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Und morgen am Meer

Und morgen am Meer

Titel: Und morgen am Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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uns sagen, dass wir auf dem richtigen Weg waren.
    Bevor wir zur Grenze fuhren, wollte ich noch einmal tanken, denn ich hatte bemerkt, dass wir nicht mehr besonders viel Sprit hatten.
    Milena hatte gemeint, dass wir notfalls etwas Benzin von einer der LPG s – Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften – bekommen konnten, denn die meisten von ihnen verfügten über eigene Zapfsäulen.
    Aber das hatten wir gar nicht nötig, denn in einem Dorf, das wir durchquerten, entdeckte ich ein Minol-Schild. Wenn ich auch nicht viel von der DDR wusste, inzwischen hatte ich immerhin verstanden, dass sich hinter dem rot-gelben Schild Tankstellen verbargen.
    Ein bärtiger Mann saß auf einem Hocker neben den beiden Zapfsäulen und versuchte, sich eine Zigarette anzuzünden. Dass er dabei in die Luft fliegen konnte, schien ihm nicht in den Sinn zu kommen.
    Ich brachte das Motorrad vor einer der gelb-roten Zapfsäulen zum Stehen. »Kraftstoff-Gemisch« stand an beiden, eine enthielt Benzin im Mischverhältnis 1:33 und die andere 1:50.
    »Ich nehme mal an, wir brauchen 1:33«, sagte ich und stieg ab.
    Milena schob die Unterlippe vor. »Unsere Mopeds brauchten auch 1:33, ich glaube, damit liegst du richtig.«
    Ich schraubte den Tankverschluss ab, holte den Zapfhahn und tankte. Die Anlage gab ein merkwürdiges Geräusch von sich. Obwohl ich eigentlich nicht ängstlich war, schielte ich verstohlen zu dem Tankwart, der seine Zigarette mittlerweile in Brand gesteckt und das Streichholz auf dem Boden ausgedrückt hatte. Ganz offensichtlich hatte er keine Stelle mit Benzin erwischt, was pures Glück war, denn vor den beiden Zapfsäulen stand es in millimetertiefen Pfützen.
    »Bekommt man hier nur Benzin?«, fragte ich mit Blick auf den Schuppen neben den Tanksäulen. Der erinnere mich an alte amerikanische Filme – doch selbst die hatten so was wie Verkaufsstellen oder ein Diner nebenbei. Hier gab es nur den Blechverschlag.
    »Klar bekommst du hier nur Benzin«, antwortete Milena verwundert. »Bei den Tankstellen in der Stadt kannst du auch Öl kaufen, und an den Fenstern kleben Pneumant-Banner. Das ist die Firma, die bei uns Reifen herstellt.«
    »Bei uns ist das ein bisschen anders, da kannst du an Tankstellen auch Lebensmittel kaufen. Schokoriegel und Kaffee zum Beispiel.«
    Milena zog die Augenbrauen hoch. »Wirklich? Soweit ich denken kann, gibt es bei uns nur Sachen fürs Auto, also Benzin, Öl, Lampen zum Wechseln, manchmal auch Reifen oder Keilriemen. Deshalb ist das ja auch eine Tankstelle und kein HO .«
    Und wahrscheinlich würde der Laden, wenn es hier noch etwas anderes gab, genauso trist aussehen wie die Kaufhallen in Ostberlin, sagte ich mir, während ich den Zapfhahn zurückhängte und den Tankverschluss wieder zudrehte.
    Als ich den Mann mit der Zigarre ansprach, reagierte er zunächst nur mit einem undeutlichen Brummen. Der Preis, den er mir daraufhin nannte, war im Vergleich zu Westberlin wirklich sehr günstig.
    Ich bezahlte schnell und fixierte die ganze Zeit die Zigarette in seinem Mundwinkel. Wenn die nun runterfiel …
    Glücklicherweise tat sie es nicht, solange ich bei ihm stand. Rasch kehrte ich zu Milena zurück und schob das Motorrad ein Stück vor, weg von den regenbogenfarben schillernden Pfützen.
    »Verschwinden wir«, sagte ich zu ihr. »Hier ist es mir nicht geheuer. Siehst du die Zigarette?«
    Milena nickte, dann lächelte sie breit. »Der betreibt die Tankstelle sicher schon lange und weiß, was er tut.«
    »Darauf würde ich nicht wetten!« Ich ließ den Motor an und stieg wieder auf.
    Als wir ein Stück entfernt waren, erwartete ich beinahe, dass die Tankstelle nun doch in die Luft fliegen würde, so richtig mit großem Rauchpilz, wie man ihn aus Actionfilmen kannte. Doch nichts geschah. Der Mann mit der Zigarette war entweder ein großer Glückspilz – oder er wusste genau, was er tat. Ich hoffte, dass wir beim nächsten Mal eine größere Tankstelle finden würden, in dem das Personal nicht so leichtsinnig war.
    In Reitzenhain staute sich der Reiseverkehr, unzählige Trabis, Wartburgs und andere Fahrzeuge reihten sich vor dem Grenzübergang auf. Außerdem gab es eine Extra-Warteschlange für Lastwagen, die ebenfalls ziemlich lang war.
    Wir hielten in der Autoschlange, und nachdem sie ihren Helm abgenommen hatte, erklärte mir Milena die einzelnen Autotypen: »Also, das da ist ein Lada«, sagte sie und deutete auf ein sehr eckiges Auto mit runden Lampen. »Das da hinten ist ein Moskwitsch

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