Und plötzlich gehörst du ihm...
nickte, weinte aber weiter.
Kelly blieb bei mir, bis ich
mich etwas beruhigt hatte, und ging dann nach Hause. Sie versprach mir, morgen
wiederzukommen und mir ein paar Butterbrote mitzubringen.
In der Hoffnung, dass mein
Magen danach Ruhe geben würde, trank ich noch ein Bier. Wie viele Flaschen Bier
es schließlich wurden, weiß ich nicht mehr. Auf jeden Fall döste ich wieder auf
dem Sofa weg.
Ich schreckte hoch und schaute
mich um. Aus kleinen Augen sah ich Mike mit einem Karton unter dem Arm
hereinkommen. Auch Mike war nicht mehr ganz nüchtern, es war seinem Gang
anzumerken.
»Muss ja richtig schön gewesen
sein im Jugendzentrum!«, hörte ich mich wütend sagen.
»Mecker hier nicht rum,
Kleine!«, schnauzte er zurück.
Ich stand auf und wankte auf
ihn zu. Ich riss ihm den Karton aus den Händen und schaute nach, ob er etwas zu
essen mitgebracht hatte. Schockiert starrte ich in den Karton. Außer ein paar
Bierflaschen und einem Päckchen Kaffee enthielt er nichts.
Die Tränen begannen wieder zu
strömen, und ich merkte, dass ich mich nicht mehr zurückhalten konnte. »Du
wolltest einkaufen gehen!«, schrie ich. »Hier ist kein Essen, keine Seife, mit
der ich mich waschen kann, das Toilettenpapier ist alle, und Waschmittel gibt
es auch nicht! Seit ich hier bin, esse ich nichts als altes Brot, das für den
Hund bestimmt ist. Und womit kommst du nach Hause? Mit Bier! Um dich abends
sinnlos zu besaufen! Und mit Kaffee, um morgens den Kater loszuwerden!«
Ich war so erschüttert, dass
ich den Karton etwas zu heftig auf den Boden stellte. Die Flaschen knallten
gegeneinander und zerbrachen. Entgeistert blickte ich auf die Bescherung.
Mike kam mit großen Schritten
auf mich zu. Mit beiden Händen packte er mich an den Haaren. Die Kopfhaut
begann zu brennen, und einen kurzen Moment lang dachte ich, diese unwirkliche
Situation sei nur die Folge meines Alkoholrausches.
Mike riss an meinen Haaren. Ich
versuchte, das Gleichgewicht zu halten, um nicht zu fallen. Das kostete mich
große Mühe, und ich stieß überall an. Mike zog noch heftiger an meinen Haaren
und begann mich nach draußen zu zerren. Ich wollte mich einfach nur befreien,
und so riss ich mit aufeinandergebissenen Zähnen und Tränen in den Augen, so
gut ich konnte, meinen Kopf zurück. Doch sooft ich es auch probierte, es gelang
mir nicht. Mike war zu stark für mich. Mit den Händen versuchte ich das Zerren
an den Haaren etwas abzumildern. Mike schleuderte mich nach draußen in den
Garten. Mein Gesicht scheuerte über die Kieselsteine vor dem Fenster.
Der Länge nach lag ich auf dem
Boden und betastete vorsichtig mein Gesicht. Es tat entsetzlich weh.
Wahrscheinlich hatte ich den Fall mit dem Gesicht aufgefangen. Als ich meine
Hand anschaute, erschrak ich. Die Hand war voller Blut! Erstaunt schaute ich mich
nach Mike um. Er stand in der Öffnung der Schiebetür und hatte eine Flasche
Bier am Mund. Mit einem Blick, den ich noch nie an ihm gesehen hatte, blickte
er auf mich herab.
Ich begann zu weinen, und mein
ganzer Körper zitterte. Ich konnte nicht mehr aufhören. Leise flüsterte ich:
»Macht es das leichter?«
Mikes mir unbekannter Blick
veränderte sich. Ich hoffte, er würde einsehen, was er gerade getan hatte. Doch
das Gegenteil war der Fall. Er nahm die Bierflasche vom Mund und schleuderte
sie mit voller Wucht auf mich. Ich konnte nicht ausweichen. Mir wurde schwarz
vor Augen.
A m nächsten Morgen betrachtete
ich mein Spiegelbild mit gemischten Gefühlen. Mit einem kalten Waschlappen
tupfte ich die blaue, blutige Schürfwunde an meiner Schläfe ab. Jedes Mal, wenn
der Lappen die Stelle berührte, zuckte ich vor Schmerz zusammen. Die Wunde
musste gereinigt werden, also musste ich wohl oder übel die Zähne
zusammenbeißen.
Ich war total sauer auf Mike,
und ich hatte furchtbare Angst vor ihm. Ich verstand nicht, wie er mir das
hatte antun können. Liebte er mich denn nicht? Er wollte doch für mich sorgen!
Er hatte gesagt, bei ihm würde ich es besser haben als im Internat!
Vielleicht war gestern der
Alkohol schuld gewesen, versuchte ich mich zu beruhigen. Morgens war Mike immer
so lieb und fürsorglich. Dann schwebte ich auf Wolke sieben, so ein wahnsinnig
gutes Gefühl vermittelte er mir dann. Doch je länger der Tag andauerte, desto
stärker bekam ich zu spüren, wie bei ihm die innere Anspannung unter dem
Einfluss der vielen flüssigen Butterbrote zunahm. Ich hoffte, ihn bald davon
überzeugen zu können, dass richtiges
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