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Und Nachts die Angst

Und Nachts die Angst

Titel: Und Nachts die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Norton
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wissen: Ich finde es großartig, dass Sie Tilly helfen. Wer könnte sie besser verstehen als Sie?«
    Sie mustern einander schweigend. Schließlich ergreift er wieder das Wort. »Hören Sie, lassen Sie mich versuchen, es ein wenig gutzumachen. Sie wollen der Presse aus dem Weg gehen und Ihre Privatsphäre schützen, stimmt’s?« Er kommt einen Schritt auf sie zu, nimmt seine dunkelblaue Kappe ab und hält sie ihr hin. »Ich denke, das brauchen Sie. Um die Haare zu verdecken.«
    Sie betrachtet die Kappe blinzelnd, erkennt das Friedensangebot und überlegt, ob sich ein Bündnis mit Otis Poe auszahlen könnte. Nach einem kurzen Moment tritt sie ebenfalls einen Schritt vor, nimmt die Kappe und hält sie in beiden Händen. »Ich soll Ihnen also vertrauen?«, fragt sie mit verengten Augen.
    Er legt zwei Finger aufs Herz. »Vertrauenswürdigkeit ist meine zweite Natur.«
    »Ich kann also aufrichtig mit Ihnen reden? Und Sie sind aufrichtig mit mir?«
    »Mein Zweitname ist Abraham. Ernsthaft. Honest Abe. Das bin ich.«
    Mit einem schiefen Grinsen gibt sie ihm die Kappe zurück. »Das Ding ist hässlich, Otis. Ohne sehen Sie weitaus besser aus, das können Sie mir glauben.«
    Verlegen nimmt er die Kappe, klappt sie zusammen und stopft sie in seine hintere Jeanstasche. »Tja, nun, da Sie und ich schon mal hier herumstehen … wollen Sie sich umsehen? Ich weiß, wie man reinkommt.«
    »Ehrlich?« Sie sieht stirnrunzelnd zum Haus. »Wie das denn?«
    »Ich habe Beziehungen.«
    Er tritt an die eigelbfarbene Tür, fährt mit den Fingerspitzen oben über den Türrahmen und nimmt einen Schlüssel herunter. »Voilà!«, sagt er und zeigt ihn ihr. Er nestelt einen Moment am Schloss herum, und die Tür schwingt auf. Reeve kann nicht widerstehen.
    Als sie durch die Küche eintreten, legt Poe einen Schalter um, zweimal, dreimal. »Mist«, murmelt er. »Kein Saft.« Selbst in der Dunkelheit wirkt das Haus schmierig und baufällig. »Für jemanden, der sein Geld als Hausmeister verdient hat, war Vanderholt nicht gerade ein guter Hausmann, was?«, bemerkt Poe.
    Sie folgt ihm von der Küche ins Wohnzimmer. Graues Licht dringt durch die schief hängenden Jalousien. Die Räume sind leer, aber Dellen im fleckigen Teppich zeigen an, wo die Möbel gestanden haben. Sie wandert umher, öffnet eine Schlafzimmertür, schaut ins Bad. Dafür ist sie nicht hergekommen, aber kann sie Otis Poe wirklich vertrauen?
    Er hat ihr den Rücken zugekehrt, und seine Schultern hängen herab. »Viel gibt’s hier eigentlich nicht zu sehen. Keine Ahnung, warum ich immer wieder herkomme.« In seiner leisen Stimme klingt ein Hauch Verzweiflung mit.
    »Wo ist der Keller?«
    Er dreht sich zu ihr um und zieht eine Braue hoch. »Ernsthaft?«
    »Ernsthaft.«
    »Er ist ziemlich unheimlich. Selbst mit Licht.«
    »Glauben Sie etwa, dass ich mit Dunkelheit nicht klarkomme? Wo ist er?«
    Er führt sie durch den Flur und durch eine Tür hinaus in die Garage. »Herrje, ist das finster«, murmelt er. »Passen Sie auf, wo Sie hintreten.«
    Sie schließt einen Moment die Augen, um sie an die Dunkelheit zu gewöhnen, und blickt sich dann um. Dünne Striche trüben Lichts dringen durch das Garagentor.
    »Wo ist die Tür?«
    »Eine Falltür. Hier drüben.« Poe geht in die Hocke und fummelt am Verriegelungsmechanismus. Grunzend hievt er die Tür hoch. Die Scharniere ächzen, als er die Klappe aufhebt und auf den Betonboden fallen lässt. Er steht auf und klopft sich die Hände ab. »Da unten, aber Sie können sowieso nichts sehen.«
    »Machen Sie mal Platz.«
    »Nee, lassen Sie’s. Ohne Strom? Es ist stockduster da unten.«
    Sie geht in die Hocke, stemmt die Hände an die Ränder der Öffnung und lässt sich vorsichtig auf die Treppe hinab.
    »Sind Sie irre?«
    »Bin gleich wieder da.«
    Die Holztreppe knarrt unter ihren Stiefeln. Als ihr Kopf auf gleicher Höhe mit seinen Füßen ist, hält sie inne. »Riechen Sie das?«
    »Was?«
    Ohne ihm zu antworten, steigt sie weiter hinunter. Als ihre Stiefel den Boden berühren, macht sie einen halben Schritt von der Treppe weg und blinzelt in die Dunkelheit. Nichts zu sehen. Sie wedelt mit der Hand vor ihrem Gesicht. Nichts.
    Der charakteristische Geruch von Chlorbleiche hängt in der eisigen Luft. Sie geht in die Hocke, streicht mit den Fingern über den Boden und erkennt die Beschaffenheit von gestrichenem Beton. Der Boden ist sehr sauber.
    Sie richtet sich wieder auf. Die Treppe im Rücken, bewegt Reeve sich mit ausgestreckten Armen

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