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Und morgen in das kühle Grab

Und morgen in das kühle Grab

Titel: Und morgen in das kühle Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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hinzu: »Ich habe mir die
Namen von Aktionären auf der Versammlung in der
letzten Woche notiert und werde auch mit ihnen
sprechen.« Das, worüber ich mich in Wirklichkeit mit den
Angestellten unterhalten wollte, war natürlich, ob wirklich
allgemein bekannt war, dass Nick Spencer und Vivian
Powers ein Verhältnis hatten.
    Wallingford gefiel meine Bitte ganz und gar nicht, aber
er gab nach, weil er immer noch versuchte, ein gutes Bild
vor der Presse abzugeben. »Ich denke nicht, dass das ein
Problem sein dürfte«, sagte er nach einer kurzen Pause in
eisigem Ton.
    »Schön, dann komme ich morgen Nachmittag gegen drei
Uhr«, sagte ich schnell. »Ich verspreche Ihnen, dass es
nicht lange dauern wird. Ich möchte mir für die Story nur
ein allgemeines Bild von der Stimmung machen.«
    Im Gegensatz zu Wallingford lehnte es Garner rundweg
ab, in seinem Haus interviewt zu werden. »Meine vier
Wände sind mir heilig, Carley«, sagte er. »Dort führe ich
grundsätzlich keine geschäftlichen Gespräche.«
    Ich hätte ihn liebend gern darauf hingewiesen, dass
selbst der Buckingham Palace von Touristen besichtigt
werden kann, aber ich hielt meinen Mund. Als wir unseren
Espresso getrunken hatten, war ich mehr als bereit zum
Aufbruch. Einem Journalisten sollten die persönlichen
Gefühle bei der Arbeit nicht zu sehr in die Quere kommen,
und je länger ich dort saß, desto mehr spürte ich die kalte
Wut in mir aufsteigen. Mir fiel auf, dass Lynn die
Tatsache geradezu zu begrüßen schien, dass ihr Mann vor
seinem Verschwinden eine ernsthafte Liebesaffäre gehabt
hatte. Sie erschien dadurch in einem günstigeren Licht,
sogar sympathisch, und das war alles, worauf es ihr
ankam.
    Wallingford und Garner bliesen in dasselbe Horn. Die
Welt muss wissen, dass wir Opfer sind – das war der
immer wiederkehrende Tenor von allem, was sie von sich
gaben. Ich bin wohl die Einzige hier am Tisch, die ein
Interesse daran hat, dass Nicholas Spencer gefunden wird,
damit vielleicht wenigstens ein Teil des Geldes wieder
auftaucht. Für die Aktienbesitzer wäre das eine großartige
Nachricht. Vielleicht würde ich einen Teil meiner
fünfundzwanzigtausend Dollar wiederbekommen. Oder
waren Wallingford und Garner davon überzeugt, dass
Nick das Geld so gut versteckt hatte, dass man nichts
davon wiederfinden würde, selbst wenn man ihn aufspürte
und er ausgeliefert würde?
    Nachdem er einen Besuch bei sich zu Hause abgelehnt
hatte, willigte Garner ein, sich mit mir in seinem Büro im
Chrysler Building zu treffen. Er sagte, er sei bereit, mir ein
kurzes Interview am Freitagmorgen um neun Uhr dreißig
zu geben.
    Da mir bewusst war, wie wenig Journalisten bisher diese
Gunst zuteil geworden war – Adrian Garner war dafür
bekannt, keine Interviews zu geben –, dankte ich ihm
höflich.
    Kurz bevor wir aufbrachen, sagte Lynn: »Carley, ich
habe angefangen, Nicks persönliche Sachen durchzusehen.
Ich bin auf die Medaille gestoßen, die er im Februar in
seiner Heimatstadt erhalten hat. Er hatte sie in eine
Schublade gelegt. Du bist doch nach Caspien gefahren, um
Hintergrundmaterial zu sammeln?«
    »Ja.« Ich hatte keine Lust zuzugeben, dass ich noch vor
weniger als vierundzwanzig Stunden dort gewesen war.
»Wie denken die Leute in Caspien über ihn?«
»So wie die Leute überall über ihn denken. Er hat gute
Überzeugungsarbeit geleistet. Das Caspien Hospital hat
eine Menge Geld in Gen-stone investiert, nachdem Nick
die Medaille bekommen hat. Wegen des Verlusts mussten
sie jetzt die Pläne für den Bau einer Kinderklinik
begraben.«
Wallingford schüttelte den Kopf. Garner blickte
grimmig, aber ich spürte auch, dass er allmählich
ungeduldig wurde. Das Essen war vorbei, und er wollte
endlich gehen.
Lynn schien von der Nachricht nicht sonderlich
beeindruckt, dass das Krankenhaus Geld verloren hatte,
welches dem Wohle kranker Kinder dienen sollte, und
fragte stattdessen: »Ich meine, was haben sie über Nick
gesagt, bevor der Skandal losging?«
»Nach dem Flugzeugunglück gab es glühende Lobreden
in der Lokalzeitung«, antwortete ich. »Anscheinend war
Nick ein herausragender Student gewesen, ein nettes Kind,
und außerdem sehr sportlich. Es wurde ein großes Foto
von ihm veröffentlicht, das ihn zeigte, als er ungefähr
sechzehn war, mit einem Pokal in der Hand. Er hatte
damals an Schwimmmeisterschaften teilgenommen.«
»Das könnte erklären, dass er in der Lage war, den
Absturz zu

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