Und morgen in das kühle Grab
davon überzeugt, dass er auf dem
besten Weg sei, einen Impfstoff zu finden, der Krebs
sowohl verhüten als auch heilen könnte. Ich bin mir
sicher: Falls er dem Unternehmen Geldbeträge entzogen
hat, auch wenn er nicht dazu befugt gewesen sein sollte,
dann hat er diese einzig und allein für diesen Zweck
verwendet.«
»Lynn, es tut mir Leid, aber ich muss Ihnen sagen, dass
die Reaktion der Leute auf diese Erklärung sein wird: ›Das
kannst du deiner Großmutter erzählen!‹« Die Stimme
klang sanft, aber Lynn errötete und ließ das Blatt Papier
fallen, das sie in der Hand gehalten hatte.
»Adrian!«, rief sie.
Für diejenigen, die in der Welt des Business zu Hause
sind, muss der soeben Eingetretene nicht erst vorgestellt
werden, pflegen die Fernsehmoderatoren zu sagen, wenn
sie einen prominenten Studiogast ansagen. Ich erkannte
ihn sofort. Es war Adrian Nagel Garner, alleiniger
Eigentümer der Garner Pharmaceutical Company, und
außerdem ein Menschenfreund, wie er im Buche steht. Er
war nicht besonders groß, ungefähr Mitte fünfzig, mit
leicht ergrauten Haaren und unauffälligen Gesichtszügen –
ein nicht besonders attraktiver Mann, der einem in der
Menge kaum auffallen würde. Niemand wusste genau, wie
reich er war. Er vermied es, in der Öffentlichkeit
aufzutreten, aber natürlich kursierten jede Menge
Gerüchte über ihn. Die Leute sprachen mit Ehrfurcht von
seinem Wohnsitz in Connecticut, wo es eine prachtvolle
Bibliothek gab, ein Theater mit achtzig Sitzplätzen, ein
Aufnahmestudio und einen Raum mit Billardtisch und
Spielautomaten, um nur einige der Annehmlichkeiten zu
nennen. Es hieß von ihm, der zweifach geschieden war
und mittlerweile erwachsene Kinder hatte, dass er zurzeit
eine Liaison mit einer britischen Adligen habe.
Es war sein Unternehmen, das sich für eine Milliarde
Dollar die Vertriebsrechte für den Impfstoff von Genstone gesichert hatte, falls die Zulassung erteilt würde.
Einer seiner Manager war in den Vorstand von Gen-stone
gewählt worden, aber auf der Aktionärsversammlung nicht
in Erscheinung getreten. Sicherlich war das Letzte, was
Adrian Nagel Garner wollte, dass seine Firma in der
Öffentlichkeit weiterhin mit dem in Ungnade gefallenen
Unternehmen Gen-stone in Verbindung gebracht wurde.
Ehrlich gesagt war ich äußerst überrascht, ihn hier in
Lynns Wohnzimmer zu sehen.
Es war deutlich zu spüren, dass auch für sie der Besuch
total überraschend kam. Sie schien nicht recht zu wissen,
was sie davon halten sollte. »Adrian, was für eine nette
Überraschung«, sagte sie. Fast wäre sie ins Stottern
geraten.
»Ich war gerade auf dem Weg nach oben zu den
Parkinsons, wo ich zu Mittag esse. Als mir einfiel, dass
Sie auch in diesem Gebäude wohnen, kam ich auf die
Idee, kurz vorbeizuschauen. Ich habe die Nachrichten
heute Morgen gehört.«
Er wandte sich an Wallingford. »Charles.« Seine
Begrüßung fiel ziemlich kühl aus. Er nickte den Anwälten
zu, dann blickte er zu mir.
»Adrian, das ist meine Stiefschwester, Carley DeCarlo«,
sagte Lynn. Sie klang immer noch ziemlich
durcheinander.
»Carley arbeitet an einer Titelgeschichte über Nick für
die Wall Street Weekly.«
Er schwieg und schaute mich nur fragend an. Ich
bereute, nicht gleich gegangen zu sein, als ich Wallingford
und die Anwälte angetroffen hatte. »Ich wollte Lynn aus
dem gleichen Grund wie Sie besuchen, Mr. Garner«, sagte
ich steif, »um ihr zu sagen, wie sehr es mir Leid tut, dass
jetzt wohl endgültig feststeht, dass Nick den Absturz nicht
überlebt hat.«
»Dann sind wir verschiedener Meinung, Miss DeCarlo«,
sagte Adrian Garner scharf. »Ich glaube überhaupt nicht,
dass das endgültig feststeht. Für jeden Einzelnen, der
diesen Stofffetzen als Beweis für seinen Tod betrachtet,
wird es zehn andere geben, die behaupten, Nick hätte ihn
absichtlich in der Nähe der Absturzstelle zurückgelassen
in der Hoffnung, dass man ihn finden würde. Die
Aktienbesitzer und Angestellten sind schon jetzt
aufgebracht und verbittert genug, und Sie werden mir
zustimmen, dass Lynn bereits über Gebühr zum Opfer des
Volkszorns geworden ist. Solange die Leiche von Nick
Spencer nicht gefunden wird, sollte sie nichts sagen, was
als Versuch interpretiert werden könnte, die Öffentlichkeit
von seinem Tod zu überzeugen. Meiner Meinung nach
wäre die würdigste und angemessenste Reaktion, einfach
zu sagen: ›Ich weiß nicht, was ich glauben soll.‹«
Er wandte
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