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Und nie sollst du vergessen sein

Und nie sollst du vergessen sein

Titel: Und nie sollst du vergessen sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Boehm
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sich auf den nur einlassen können?
    Emma schüttelte sich, so unsympathisch und in seinem ganzen Auftreten und Gehabe einfach nur unangenehm und schmierig fand sie den Engländer.
    Es scheint, als habe Charlotte mehr Geheimnisse gehabt, als ich ihr jemals zugetraut hätte.
    René sah Emma an. Ein bitteres Lächeln umspielte seine Lippen.
    â€žUnd alle wussten Bescheid in unserem schönen, romantischen, verträumten Nöggenschwiel. Nur: Niemand hat den Mut oder die Größe besessen, es mir zu sagen. Viel lieber log man mir ins Gesicht und brüstete sich mit mir als einem wohlerzogenen Sohn aus reichem Elternhaus, der in Zukunft hier sicherlich einiges finanziell auf Vordermann bringen und den Ort touristisch noch bekannter machen würde.“
    Emma war sprachlos. Ungläubig schaute sie abwechselnd von René hin zu dem Grab, von dem sie wenige Minuten zuvor gekommen waren, und wieder zurück. Eine sanfte, aber eisige Brise strich über die Gräber, verfing sich in den kargen Ästen und Zweigen der Bäume und spielte mit den Blumen und Gestecken, die die Gräber schmückten. Der Ort hatte etwas von einer Idylle, von einer Harmonie, die all die Sorgen, Ängste und Nöte zudeckte, um sich für einige Augenblicke von der unendlichen Einfachheit des Seins umfließen zu lassen.
    Und doch fror Emma. Die Kälte, die sie im Innern spürte, gesellte sich zu dem gerade Gehörten und beide verschmolzen zu einem Gefühl von Ohnmacht und Hilflosigkeit.
    â€žSchöne heile Welt, nicht wahr?“
    â€žIch, na ja, …“ Emma stotterte, ehe sie die richtigen Worte fand.
    â€žAber warum hast du damals nicht nach Charlotte gesucht, wenn du jedem versichert hast, dass sie nicht bei dir ist?“
    â€žWieso sollte ich? Ich hatte damals direkt nach unserem Streit mit ihr Schluss gemacht, bin zum Auto gegangen und davongerast. Für mich waren Charlotte und Nöggenschwiel seitdem gestorben. Abgesehen von meinem alljährlichen Besuch hier am Grab von Oma Maga Metzger.“ Er hatte sich noch einmal in Richtung Grab umgedreht und genoss die leichte Brise, die mit seinen Haaren spielte.
    â€žWie dem auch sei: Es scheint, als habe sich jemand bereits an Charlotte gerächt – und nicht nur an ihr.“
    René holte tief Luft. Und dennoch glaubte Emma, seine Gesichtszüge hätten sich unmerklich aufgelockert. Er schaute sie aus seinen dunklen Augen an. Emma hatte das Gefühl, als würde sie ein zartes Aufblitzen in ihnen erkennen. Eines, das anstatt Trauer Freude in sich barg. Und auch Renés Mundwinkel schienen sich – wenn auch nur unmerklich – zu einem Lächeln zu formen.
    â€žIch kam leider zu spät.“

vierundvierzig
    Er wusste nicht, was es war, aber er liebte Nöggenschwiel, diesen kleinen, verwunschenen Ort mit seinen liebenswürdigen Menschen, die allesamt ausgesprochene Rosenliebhaber waren und das auch jedem zeigten, der ihr abgelegenes Dorf besuchte. Schon das Rosenspalier an der ersten Straßenkreuzung war über und über mit Rosenranken bewachsen. Selbst jetzt, im trostlosen Todesmonat November, der mit seiner deprimierenden Stimmung, dem verhangenen Himmel und den dichten Nebelbänken keiner Pflanze den Hof zu machen schien, konnte man erahnen, welch eine Schönheit und Pracht im Frühjahr wieder zum Vorschein kommen würde.
    Das lag vor allem auch an der liebevollen Rosenpflege der Nöggenschwieler Einwohner. Denn die meisten hatten nicht nur unzählige Rosen im eigenen Garten stehen, die sie hegten und pflegten, nein, sie übernahmen sogar noch als Rosenpaten ein Beet, ein Spalier oder eine Hecke an einer der vielen öffentlichen und für jedermann zugänglichen Plätze, Gärten und Kreuzungen. Es war dieses Wir-Gefühl, das Richard Sutherfolk so bewunderte und schätzte und vor dem er eine so unausgesprochene Hochachtung hatte, dass er immer wieder gern ins Rosendorf zurückkam.
    Er lächelte, als er an die schwere hölzerne Haustür des Nägeleschen Anwesens trat und auf die aus Messing bestehende Klingel drückte. Es dauerte fast eine Minute, bis jemand angeschlappt kam und die Tür öffnete.
    â€žJa …? Ach du bist es.“ Gerald Nägele machte ein verdutztes Gesicht, als er Richard Sutherfolk musterte, der mit seinem dunkelbraunen Mantel, dem schwarzen Seidenschal und der perfekt gebügelten Falte seiner anthrazitgrauen Stoffhose so gar

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