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Und morgen am Meer

Und morgen am Meer

Titel: Und morgen am Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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Also im Actionfilm sieht das wesentlich leichter aus.«
    »Du machst darüber auch noch Witze!«, fuhr ich ihn an, dann verschleierten Tränen meinen Blick. Nur ein Fehler, nur ein Missgeschick und ich hätte ihn nie wiedergesehen. Entweder wäre er am Sturz gestorben oder durch die Kugel eines Grenzsoldaten. Die Gefühle übermannten mich derart heftig, dass ich den Jodlappen auf den Tisch pfefferte, ihm weinend um den Hals fiel und ihn fest, ja beinahe schmerzhaft küsste.
    »Aua!«, beschwerte er sich leise, als meine Lippen wieder von ihm abließen. »Denk an meine Wunde.«
    Am liebsten hätte ich ihm an den Kopf geworfen, dass er es nicht besser verdient hatte. Aber ich küsste ihn erneut, packte ihn dann bei seiner Jacke und schüttelte ihn leicht. »Du hättest tot sein können, weißt du das? T-O-T!«
    »Ich verstehe das Wort, bei uns heißt das auch so«, entgegnete er lächelnd und legte dann seine Arme um mich. »Aber ich bin nicht tot. Die paar Prellungen werde ich überleben. Soweit ich es beurteilen kann, sind meine Rippen diesmal nicht gebrochen, das hat sich nach dem Unfall wesentlich schlimmer angefühlt.«
    Ich boxte ihm sanft gegen die Brust.
    »Aua, so was macht man nicht mit jemandem, der vor ’ner Dreiviertelstunde aus dem Zug gesprungen ist.«
    »Deine eigene Schuld! Du hättest ganz normal über den Grenzübergang kommen können.«
    »Ja, und da hätten sie mich vielleicht gar nicht erst einreisen lassen. Oder die Stasi wäre bei dir aufgekreuzt.«
    Ich wollte schon behaupten, dass dem nicht so sei, doch wenn es für mich schon strafbar war, einen Brief in den Westen zu schicken, konnte man diesen Leuten alles zutrauen.
    Ich machte schließlich mit dem Jod weiter und verband die blutenden Wunden mit Pflaster und Mull.
    »Willst du mir nicht auch mal deinen Oberkörper zeigen?« Ich wurde rot. Wie hörte sich das an? »Ich meine, damit ich sehen kann, ob du eine Verletzung hast.«
    Claudius lächelte breit und schälte sich aus der Jacke. Sie hatte ihn ziemlich gut vor Kratzern bewahrt, allerdings nicht vor blauen Flecken an den Armen. In meinem Nacken begann es zu kribbeln, als ich das sah. Wenn ich mir vorstellte, aus einer Bahn zu springen … Als Kind bin ich mal von einer Schaukel gefallen und hatte danach nie wieder auf eine gehen wollen.
    Als er sein Shirt anhob und über den Kopf zog, schnappte ich nach Luft. Zum einen sah er sehr gut aus, ja, und wahrscheinlich wäre ich zu anderer Gelegenheit rot geworden, wenn ich ihn so gesehen hätte. Jetzt galt mein Erstaunen nicht nur dem angedeuteten Sixpack und seiner breiten Brust, sondern vor allem dem riesigen Bluterguss, der an seiner rechten Seite, knapp unterhalb der Rippen blühte. Er sah aus, als hätte ihm jemand mit voller Wucht mit einer Eisenstange draufgeschlagen.
    »Sieht’s schlimm aus?«, fragte er.
    Ich zog die Augenbrauen zusammen. Stand schon wieder kurz vor dem Heulen und streckte dann vorsichtig die Hand nach ihm aus. »Tut’s sehr weh?«, fragte ich, als meine Fingerspitzen die Stelle berührten. Wie sehr wünschte ich mir in diesem Augenblick, irgendwelche Zauberkräfte zu haben, damit ich den blauen Fleck einfach wegsaugen könnte. Es war kaum zu glauben, dass darunter alles heil sein sollte.
    »Wenn du deine Finger drauflegst, nicht mehr so sehr«, entgegnete er lächelnd, worauf ich meine Hand unsicher wegzog.
    »Bist du sicher, dass nichts gebrochen ist? Der Fleck sieht so aus, als müsste er dringend von einem Arzt untersucht werden.«
    Claudius atmete tief durch. »Sticht nichts. Klar tut es weh, aber eher so wie eine Prellung. Hast du mal ’nen Spiegel da, damit ich ihn sehen kann?«
    Ich lotste ihn ins Badezimmer. Die angelaufenen Stellen auf dem Spiegel verblassten regelrecht gegen seinen Bluterguss.
    Scharf sog er die Luft durch die Zähne. »Mensch, das sieht ja wirklich schlimm aus. Aber du kannst mir glauben, es schmerzt nicht wie ein Rippenbruch.«
    »Und wenn die Rippe nur angebrochen ist?« In dem Augenblick wäre ich in der Lage gewesen, einen Röntgenzug zu kapern und ihn vor die Tür zu stellen, damit Claudius’ Brustkorb durchleuchtet werden konnte.
    »Da ist nichts gebrochen.« Er fuhr sich nun selbst mit der Hand über die blau unterlaufene Stelle, zuckte dann kurz zusammen. »Aber ich verspreche, sollte es schlimmer werden, sag ich dir Bescheid.«
    Und was sollte ich dann tun? Ich konnte Claudius doch ohne SV -Ausweis unmöglich zum Arzt bringen? Andererseits konnte ich ihn als meinen

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