Und morgen in das kühle Grab
könnte, um
die Aufzeichnungen zu holen, und er später seine
Überraschung nur vorgetäuscht hat, als er sie nicht mehr
vorfand«, sagte Don langsam.
Ich starrte ihn an. »Warum sollte er das tun?«, fragte ich.
»Carley, Spencer ist – oder war – ein Hochstapler, mit
gerade genug Kenntnissen in Mikrobiologie, um das Geld
für den Anfang zusammenzukratzen, einen Typen wie
Wallingford – der es fertig gebracht hat, sein eigenes
Familienunternehmen den Bach hinuntergehen zu lassen –
zum Vorstandsvorsitzenden zu machen, ihn den restlichen
Vorstand mit irgendwelchen Leuten besetzen zu lassen,
die alleine nicht einmal den Weg durch eine Drehtür
finden würden, und der dann behauptet, er stünde kurz
davor, einen Stoff gegen Krebs gefunden zu haben. Acht
Jahre lang ist er damit durchgekommen. Er hat relativ
bescheiden gelebt, für einen Mann in seiner Stellung.
Weißt du, warum? Weil er genau wusste, dass es nicht auf
Dauer gut gehen würde, und er ein Vermögen für seinen
Rückzug beiseite geschafft hat, wenn das ganze
Kartenhaus zusammenstürzen sollte. Doch es sähe noch
besser für ihn aus, wenn er die Geschichte in die Welt
setzen könnte, dass ihm jemand wertvolle Daten gestohlen
hätte und er das Opfer irgendeiner Verschwörung
geworden sei. Wenn du mich fragst, hat er diese
Behauptung, wonach jemand ohne sein Wissen die
Aufzeichnungen abgeholt hätte, nur im Hinblick auf die
Medien gemacht, auf Leute wie uns, die über ihn
schreiben.«
»Und Broderick beinahe umzubringen, soll auch ein Teil
dieses Plans sein?«, fragte ich.
»Ich wette, das wird sich als Zufall herausstellen.
Sicherlich sind inzwischen sämtliche Autowerkstätten in
diesem Teil von Connecticut angewiesen worden, alle
Autos mit verdächtigen Spuren der Polizei zu melden. Sie
werden irgendeinen Typen finden, der die Nacht
durchgefeiert hat und auf dem Weg nach Hause war, oder
so ein halbes Kind, das den Fuß nicht vom Gaspedal
nehmen kann.«
»Allerdings müsste dann derjenige, der Dr. Broderick
überfahren hat, aus der Gegend sein«, sagte ich. »Aber
irgendwie glaube ich das nicht.« Ich stand auf. »Und jetzt
werde ich versuchen, mit Nick Spencers Sekretärin zu
sprechen, und danach werde ich das Hospiz besuchen, in
dem Spencer ehrenamtlich gearbeitet hat.«
Man teilte mir mit, dass Vivian Powers erneut einen Tag
frei genommen habe. Ich rief sie zu Hause an, aber als sie
meinen Namen hörte, sagte sie nur: »Ich möchte nicht
über Nicholas Spencer sprechen«, und legte auf. Es blieb
mir nur eines übrig – ich musste an ihrer Haustür klingeln.
Bevor ich das Büro verließ, sah ich meine elektronische
Post durch. Es gab mindestens hundert Zuschriften zu
meiner Kolumne, nichts Ungewöhnliches, aber dann
entdeckte ich noch zwei E-Mails, die mich erschaudern
ließen. Die erste lautete: »Bereite dich auf das Jüngste
Gericht vor.«
Es ist keine Drohung, sagte ich mir. Wahrscheinlich ist
es so ein religiöser Spinner, der das Ende der Welt
voraussagt. Ich ignorierte die Nachricht, vielleicht auch,
weil es mir bei der zweiten wirklich den Atem verschlug: »Wer war der Mann, der sich in Lynn Spencers Haus
befand, kurz bevor es angezündet wurde?«
Wer sollte jemanden beobachtet haben, der das Haus
verließ, bevor es in Flammen aufging? Müsste das nicht
der Brandstifter selbst gewesen sein? Und wenn ja, warum
sollte er ausgerechnet mir schreiben? Dann kam mir ein
Gedanke: Das Haushälterehepaar hatte an diesem Abend
nicht mit Lynn gerechnet, aber vielleicht hatte es gesehen,
wie jemand das Haus verließ? Aber warum sollten die
beiden Leute das bei der Befragung verschwiegen haben?
Ich konnte mir nur einen Grund vorstellen: Vielleicht
hielten sie sich illegal im Land auf und befürchteten,
ausgewiesen zu werden.
Jetzt waren es drei Stationen in Westchester County, die
ich anfahren musste.
Ich beschloss, zunächst zu Vivian und Joel Powers in
Briarcliff Manor zu fahren, einem Städtchen in der
Umgebung von Pleasantville. Mithilfe meines Stadtplans
fand ich ihr Haus, einen hübschen, zweigeschossigen
Natursteinbau, der schätzungsweise über hundert Jahre alt
war. Ein Maklerschild stand im Vorgarten. Das Haus war
zu verkaufen.
Ich drückte mir in Gedanken die Daumen, genau wie ich
es getan hatte, als ich unangemeldet bei Dr. Broderick
aufgetaucht war, klingelte und wartete. Es gab einen Spion
in der schweren, alten Tür, und ich hatte das Gefühl,
beobachtet zu
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