Und morgen bist Du tot
der auf eine Lebertransplantation wartet, sterben muss. Auch nicht wegen Herz, Lunge oder Niere. Daraufhin habe ich meine Firma gegründet.«
Caitlin schürzte die Lippen, wie immer, wenn sie jemandem zustimmte, und nickte.
»Können Sie garantieren, dass Sie eine Leber für Caitlin finden?«
»Natürlich! Das ist ja mein Geschäft. Ich garantiere immer, innerhalb von einer Woche ein passendes Organ zu finden und die Transplantation in die Wege zu leiten. In zehn Jahren bin ich nicht ein einziges Mal gescheitert. Wenn Sie sich bei früheren Klienten vergewissern möchten, gibt es sicher einige, die bereit wären, mit Ihnen über ihre Erfahrungen zu sprechen.«
»Eine Woche, auch wenn sie die Blutgruppe AB negativ hat?«
»Die Blutgruppe ist nicht wichtig, Mrs Beckett. Auf der Welt sterben jeden Tag dreitausendfünfhundert Menschen im Straßenverkehr. Man findet immer irgendwo einen passenden Spender.«
Auf einmal fühlte Lynn sich unglaublich erleichtert. Die Frau wirkte glaubwürdig. Ihre eigene Erfahrung in der Welt der Inkassobüros hatte sie viel über die menschliche Natur gelehrt. Vor allem konnte sie erkennen, wer Mist erzählte und wer nicht.
»Wie würden Sie vorgehen, um eine passende Leber für meine Tochter zu finden?«
»Ich arbeite mit einem weltweiten Netzwerk, Mrs Beckett.« Sie nahm einen Schluck Tee. »Es dürfte kein Problem sein, irgendwo auf diesem Planeten einen Verkehrstoten zu finden, der sich als Spender eignet.«
Dann stellte Lynn die Frage, vor der sie sich die ganze Zeit gefürchtet hatte. »Und wie viel verlangen Sie dafür?«
»Das Komplettpaket umfasst das Honorar eines erfahrenen Transplantationschirurgen und eines zweiten Chirurgen, zweier Anästhesisten, des Pflegepersonals, eine sechsmonatige postoperative Nachsorge und sämtliche Medikamente. Es kostet …« – Ihr Blick verriet, dass sie genau wusste, wie ihre Worte einschlagen würden – »300000 Euro.«
»300000 Euro ?«, keuchte Lynn.
Marlene Hartmann nickte.
»Aber das sind« – sie überschlug rasch – »250000 Pfund!«
Caitlin schaute ihre Mutter an, als wollte sie sagen: Vergiss es.
»Ja, das kommt ungefähr hin.«
Lynn rang verzweifelt die Hände. »Das – das ist eine gewaltige Summe. Unmöglich. Ich meine, so viel Geld besitze ich einfach nicht.«
Die Deutsche trank schweigend von ihrem Tee.
Lynn sah ihrer Tochter in die Augen. Der Hoffnungsfunke war erloschen.
»Ich – ich hatte ja keine Ahnung. Bieten Sie irgendeinen Ratenplan an?«
Die Geschäftsfrau öffnete den Aktenkoffer und holte einen braunen Umschlag heraus.
»Das ist mein Standardvertrag. Ich verlange die Hälfte als Vorkasse und den Rest unmittelbar vor der Transplantation. Es ist gar nicht so viel, wie es aussieht. Ich habe noch nie jemanden getroffen, der das Geld nicht aufbringen konnte.«
Lynn schüttelte betroffen den Kopf. »Warum ist es so viel?«
»Ich kann Ihnen genau erklären, wie sich die Kosten zusammensetzen. Sie müssen verstehen, dass sich der Zustand einer Leber verschlechtert, wenn sie sich länger als eine halbe Stunde außerhalb des Körpers befindet. Der Mensch, von dem sie stammt, wird an lebenserhaltende Maschinen angeschlossen und mit einer Luftambulanz hergeflogen. Wie Sie wissen, ist das, was ich mache, in diesem Land verboten. Das gesamte Ärzteteam geht ein großes Risiko ein, und wir müssen natürlich erstklassige Leute buchen. Es gibt eine Privatklinik hier in Sussex, die allerdings extrem teuer ist. Ich persönlich verdiene kaum etwas daran, nachdem ich die Kosten gedeckt habe. Sie könnten natürlich Geld sparen, wenn Sie mit Ihrer Tochter in ein Land fliegen, in dem die juristische Seite nicht so wichtig ist. Es gibt eine Klinik in Mumbai und auch eine in Bogota. Dort würde es vermutlich fünfzigtausend Euro günstiger.«
»Aber wir müssen länger dort bleiben.«
»Ja, einige Wochen. Länger, falls Komplikationen wie eine Infektion auftreten. Oder natürlich, wenn das Organ abgestoßen wird. Sie müssen auch die Kosten für die Medikamente berücksichtigen, die eine Abstoßung verhindern und über den Zeitraum von sechs Monaten hinaus eingenommen werden müssen. Ihre Tochter wird sie ihr Leben lang brauchen.«
Lynn schüttelte völlig verzweifelt den Kopf.
»Ich – ich möchte nirgendwo sein, wo wir uns nicht auskennen. Außerdem muss ich arbeiten. Aber es ist sowieso unmöglich. So viel Geld kann ich einfach nicht aufbringen.«
»Mrs Beckett – oder darf ich Sie Lynn nennen? Eines
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