Und Nachts die Angst
ihrer typischen kratzigen Stimme sagt: »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich jetzt gerne anfangen. Tilly, willst du mit mir allein sprechen?«
»Äh, nein. Ich möchte lieber meine Mum dabeihaben. Und Reeve und Dr. Lerner, wenn das geht, okay?«
»Natürlich«, gibt Burke zurück, und Duke gluckst vergnügt, denn der Tonfall der Staatsanwältin lässt keinen Zweifel daran, dass sie verärgert ist.
»Also gut«, fährt Burke fort. »Bevor wir anfangen, möchte ich Sie darauf hinweisen, dass alles, was gesagt wird, vertraulich ist, und wir tun, was immer wir können, um Tillys Privatsphäre zu schützen. Ich weiß, dass das Medieninteresse sehr unangenehm sein kann, aber es sollte bald abflauen. Bin ich übrigens richtig informiert, dass Sie einen Umzug in Erwägung ziehen?«
Duke setzt sich kerzengerade auf.
»Na ja, wir haben das Thema gerade erst angesprochen«, antwortet Mrs. Cavanaugh mit einem nervösen Lachen. »Wir haben Verwandtschaft in Fresno.«
»Die Idee ist bescheuert, wenn Sie mich fragen.« Eindeutig die Stimme von Tillys Bruder Matt.
»Aber Liebes, für Tilly wären die Dinge sehr viel einfacher«, sagt Mrs. Cavanaugh besänftigend. »Außerdem könnte es dir da doch gefallen.«
»Aber wieso müssen wir denn umziehen? Was dieser gestörte Perversling ihr angetan hat, ist doch schon schlimm genug. Warum muss die ganze Familie darunter leiden?«
»Mach dir keine Sorgen, Matt«, meldet sich Mr. Cavanaugh zu Wort. »Wir würden definitiv bis zum Ende des Schuljahres warten, bis du deinen Abschluss hast. Wir würden es frühestens im Sommer angehen.«
»Wird der Prozess dann schon vorbei sein?«, fragt Mrs. Cavanaugh.
»Schwer zu sagen«, gibt Burke zurück, »aber das kann ihn möglicherweise beschleunigen.«
»Vielleicht gibt’s ja gar keinen Prozess«, sagt der Sohn. »Vielleicht schafft er es ja beim nächsten Mal, sich umzubringen.«
»Matt, das reicht jetzt«, schneidet Mr. Cavanaugh ihm das Wort ab. »Wir werden einfach abwarten müssen, wie es weitergeht.« Er zögert. Dann: »Jackie, denken Sie, dass der Verteidiger einen Deal zur Strafminderung aushandeln will?«
»Das würde Tilly ersparen, alles noch einmal durchzumachen, oder?«, murmelte Mrs. Cavanaugh.
»Dann bräuchten wir auch gar nicht umzuziehen«, fügt der Sohn hinzu.
»Wir müssen zunächst davon ausgehen, dass es eine Verhandlung geben wird«, sagt Jackie Burke ruhig. »Mir ist selbstverständlich klar, dass Sie das Ihrer Tochter ersparen wollen, aber für uns hat Priorität, dass wir den Fall vor Gericht bringen, damit Randy Vanderholt für sein Verbrechen zur Verantwortung gezogen wird.«
»Und seine Strafe bekommt«, fügt Mr. Cavanaugh hinzu.
»Aber wir können doch nicht unser ganzes Leben nach diesem Prozess ausrichten«, sagt der Junge wütend.
»Ich arbeite ausschließlich an diesem Fall«, fährt Burke fort. »Ich gebe mein Bestes, um die Dinge voranzutreiben. Und mit etwas Glück wird Vanderholt schon Anfang nächster Woche angeklagt.«
»Okay«, sagt Mrs. Cavanaugh. »Aber ganz abgesehen von der gesetzlichen Seite ist Tilly immer noch diejenige, die sich mit Schule und Freunden auseinandersetzen und hier leben muss, wo jeder sie kennt und weiß, was ihr zugestoßen ist.« Sie seufzt. »Ein Tapetenwechsel könnte uns allen guttun.«
»Oh, selbstverständlich. Wie dumm von mir«, sagt der Sohn beißend. »Wie bin ich bloß auf die Idee gekommen, dass meine Meinung in dieser Familie irgendeine Bedeutung hat?«
Das Scharren eines Stuhls, unbehagliches Schweigen. Schließlich knallt eine Tür zu, und Duke sieht den Jungen auf einen verbeulten roten Pick-up zustapfen. Einen Augenblick darauf braust das Auto durch das Tor und über die Straße davon.
Die nächsten zwei Stunden lauscht Duke rauchend Tillys Bericht. Sie erzählt, wie Randy Vanderholt sie entführt, vergewaltigt und misshandelt hat. Sie bleibt dabei: Es war Vanderholt, und nur Vanderholt, der ihr das alles angetan hat.
Mehrere Male muss Duke lächeln. »Braves Mädchen«, murmelt er.
Duke sieht zu, wie Jackie Burke und der erste Deputy aus dem Haus kommen, ins Auto steigen und wegfahren. Er stellt die Thermoskanne weg, als auch Reeve mit dem Psycho-Typen und dem anderen Deputy herauskommt und auf den dunklen SUV zugeht. Er hat Hunger und überlegt, ob er ihnen nachfahren soll, kommt dann aber zu dem Schluss, dass er besser Tilly oberserviert. Von dem, was er mithören kann, scheint die Familie vorzuhaben, das Haus zu verlassen –
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