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Und morgen am Meer

Und morgen am Meer

Titel: Und morgen am Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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wie sie selbst, nickte er und gab es ihr wieder. »In Ordnung, nehmen Sie die Maschine mit rüber. Aber ich muss Ihnen sagen, dass es für Sie Konsequenzen hat, wenn Sie das Fahrzeug ohne entsprechenden Führerschein bewegen.«
    »Das habe ich wirklich nicht vor«, entgegnete Milena und durfte dann passieren. Der Grenzer sah nun wieder mich an.
    »Holen Sie Ihre Dokumente, dann können Sie passieren. Ansonsten bleiben Sie hier!«
    Ich nickte so ruhig wie möglich, aber innerlich zerriss es mich fast vor Wut. Wut auf mich selbst. Wut darüber, dass ich unsere Flucht nicht besser geplant hatte. Wenn Milena mit der S-Bahn aus der Stadt gefahren wäre und ich über die Transitstrecke die Stadt verlassen hätte, hätten wir längst in der ČSSR sein können! Dazu hätte ich aber mein Motorrad gebraucht …
    Nein, es brachte nichts, sich jetzt zu fragen, was man hätte anders machen können.
    Kurz noch blickte ich zu Milena, die hinter dem Zaun wartete. Schon wieder trennte uns eine Grenze! Aber ich war fest entschlossen, nicht lange auf dieser Seite zu bleiben.
    Auf dem Weg an den wartenden Autos vorbei bemerkte ich in der gegenüberliegenden Lastwagenschlange einen Fahrer aus Hamburg, der sich gerade mit Kollegen unterhielt. Ich dachte daran, dass Milena von der Hilfsbereitschaft meiner Leute gesprochen hatte. Vielleicht sollte ich das mal testen.
    Ich hielt auf die Männer zu, die mich nicht zu bemerken schienen.
    »Entschuldigen Sie bitte«, mischte ich mich ein, worauf alle fast gleichzeitig verstummten und mich ansahen, als könnten sie nicht glauben, dass ich die Frechheit besaß, sie anzusprechen.
    Das ungute Gefühl in meiner Magengrube wurde größer. Was, wenn sie ablehnten – oder glaubten, ich wollte ihnen was klauen, und mich dann vermöbelten. Gegen diesen Haufen bulliger Kerle hatte ich keine Chance.
    »Wer von Ihnen ist der Fahrer dieses LKW ?«
    Die Männer sahen mich an, als wäre ich Mork vom Ork.
    Dann schob sich einer von ihnen vor. Er hatte lockiges braunes Haar, sein Bart war zwar noch kein richtiger Bart, aber deutlich älter als drei Tage. Unter seinen Augen hatte er bläuliche Ringe, das Resultat vieler Stunden auf der Autobahn und drängender Termine.
    »Mir gehört der Zug hier«, sagte er und deutete mit dem Daumen über seine Schulter. »Was willst du, Junge?«
    »Mit Ihnen reden.« Ich blickte zu den anderen Männern. Waren die aus dem Osten oder auch aus dem Westen? »Es ist dringend.«
    Der Fahrer musterte mich prüfend. Einer seiner Kollegen lachte spöttisch, während die anderen glotzten, als hätte ich verlangt, dass er mir seinen Laster geben solle.
    »Na gut, Junge, schieß los!«, sagte der Fahrer schließlich.
    »Können wir das unter vier Augen besprechen?«
    Mir war klar, dass ich mich damit vor den anderen Männern komplett lächerlich machte, doch ich wollte nicht allen mein Vorhaben auf die Nase binden.
    »Na gut, dann komm mit«, sagte der Fahrer, zündete sich noch eine Zigarette an und bedeutete mir, um den Truck herum zu kommen.
    »Treib’s nicht so doll mit dem Kleinen!«, rief uns einer der Männer hinterher, die anderen lachten.
    Der Fahrer winkte ab. »Vielleicht wär es besser, wenn du mir erst mal deinen Namen sagst, Kleiner. Ich bin Bernd.«
    »Claudius«, entgegnete ich, sah aber, dass der Mann nicht erwartete, dass wir uns die Hand gaben.
    »Und, was gibt’s so Dringendes?«
    »Ich muss über die Grenze«, erklärte ich dem Brummi-Fahrer.
    »Und warum gehst du nicht einfach?«, fragte er desinteressiert.
    »Weil es ein Problem mit dem Visum gibt«, entgegnete ich. »Ich bin über Berlin eingereist, habe aber vergessen, dass man eigentlich die Stadtgrenze nicht verlassen darf.«
    Der Fahrer sog scharf die Luft ein. »Na, da ist die Kacke aber am Dampfen.«
    »Das Schlimme ist, dass meine Freundin mit meiner Maschine schon drüben ist. Und ich will sie da nicht allein lassen.«
    Hätte es gezogen, wenn ich behauptet hätte, wir seien auf Republikflucht?
    »Und das Mädel ist aus der Zone, wie?«
    Ich nickte. »Ja, sie ist problemlos durchgekommen, aber mir hätten sie die Ohren vom Stamm gerissen.«
    Der Mann musterte mich von Kopf bis Fuß. »Könnt schwierig werden, dich mitzunehmen. Die filzen die Lastwagen immer genau. Zwischen der Ladung kannst du dich nicht verstecken, da würden die dich sehen.«
    Also Pech gehabt.
    »Aber es gibt da noch ’ne andere Möglichkeit. Wollt immer schon mal jemandem zur Flucht verhelfen.« Er zwinkerte mir zu und bedeutete

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