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Und oben sitzt ein Rabe

Und oben sitzt ein Rabe

Titel: Und oben sitzt ein Rabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Matzbach bemühte sich, so oft es ging, wenigstens einen Wagen zwischen dem Taxi und seinem Auto zu lassen. Das wurde schwieriger und schließlich unmöglich, da die Gegend immer einsamer und höher und der Verkehr immer karger wurde.
    Nach etwa dreißig Kilometern Fahrt bremste Matzbach jäh ab. Das Taxi hatte angehalten und stand kurz vor der Einmündung der bisher gefolgten Straße in eine andere, dem Anschein nach etwas größere.
    »Was machen die denn, zum Teufel?« Hoff kniff die Augen zusammen und starrte nach vorn.
    Matzbach grinste. »Armer Junge«, sagte er, »wie allen Atheisten bleibt auch dir nur noch der Teufel, wenn du glauben oder fluchen willst, eh?«
    Hoff krümmte die Finger, wie um einen dicken Hals auf Standhaftigkeit und Durchmesser zu untersuchen.
    Matzbach musterte die Landschaft, fand aber nichts ausreichend Spannendes in ihr und widmete sich der Landkarte. »Wahrscheinlich erklärt Fricke jetzt dem Fahrer, wo er genau hinwill.«
    Hoff grunzte. »Wenn wir es doch auch schon wüßten. Sind wir bald am Kyffhäuser?«
    »Dummerchen«, sagte Baltasar, »der liegt weiter im Norden. Wir sind aber bald bei unseren sozialistischen Brüdern und Schwestern.«
    »Freunden!« sagte Hoff.
    Matzbach schüttelte den Kopf. »Nein. Freunde kann man sich aussuchen, Verwandtschaft muß man hinnehmen.«
    Hoff grinste plötzlich. »Das Aussuchen nützt einem aber auch nicht immer; wenn ich dich so betrachte ...«
    Baltasar schlug vor: »Nimm einfach an, wir hätten diesseits von Adam weitere gemeinsame Vorfahren, dann kannst du's vielleicht besser aushalten.«
    Plötzlich setzte das Taxi sich wieder in Bewegung. Niemand war ausgestiegen. Matzbach rollte ebenfalls wieder an.
    »Aha«, sagte er, »also rechtsrum.«
    Hoff musterte die Karte. »Blödsinn. Die B 278 nach Süden – links liegt ein wichtiger Ort, eine Metropole gewissermaßen, namens Hilders. Wenn sie nicht dahin wollen, wohin dann? Um nach Gersfeld oder Würzburg zu fahren, ist die bisherige Strecke ein Riesenumweg.«
    Matzbach flötete leise. »Nicht nur an deiner Grammatik, sondern auch an deiner Leseweise der Karte habe ich einiges auszusetzen. Stell dir vor, sie biegen gleich wieder links ab?«
    Hoff fand die dünn eingezeichnete Nebenstraße auf der reichlich großformatigen Karte. Ein die Ortschaft Frankenheim einschließender sozialistischer Schnabel hackte hier ein Stück aus der Bundesrepublik.
    »Früher«, sagte Matzbach, »muß es eine direkte Verbindung von Hilders nach Fladungen gegeben haben, bis die Asiaten sich dazwischengeklemmt haben. Da, siehste!«
    Das Taxi verschwand nach links, passenderweise genau nach Osten, wie Matzbach leise vor sich hin murmelnd feststellte.
    »Merkwürdige Örter«, sagte Hoff, »gibt es hier. Batten, Seiferts. Namen sind das.«
    »Hier hat man vorgestern die Zukunft vergraben und inzwischen den genauen Platz vergessen, wo sie liegt.«
    Hoff zog den Inhalt seiner Nase hoch. »Deine Reden erleichtern einem den Abschied von dir. Ich will raus!«
    Matzbach gab Gas, um das Taxi nicht aus den Augen zu verlieren. Nach einer weiteren Weile bogen die Verfolgten wieder in eine andere winzige Landstraße. Plötzlich, mitten in der Landschaft, hielt das Taxi an. Baltasar steuerte seinen schwarzen Haifisch in eine von der Forstverwaltung zu just diesem Behuf vorgesehene Lücke der restlichen Bewaldung; das gelang ihm eben noch, bevor der Baumbewuchs aufhörte. Nach etwa einer Minute, vermutlich des Handelns und Zahlens, stieg Fricke aus, öffnete die hintere Tür, nahm seinen Rucksack, winkte dem Fahrer und schritt kräftig aus.
    »Allgemeine Richtung Süd-Südost«, stellte Matzbach fest.
    Sie warteten, bis das Taxi gewendet und sie wieder passiert hatte; dann fuhren sie vorsichtig weiter. Als sie die Stelle erreichten, an der Fricke ausgestiegen war, hielten sie wieder an. Matzbach stieg aus, kletterte auf das Trittbrett und starrte in die Ferne.
    »Weg«, sagte er, als er sich ächzend wieder in den Sitz fallen ließ. »Keine Spur von ihm.«
    Hoff lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Herrlicher Tag heute. Kaum Sonne, dafür aber jede Menge hervorragender Wanderwege, oder?«
    Matzbach knurrte und studierte die Karte. »Ich wollte, ich hätte ein Meßtischblatt von dieser Gegend. Und einen Kompaß.«
    »Willst du wandern? Du könntest glatt abnehmen dabei.«
    Matzbach schwieg und fummelte mit dem Finger auf der Karte herum. Schließlich meinte er: »Na, ungefähr dreieinhalb bis vier

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