Und Rache sollst du nehmen - Thriller
legte ich dem Finger noch eine kleine, hilfreiche Handreichung bei: einen Zettel mit fünf Namen.
DS Rachel Narey.
Jonathan Carr.
Billy Hutchison.
Thomas Tierney.
Wallace Ogilvie.
Ein Finger und fünf Namen. Das war’s. Ich wollte ihm ja nicht die ganze Arbeit abnehmen. Vier ungelöste Mordfälle. Eine Polizistin. Ein abgetrennter Finger. Eine Riesenstory. Komm, streng dich ein bisschen an, Imrie. Na los. Ich glaub an dich.
Ruf Rachel an. Ruf die Cops an, die dein Schmiergeld einstecken, die Cops, die sich gern mal auf einen Drink einladen lassen, die Cops, die vertrauliche Informationen verscherbeln. Beweg deinen faulen Arsch und mach dich ans Werk.
Imrie enttäuschte mich nicht. Die Titelseite des nächsten Record kreischte: »Jock the Ripper«. Darüber brüllten dicke Lettern: »Serienmörder macht Glasgow unsicher: Vier Tote«. Und darunter, über die halbe Seite, in schönster, grausigster Farbe: ein Foto von Wallace Ogilvies abgetrenntem kleinen Finger.
Die Cops waren ohne Zweifel stinksauer. Aber ich freute mich.
Innen prangten Abbildungen von Carr, Hutchison, Tierney und Ogilvie. Anonyme Quellen bei der Polizei wurden zitiert, neben einem knappen Kommentar von Rachel Narey. Die Sache stank geradezu nach Sensationsgier.
Es war perfekt.
20
SERIENMÖRDER MACHT GLASGOW UNSICHER: VIER TOTE
JOCK THE RIPPER
Eine EXKLUSIVSTORY von Keith Imrie
Freitag, 16. Oktober 2009
Vier außergewöhnlich grausame Morde, die der Strathclyde Police bis heute Rätsel aufgeben, wurden von ein und derselben Person begangen – von einem wahnsinnigen Psychopathen, dessen Markenzeichen in der Verstümmelung seiner Opfer besteht. Der Daily Record hat bahnbrechende Beweise aufgetan, die eine Verbindung zwischen den vier Verbrechen belegen und erschreckend deutlich machen, dass Glasgow von einem Serienmörder heimgesucht wird. Schottlands Tageszeitung Nummer eins hat der Polizei unschätzbar wichtige Beweisstücke ausgehändigt, die zur Festnahme des barbarischen Killers führen könnten. Die Morde an Anwalt Jonathan Carr, Buchmacher Billy Hutchison, dem Drogendealer Thomas Tierney und dem Geschäftsmann Wallace Ogilvie haben die größte Fahndungsaktion seit den sechziger Jahren ausgelöst, als Bible John die Stadt terrorisierte.
Fortsetzung auf den Seiten 2 und 3
DEN COPS DEN FINGER GEZEIGT
Der Psychopath, der vier brutale und scheinbar zusammenhanglose Morde in Glasgow verübt hat, verhöhnt die Polizei in besonders perfider Manier: Er schickt ihr abgetrennte Körperteile seiner Opfer. Der Daily Record kann exklusiv enthüllen, dass Jock the Ripper seiner Beute bei jeder Schreckenstat den kleinen Finger der rechten Hand abschneidet und per Post an die Strathclyde Police liefern lässt. Es heißt, die Detectives seien äußerst aufgebracht über diese Verspottung durch den kranken Killer. Ihre Entschlossenheit, den Schuldigen zu fassen, habe sich dadurch noch gesteigert – doch bislang sollen sie über keinerlei verwertbare Spuren verfügen. Der jüngste abgetrennte Finger gelangte in den Besitz des Autors dieses Artikels. Das Beweisstück wurde mittlerweile der Strathclyde Police ausgehändigt, die zu dieser Stunde DNA-Tests durchführt, um die Identität des Opfers zu ermitteln. Es scheint jedoch kaum einen Zweifel zu geben, dass es sich um den Finger des Geschäftsmannes Wallace Ogilvie handelt, des vierten und bisher letzten Opfers des Rippers.
Wie aus Polizeikreisen verlautete, nimmt man derzeit an, dass kein Zusammenhang zwischen den vier Opfern bestehe. Obwohl man sämtliche Möglichkeiten in Betracht ziehe, gehe man momentan davon aus, dass der Killer wahllos tötet.
Laut einschlägigen Quellen, die mit der Arbeit der Sonderkommission vertraut sind, hatten die Detectives gegenüber Öffentlichkeit und Presse bewusst verschwiegen, dass alle vier Personen vom selben Täter umgebracht wurden. Als Erklärung nannte man »verfahrenstechnische Gründe«; man habe eine Panik verhindern wollen. Nach der Enthüllung gestern Abend sah sich die Behörde jedoch heftiger Kritik durch Bürgervereinigungen und Lokalpolitiker ausgesetzt – ihr wird vorgeworfen, Informationen zurückgehalten zu haben, die zur Rettung von Menschenleben
hätten beitragen können. Stadtrat Bill Houston meinte, die Strathclyde Police habe ihre Pflichten gegenüber der Allgemeinheit sträflich vernachlässigt.
»Ein Serienmörder geht unter uns um«, sagte Houston. »Die Bürger von Glasgow haben ein Recht darauf, davon zu erfahren. Die
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