ist ziemlich
weit entfernt —, und hat sich ein paar Wertgegenstände geschnappt.»
    «Die Sirene heulte, als
Harrison kam, nicht? Zwanzig nach elf.»
    Lewis nickte. «Etwa zwei
Stunden nach dem Mord.»
    «Und die Sirene hört
normalerweise nach zwanzig Minuten wieder auf?»
    «Ja.»
    «Also?»
    «Ich weiß nicht. Aber allem
Anschein nach haben wir die Theorie, dass der Mörder den Alarm möglicherweise
selbst ausgelöst hat, nicht definitiv abgehakt.»
    «Zwei Stunden danach, glauben
Sie?»
    «Ich weiß schon langsam nicht
mehr, was ich glauben soll.»
    «Ein hübsches kleines Puzzle.»
    «Sie geben sich überhaupt keine
Mühe, mir zu helfen. Sonst haben Sie doch immer irgendeine Theorie parat.»
    Morse lächelte freundlich.
«Eine, die auf der Hand liegt, Lewis. Mrs. H. überrascht einen Einbrecher, der
Einbrecher verliert die Nerven und bringt sie um. Oder vielleicht» — das
Lächeln hatte sich verflüchtigt — «vielleicht hatte sie in jener Nacht einen
ihrer Liebhaber im Haus, und dabei ist etwas schief gegangen. Schrecklich
schief gegangen. Mehr habe ich nicht zu bieten. Die Einbrechertheorie und die
Liebhabertheorie. Was noch?»
    «Vielleicht ein bisschen von
beidem? Angenommen, sie lag mit einem Typ im Bett, als sie hörte, wie das
Fenster eingeschlagen wurde und...»
    «Nicht ausgeschlossen.»
    «Sie hatte in der bewussten
Nacht keinen Geschlechtsverkehr, ist nicht vergewaltigt oder gefoltert oder
körperlich angegriffen wurden. Die Kleidung war ordentlich neben dem Bett
zusammengelegt.»
    «Könnte das nicht der Mörder
besorgt haben? Ich brauche nicht viel Zeit, um meinen Schlafanzug
zusammenzulegen.»
    Lewis schüttelte langsam den
Kopf. «Nackt, geknebelt, mit Handschellen gefesselt...»
    «Ja», bestätigte Morse.
«Behalten Sie die Handschellen im Auge.»
    «Leichter gesagt als getan.»
    «Sehr richtig. Wenn ich mich
recht erinnere, kamen sie... äh... im Verlauf der Ermittlungen abhanden.»
    «Es wurde alles ordnungsgemäß
abgewickelt. Sie blieben bis zur Obduktion an ihren Handgelenken, und die Leute
aus der Pathologie haben die üblichen Untersuchungen vorgenommen — Blut,
Fasern, Haare. Ohne Ergebnis. Und sie haben die Handschellen auch auf
Fingerabdrücke hin untersucht, was sie sonst der Spurensicherung überlassen.
Scheint ein ziemliches Durcheinander gewesen zu sein. Vielleicht sind sie
deshalb abhanden gekommen.»
    «Vorübergehend verlegt, Lewis.»
    «Es war nicht das Einzige, was
abhanden gekommen ist. Eine Aktenbox mit Privatbriefen...»
    «Ich glaube kaum, dass die uns
weitergeholfen hätten.»
    «Trotzdem — mit Ruhm haben wir
uns nicht gerade

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