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Und Nachts die Angst

Und Nachts die Angst

Titel: Und Nachts die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Norton
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Fünfzehn?«
    Sie hockt sich neben ihn und blickt in den Teich. »Herrje, vielleicht zwei Dutzend? Ich kann die Besitzer fra…«
    Duke schmettert ihr den Stein mit solcher Wucht gegen die Schläfe, dass sie in den Teich plumpst und das herausschwappende Wasser seine Stiefel durchweicht. Ohne den Blick von ihr zu lassen, richtet er sich hastig auf. Sein Atem geht schwer.
    Sie treibt bäuchlings auf der Oberfläche, und ein kleiner roter Faden entweicht ihrem Kopf. Die Karpfen sind verschwunden.
    Er sieht auf die Uhr und blickt sich um. Die Hänge um das Haus wirken still und ruhig. Friedlich.
    Er wartet volle fünf Minuten und beobachtet die Gestalt ganz genau, um sicherzugehen, dass sie nicht mehr zuckt, dann legt er den Stein sorgfältig mit der blutigen Seite nach oben in sein schlammiges Bett zurück.

45. Kapitel
    Sonntag
    D ie vierzehnjährige Abby Hill lauscht angestrengt auf jeden Laut, der ihr verrät, was oben geschieht. Sie schließt die Augen, legt sich hin und macht sich ganz klein. Da ist ein neues Geräusch, etwas Metallisches, das irgendwie regelmäßig ertönt, aber nicht von einer Maschine zu stammen scheint. Es befindet sich nicht direkt über ihr.
    Sie öffnet die Augen und versucht zu ergründen, was da oben sein mag. Wenn sie davon ausgeht, dass die Wand mit dem Stromanschluss und dem Nachtlicht bis hinauf ins Erdgeschoss reicht, dann kommen die Geräusche aus dem angrenzenden Raum.
    Klonk, klonk, Pause. Klonk, klonk, Pause.
    Der Mann grunzt im Takt zu den Geräuschen, die ihr bekannt vorkommen, die sie aber nicht zuordnen kann. Sie folgen einer Art Rhythmus.
    Sie zählt die Wiederholungen – sieben, acht, neun, zehn, dann plötzlich ein lautes Getöse, das den Boden vibrieren lässt.
    Stemmt er Gewichte? Der Gedanke verursacht ihr Übelkeit. Sie will nicht, dass er stärker wird. Er soll schwächer werden, dahinsiechen, sterben, genau wie sie.
    Sie fährt sich mit der Hand über die bloßen Rippen und fragt sich, wie sie jemals hat dünn sein wollen. Sie legt sich auf den Rücken, misst mit den Daumen, wie weit ihre Hüftknochen hervorstechen, und schwört sich zum millionsten Mal, dass sie essen wird, was in sie reingeht, falls sie je wieder eine Chance dazu bekommt. Nie, nie wieder wird sie auf den dummen Gedanken kommen, eine Diät zu machen. Vor ihrem inneren Auge tauchen Bilder von Mahlzeiten mit der Familie auf, und sie sieht ihre Mutter, die ihr Lieblingsessen auftischt: Schokoladenkuchen, Rocky Road Eis, Honigschinken mit Stampfkartoffeln …
    Ihr Magen knurrt, und sie sperrt die Gedanken aus. Es hat keinen Sinn. Sie wird hier sterben. Entweder verhungert sie, oder der andere Mann, der, den sie Meister nennen muss, bringt sie um.
    Fast beiläufig fragt sie sich, ob man wohl jemals ihre Leiche finden wird oder ob sie in diesem Keller verrotten wird, bis nur noch weiße Knochen in der Finsternis liegen. Das kleine Nachtlicht wird längst den Geist aufgegeben haben. Wird sie hier wie in den Kinofilmen hundert Jahre lang unentdeckt liegen, bis das Haus zusammenbricht und ihre Überreste unter Schutt und vermoderten Balken begräbt?
    Oben setzt sich der Lärm fort: Klonk, klonk, Pause. Klonk, klonk, Pause. Und dann kracht es wieder. Lauter als zuvor. Ein wüster Fluch.
    Sie liegt ganz still und schlingt die Arme um den Oberkörper, ganz behutsam nur, um die Brandwunden nicht zu berühren, lauscht in die plötzliche Stille und wartet darauf, dass die Geräusche wieder einsetzen.
    Nichts.
    Sie wartet, aber da ist nichts als Stille.
    Vielleicht ist er tot. Vielleicht hat er einen Herzanfall gehabt.
    Sie hält den Atem an und spitzt die Ohren, horcht auf eine Bewegung, doch da ist nichts, nur der Puls, der in ihren Ohren klopft.
    Anfangs hat sie fest daran geglaubt, dass sie gerettet werden würde. Sie hat geglaubt, dass sie nur laut genug schreien müsste, bis jemand es hört, aber der Mann schlägt sie sofort, wenn sie schreit. Und der Meister macht schlimmere Sachen, und dann blutet sie wieder. Das Haus muss ohnehin ziemlich weit weg von der Straße oder anderen Häusern liegen, denn sie hört nie Autos oder irgendwelche Stimmen.
    Vielleicht ruht er sich aus. Vielleicht schläft er.
    Sie ist davon ausgegangen, dass es Tag ist, aber eigentlich hat sie keine Ahnung. Hier unten ist nie viel Licht.
    Sie stellt sich eine Uhr vor, deren Sekundenzeiger unaufhörlich tickt. Sie stellt sich einen Kalender vor und fragt sich, welchen Tag sie heute haben. Heute könnte Thanksgiving sein oder

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