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Und kurz ist unser Leben

Und kurz ist unser Leben

Titel: Und kurz ist unser Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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für mich?»
    «Nur hereinspaziert. Das
Kreuzworträtsel habe ich hinter mir.»
    «Wie lange haben Sie
gebraucht?»
    «Sagen wir so: Mein Gehirn baut
ab.»
    «Dreißigtausend Gehirnzellen
pro Tag verlieren wir nach unserem dreißigsten Lebensjahr, haben Sie mir mal
erzählt.»
    Morse nickte trübselig. «Ich
habe mich eben bis jetzt für eine Ausnahme gehalten. Setzen Sie sich.»
    Lewis folgte der Aufforderung
und holte tief Luft. «Ich war Ihnen auf den Fersen.»
    Morse sah seinen Sergeant verständnislos
an.
    «Sie waren bei Debbie
Richardson — vor mir. Sie waren im Maiden’s Arms — vor mir. Sie waren in
Bullingdon — vor mir. Sie waren in Redbridge — vor mir. Sie waren draußen in
Sutton Courtenay — vor mir. Sie hatten die ganze Zeit einen Zug Vorsprung.»
    «Nur einen?»
    «Hätten Sie mir das nicht sagen
können?»
    «Sagen? Was denn?», fragte
Morse. «Und vergessen Sie nicht, dass ich Ihnen auch mal auf den Fersen war. Ab
Bullingdon. Mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Abstand.»
    «Und der wäre?»
    «Nächste Frage.»
    «Sie übernehmen doch den Fall?»
    «Nächste Frage.»
    «Warum nicht?»
    «Kein Kommentar.»
    «So langsam werden gewisse
Leute hier sauer auf Sie.»
    «Das ist nichts Neues.»
    «Aber...»
    «Jetzt hören Sie mal genau zu,
Lewis.» Die blauen Augen richteten sich über den Schreibtisch hinweg unverwandt
auf den Sergeant. «Ich übernehme den Fall Harrison nicht.»
    «Ich habe nur gehofft, Sie
würden mir helfen.»
    «Ja?»
    «Also... ich würde gern wissen,
ob Sie ein persönliches Interesse an der Sache haben.»
    «Null.»
    Lewis meinte in dem Gesicht des
Chief Inspector flüchtig so etwas wie Verlegenheit zu entdecken, doch das war
gleich wieder vorbei.
    «Aber Sie wissen offenbar sehr
viel über den Fall. Sie müssen doch eine gewisse Vorstellung von dem haben, was
in der Nacht passiert ist, als sie ermordet wurde.»
    «Gewisse Vorstellungen.
Plural.»
    «Es war eine logische Abfolge
von Ereignissen, wie Sie so gern sagen.»
    «Es war eine Verkettung von
Ereignissen, wobei jedes Kettenglied kausal mit dem vorhergehenden verbunden
war.»
    «Was ist Ihrer Meinung nach in
jener Nacht passiert?»
    «Das dürfte ziemlich klar
sein.»
    «Würden Sie dem hier
zustimmen?» Lewis holte einen A4-Bogen heraus, auf den er einen Zeitplan für
den Tag des Mordes getippt hatte.
     
7.00-13.00
Yvonne
hat Frühschicht auf Station JR 27 C
13.15-14.00
Macht
Mittagspause in der Personalkantine
14.13-16.00
(?)
Fährt
nach Oxford. Einkäufe bei Marks & Spencer und Austin Reed
16.00
(?)-16.30
Fährt
nach Hause um Stoßzeit im Verkehr zu vermeiden
18.00-19.00
Abendessen:
Champignon-Omelette
19.00
Maurer
aus dem Ort ruft an — Anschluss besetzt oder Hörer ausgehängt
19.10
Frank
H. wird angerufen und erreicht den Zug um gl.48 von Paddington nach Oxford
19.30
Maurer
ruft erneut an. Freizeichen aber niemand meldet sich
23.00
F.
H. fährt mit dem Taxi nach Lower Swinstead
23.20
Entdeckt
seine Frau nackt, geknebelt, mit Handschellen gefesselt, und tot
     
    Morse warf einen flüchtigen
Blick auf das Blatt. «Zeichensetzung ist eben doch eine Kunst.»
    «Bitte?»
    «Die Vermutung war — ist —,
dass irgendwann zwischen neun und halb zehn...»
    «Der Bericht des Pathologen
scheint das zu bestätigen.»
    «Ihr Glaube an Pathologen ist
geradezu rührend.»
    «Aber das ist noch nicht alles.
Eins hängt ja mit dem anderen zusammen, für fast alles liegt eine Bestätigung
vor: Aussagen aus dem Krankenhaus. Quittungen aus den beiden Kaufhäusern.
Obduktionsbefunde im Hinblick auf die letzte Mahlzeit. Die Anrufe wurden
überprüft...»
    «Unfug. Dass die Nummer bei dem
ersten Anruf des Maurers besetzt war und dass sich beim zweiten Anruf niemand
gemeldet hat — wie wollen Sie so was überprüfen?»
    «Man kann nicht alles und jedes
bis ins Letzte...»
    «Und wie steht es mit dem
Ehemann? Sonderbarer Anruf, nicht? Lassen Sie alles stehen und liegen und
kommen Sie her, so schnell Sie können. Wer war der Anrufer?»
    «Das frage ich Sie.»
    «Harrisons Nummer kann nicht
Krethi und Plethi bekannt gewesen sein. Er hatte eine Mietwohnung, nicht?»
    «Hat er noch.»
    «Trotzdem: Irgendjemand kannte
die Nummer und rief ihn an. Haben wir die Telefongespräche der Verdächtigen
überprüft?»
    «Welcher Verdächtigen?»
    «Der beiden Kinder.»
    «Sie galten nicht als
Verdächtige. Und selbst wenn — warum sollten sie nicht hin und wieder ihren
Vater anrufen?»
    «Wie hat er die Fahrkarte
bezahlt?»
    «Kein

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