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...und noch ein Küsschen!

...und noch ein Küsschen!

Titel: ...und noch ein Küsschen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roald Dahl
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gab also keinen Lärm. Er blieb eine Weile stehen und lauschte. Genau konnte er es nicht sagen, aber ihm war, als hätte das ferne Artilleriefeuer unten im Tal wieder eingesetzt – vorwiegend schwere Kaliber, Fünfundsiebziger und vielleicht noch ein paar Mörser im Hintergrund.
    Über den Flur jetzt, immer geradeaus, und dann durchdie offene Tür – der Weg war ihm vertraut und deshalb auch im Dunkeln leicht zu finden – bis zum Schlafzimmerteppich, der dick, weich und hellgrau war, obgleich er ihn weder fühlen noch sehen konnte.
    Mitten im Raum blieb er stehen und lauschte. Sie war wieder eingeschlafen und atmete ziemlich laut. Jedes Mal, wenn sie ausatmete, rieb sich die Luft mit einem ganz leichten Pfeifton an ihren Zähnen. Der Vorhang schlug sanft gegen das offene Fenster, der Wecker tickte neben dem Bett.
    Seine Augen hatten sich inzwischen so weit an die Dunkelheit gewöhnt, dass er undeutlich das Fußende des Bettes erkannte, die weißbezogene Decke und darunter die Umrisse ihrer Füße. Plötzlich, als hätte die Schlafende die Anwesenheit des Mannes gespürt, wurde sie unruhig. Er hörte, wie sie sich umdrehte und nochmals umdrehte. Das leichte Pfeifen verstummte. Ein Rascheln begleitete ihre Bewegungen, und einmal knarrten die Sprungfedern, laut wie ein Ruf in der Dunkelheit.
    «Bist du es, Robert?»
    Er rührte sich nicht, gab keinen Laut von sich.
    «Robert, bist du da?»
    Die Stimme klang fremd und recht unangenehm.
    «Robert!» Sie war jetzt hellwach. «Wo bist du?»
    Er musste diese Stimme schon einmal gehört haben. Sie hatte etwas Kreischendes, Misstönendes an sich, als würden zwei nicht harmonierende hohe Töne gleichzeitig mit aller Kraft angeschlagen. Außerdem konnte sie das R von Robert nicht aussprechen. Wer war es doch, der ihn immer Lobert genannt hatte?
    «Lobert», sagte sie wieder. «Was machst du?»
    War es die Schwester im Lazarett, die große mit dem blonden Haar? Nein, es lag weiter zurück. An eine so grässliche Stimme müsste man sich ja eigentlich erinnern.Nur einen Augenblick Geduld, er würde gleich auf den Namen kommen.
    Plötzlich knackte der Schalter der Nachttischlampe, das Licht flammte auf, und er sah die Frau in einem rosa Nachthemd halb aufgerichtet im Bett sitzen. Ihre Miene und die weitgeöffneten Augen drückten Überraschung aus. Kinn und Wangen glänzten fettig von Cold Cream.
    «Leg das Ding lieber hin», sagte sie, «sonst verletzt du dich noch.»
    «Wo ist Edna?» Er blickte sie gespannt an.
    Die Frau, auf einen Ellbogen gestützt, beobachtete ihn misstrauisch. Er stand am Fußende des Bettes, ein riesiger, breitschultriger Mann in einem Anzug aus schwerem dunkelbraunem Wollstoff. Unbeweglich stand er da, gestrafft, in fast militärischer Haltung.
    «Leg es sofort hin», befahl sie.
    «Wo ist Edna?»
    «Was ist los mit dir, Lobert?»
    «Gar nichts ist los mit mir. Ich frage nur, wo meine Frau ist.»
    Die Frau setzte sich langsam auf und schob die Beine zum Bettrand hin. «Nun», sagte sie schließlich, und in ihren harten blauweißen Augen lag ein Ausdruck kalter List, «wenn du’s wissen willst, Edna ist fort. Sie hat das Haus verlassen, während du unterwegs warst.»
    «Wohin ist sie gegangen?»
    «Das hat sie nicht gesagt.»
    «Und wer bist du?»
    «Ich bin eine Freundin von ihr.»
    «Du brauchst mich nicht anzuschreien», bemerkte er. «Warum bist du so aufgeregt?»
    «Ich möchte dir nur klarmachen, dass ich nicht Edna bin.»
    Der Mann überlegte eine Weile, dann fragte er: «Woher weißt du meinen Namen?»
    «Edna hat ihn mir gesagt.»
    Wieder schwieg er nachdenklich. Er war noch immer leicht verwirrt, aber viel ruhiger jetzt. Auch der Blick, mit dem er sie musterte, war ruhig, vielleicht sogar ein wenig belustigt.
    «Ich glaube, Edna gefällt mir besser als du.»
    In der Stille, die nun folgte, bewegte sich keiner der beiden. Die Frau saß sehr gerade, sehr angespannt da, die Arme leicht angewinkelt, die Hände auf die Matratze gepresst.
    «Ich liebe Edna, weißt du. Hat sie dir je gesagt, dass ich sie liebe?»
    Die Frau antwortete nicht.
    «Ich glaube, sie ist ein Biest. Aber das Seltsamste ist, dass ich sie trotzdem liebe.»
    Die Frau sah nicht auf das Gesicht des Mannes; sie beobachtete seine rechte Hand.
    «Ein schrecklich grausames kleines Biest ist Edna.»
    Und nun ein langes Schweigen. Der Mann, hoch aufgerichtet, stand regungslos vor dem Bett, in dem die Frau regungslos saß. Es war so still im Zimmer, dass sie durch das offene Fenster das

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