...und plötzlich war alles ganz anders... (Kriminalromane) (German Edition)
sie alle geschwiegen. Anfangs aus Angst vor Strafe und dann, weil die Tat langsam in Vergessenheit geriet.
Und es hatte den Anschein, dass die Rechnung aufging. Schon nach drei vier Monaten krähte kein Hahn mehr nach Maria Wagedorn. Außer natürlich ihre Mutter, die aber bald nach dem Tod ihrer Tochter in einem Alkoholrausch vor ein fahrendes Auto rannte. Man sagte damals, sie hätte Selbstmord begangen, aber Gabler hatte da so seine Zweifel. Er fand, dass das eher unwahrscheinlich war. Die stadtbekannte Säuferin hatte sich nie sonderlich um ihre Tochter gekümmert, sie war auch vor ihrem Tod fast ständig im Delirium gewesen. Es war eher zu vermuten, dass sie den Tod ihrer Tochter überhaupt nicht mitbekommen hatte. Gabler wusste, es war reiner Zufall, dass sie nicht schon früher vor dem Tod ihrer Tochter auf irgendeine andere Weise umgekommen war.
Einen Vater hatte Maria nicht. Das heißt, sie hatte natürlich schon einen. Der hatte aber die Vaterschaft für die Tochter dieser Schnapsdrossel, wie er sagte, gar nicht erst anerkannt. War ja alles auch schon einige Jahre her. Die vier verbliebenen Freunde hatten sich seit damals nicht mehr wiedergesehen, sind sich bewusst aus dem Wege gegangen. Mario Micoliç ging kurz nachdem er seinen Job in der nahegelegenen Kreisstadt angetreten hatte nach Hamburg und eröffnete dort eine Kanzlei. Er war der intelligenteste von allen Fünfen, aber auch der skrupelloseste. Wenn er damals die Sache nicht in die Hand genommen hätte, dann säße er jetzt nicht hier als Kriminaloberkommissar im Kommissariat München II, sondern würde sein Leben vermutlich als Gelegenheitsarbeiter fristen müssen.
Als er damals mit Ach und Krach, und nur mit der Hilfe seines Freundes Mario durchs Abitur gerutscht war, da hatte er beschlossen es erst gar nicht an der Universität zu versuchen, auch wenn er überall im Dorf großspurig herumerzählt hatte, er würde ein Studium der Volkswirtschaft beginnen. Also ging er gleich nach dem Abitur zur Polizei. Nach einer kurzen Zeit im Streifendienst bewarb er sich bei der Kriminalpolizei und wurde auch genommen.
***
Peter Pavliç hatte die Staatsexamen zum Gymnasiallehrer geschafft und unterrichtete jetzt in einer Kleinstadt in der Nähe von Augsburg. Seine Mutter wohnte noch in Reinberg. Voller Stolz hatte sie Gabler oft von ihrem Sohn berichtet, wenn er in seinen wenigen freien Tagen seine eigene Mutter besuchte. Ständig machte Peter Urlaub, ständig befand er sich auf sogenannten Bildungsreisen. Er war Lehrer, verfügte über unendlich viel Zeit. Wenn alles raus kam, dann würde er über mehr Zeit verfügen als ihm lieb sein konnte, denn auch wenn er wegen der Vergewaltigung nicht mehr verurteilt werden konnte, so würde er ganz sicher seinen Job verlieren. Er, der Oberlehrer, er musste sich natürlich auch an dieser schändlichen Tat beteiligen und heute unterrichtete er kleine Kinder.
***
Gabler grinste: „Wenn die wüsste, was für ein Früchtchen ihr Sohn war.“ Dabei dachte er an Pavliçs Mutter und ihre ständigen Lobeshymnen auf ihren Sohn. Er musste mit ihm reden, wenn er aus der Sache heil rauskommen wollte. Nur ob Peter so einfach still halten würde, wenn er sah, dass seine Karriere gefährdet war, das war fraglich. Er bereitete Gabler die größte Sorge: „Vielleicht, wenn ich ihm verspreche nicht zu sagen, dass er Maria auch gefickt hat?“, überlegte Gabler. Aber da waren die Spermaspuren und eine davon würde sich sicherlich mit Peter in Verbindung bringen lassen. Geld, ja..., er würde ihm Geld anbieten. Und wenn er sein gerade erst erstandenes Haus wieder verkaufen musste. Es musste ihm einfach gelingen, Peter Pavliç zum Stillschweigen zu bewegen, koste es was es wolle. Wenn er nur wüsste, wie er den Verkauf des Hauses seiner Frau beibringen konnte, aber um dieses Problem würde er sich kümmern, wenn es soweit war.
Und Franco? Er war sicher am leichtesten zu überreden! Nicht lange nach dem Abitur und dieser verhängnisvollen Tat hatte Franco Manzo die Feingussfabrik seines Vaters übernommen. Er wollte nicht studieren: „Ist ja doch alles für die Katz“, hatte er gesagt, „ich werde sowieso die Fabrik meines Vaters übernehmen müssen!“ Und das hat er bald nach der Tat dann ja auch gemacht.
Gabler sah dem Zusammentreffen mit Franco mit Entsetzen entgegen. Es musste ihm einfach gelingen mit seinem ehemaligen Freund einige Worte zu reden, bevor er zum Verhör erschien. Schließlich hatte er doch auch was
Weitere Kostenlose Bücher