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...und plötzlich war alles ganz anders... (Kriminalromane) (German Edition)

...und plötzlich war alles ganz anders... (Kriminalromane) (German Edition)

Titel: ...und plötzlich war alles ganz anders... (Kriminalromane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf Borkner-Delcarlo
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leicht ausgebeulten Hose, die schon bessere Tage gesehen hatte. Angefangen von seiner Bekleidung bis zu seiner Gesichtsfarbe, war alles an ihm grau. Grau und unscheinbar. Die Mundwinkel hinuntergezogen, die Augen zu schmalen Schlitzen zusammengekniffen, stand er da wie das Rumpelstilzchen aus dem gleichnamigen Märchen. Man sah, dass er fror. Amüsiert betrachtete die Kommissarin den Mann.
    „Mein Name ist Micoliç, Horst Micoliç. Ich bin der Vater von Mario Micoli ç “, sagte er keuchend.
    Interessiert beugte sich die Kommissarin etwas hinunter. Der Mann war nervös und rieb sich die Hände.
    „Sie haben mir etwas zu sagen?“, fragte die Kommissarin.
    Der Mann nickte.
    „Kommen Sie“, sagte sie, „gehen wir in die Wirtschaft, da ist es etwas wärmer!“
    „Nein, nein“, winkte der Mann ab: „Das erfährt meine Frau innerhalb der nächsten zwei Minuten und dann habe ich für wenigstens eine Woche keine gute Zeit.“
    Ein Grinsen huschte über das Gesicht der Kommissarin. Ein solcher Pantoffelheld war ihr bislang noch nie untergekommen. Anscheinend war der Mann diese Reaktion bereits gewohnt, denn sie beeindruckte ihn nicht weiter. Er hatte seine Rolle akzeptiert und lehnte sich schon lange nicht mehr dagegen auf.
    Frau Sänger sah auf ihre Armbanduhr: „Aber das Gasthaus öffnet doch erst in einer Stunde“, sagte sie, „da sieht uns doch keiner!“
    „Das ist egal“, seufzte er, „sie würde es erfahren..., glauben Sie mir!, sie erfährt alles, was im Dorf geschieht.“
    „Wir können uns doch nicht in einen Hauseingang drücken, wie sieht denn das aus?“, sagte Frau Sänger: „Außerdem frieren Sie!“
    Der Mann nickte und schlug die Arme um seinen Körper. Er war es gewohnt, das jemand anders Pläne für ihn machte und sah die Beamtin erwartungsvoll an: „Sie haben mir also etwas zu sagen im Fall Wagedorn?“, fragte Frau Sänger.
    Wieder nickte der Mann.
    „Ok..., dann machen wir das so! Sie warten hier und ich hole Sie mit meinen Wagen ab. Dann fahren wir gemeinsam etwas außerhalb des Dorfes und da können Sie mir erzählen was Sie auf dem Herzen haben. Einverstanden?“
    Ein stummes Nicken signalisierte sein Einverständnis.
    ***
    Auf der Fahrt sagten beide kein Wort. Nur der kleine Herr Micoliç deutete stumm mit dem Zeigefinger. Geradeaus, die alte Dorfstraße entlang. Er dirigierte die Kommissarin zuerst zum Dorf hinaus und dann entlang der neuen Umgehungsstraße in Richtung Kreisstadt.
    Zuerst war sie irritiert, doch dann überkam sie eine Ahnung wo er hingefahren werden wollte und ihr stockte der Atem.
    „Da...“, sagte er, „den nächsten Feldweg, da müssen wir rechts weg.“
    Die Kommissarin drosselte die Geschwindigkeit und bog in den angegebenen Weg ein.
    „Noch ein paar hundert Meter“, sagte der Mann, „dann müssen Sie anhalten.“
    Ein vorsichtiger Seitenblick auf den Beifahrersitz! Der kleine Mann weinte.
    Der Weg endete vor einer großen Wiese. Durch den Vorhang des Nieselregens sah man weit im Hintergrund einen Streifen Wald. Sie hielt den Wagen an und stellte den Motor ab. Eine Weile saßen beide still und sahen dem fallenden Regen zu. Dann sagte die Kommissarin leise: „Hier war es also!“
    Der Mann nickte. Die Tränen rannen ihm über die runzligen Wangen.
    „Und Sie wussten die ganze Zeit, dass ihr Sohn einer der Täter war!“
    Wieder nickte er und starrte stumm auf die verregnete Wiese.
    „Der Wald“, sagte er, „sie haben ihn abgeholzt, als sie vor fünfzehn Jahren die Straße bauten, aber hier war die Lichtung. Genau hier“, er deutete durch die Frontscheibe: „Hier, zwei Meter vor Ihrem Wagen, da haben sie sie gefunden!“
    Die Kommissarin fragte nicht, warum er damals nicht zur Polizei gegangen ist.
    Der Mann barg das Gesicht in den Händen und schluchzte: „Er war doch mein Sohn“, weinte er, „mein einziger Sohn!“
    Er hob das Gesicht und sah die Kommissarin an: „Das hätte er nicht tun dürfen, das hätte er niemals tun dürfen.“
    „Sie wussten, dass er dabei war?“
    „Ja..., ich wusste es.“
    „Und seit wann wussten Sie es?“
    „Von Anfang an. Ich habe es ihm auf den Kopf zugesagt und er hat gelacht: „Was willst du jetzt machen du kleiner Wicht“, hatte er gesagt: „Willst du mich jetzt anzeigen?“ Der Mann weinte still: „Kleiner Wicht hat er zu mir gesagt, kleiner Wicht..., zu mir..., seinem Vater.“
    Frau Sänger saß wie gebannt und konnte es nicht fassen. Das ganze Dorf wusste wer die Täter waren und alle hatten sie

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