Und Rache sollst du nehmen - Thriller
Blondine abzulesen. Ripper. Die Wörter davor hatte ich gar nicht wahrgenommen, aber dieses schon. Von da an war ich ganz Ohr.
»… Ripper, oder?«
»Nee, der sah aus, als könnte er nicht mal ’ne Tüte Chips aufreißen. Aber der komische Typ da in dem gelben Hemd, der wär definitiv ein Kandidat.«
»Hast Recht. Was für ein Freak. Und dieser irre Blick, wie der einen immer angestarrt hat!«
»Könnte allerdings auch an deinen Titten gelegen haben. «
»Okay, da hatten noch andere Schwierigkeiten, mir beim Reden ins Gesicht zu schauen. Aber ein Psycho kann er trotzdem sein.«
»Waren lauter Psychos da heut Abend.«
»Wie immer halt.«
»Schon klar, aber früher hatten wir hier auch keinen kranken Serienmörder – nur die üblichen Perversen.«
»Aber ist schon krass, Mel.«
»Ich weiß. Hätte nicht gedacht, dass so was mal bei uns passiert. Wir sind doch hier nicht in New York.«
»Ist aber trotzdem passiert. Und schon viermal.«
»Wahnsinn.«
»Ich weiß. Mein Vater kriegt jedes Mal ’nen Herzkasper,
wenn ich ausgehe. Wenn’s nach ihm ginge, würde ich zu Hause hocken, bis sie den Irren geschnappt haben. «
»Okay, wir halten erst bei dir, dann musst du nicht allein weiter.«
»Ach was, schon in Ordnung. Du steigst zuerst aus. Ich schreib meinem Dad ’ne SMS, dann kann er draußen auf mich warten.«
»Nein, dann mach ich mir bloß Sorgen. Wir setzen dich zuerst ab, dann bin ich beruhigt.«
»Aber dann mach ich mir Sorgen.«
Am Ende siegte dann doch eine Art Vernunft. Diejenige, deren Dad draußen warten sollte, stieg als Zweite aus. Sie hatte nicht die leiseste Ahnung davon, dass die Bedrohung, vor der sie solche Angst hatte, direkt vor ihrer Nase saß. Nicht dass sie auch nur im mindesten in Gefahr gewesen wäre, nein, weder sie noch ihre Freundin. Wahrscheinlich waren in dieser Nacht und in dieser Stadt keine Mädchen so sicher wie diese beiden. Sicher wie in Abrahams Schoß.
Nachdem die Zweite den Wagen verlassen hatte, atmete ich tief durch. Die Worte der beiden hatten sich in meinem Kopf festgekrallt. Freak. Psycho. Wahnsinn.
Alles nur Geschwätz. Aber trotzdem, Mädchen in diesem Alter … machten mir zu schaffen. Sie erinnerten mich an mein eigenes. Manche Urteile treffen einen härter als andere.
Seit dem letzten Mal fiel es mir nicht mehr so leicht. Wallace Ogilvie hatte sich erledigt, und ich spürte, dass mein Hass ein Stück weit mit ihm gegangen war. Dabei
hatte ich immer noch viel zu tun, dabei hatte ich nach wie vor einen Plan, an den ich mich halten musste. Ich durfte nicht aufhören, egal wie hart es war, nach diesem Punkt weiterzumachen. Dann musste ich eben noch härter sein, um damit klarzukommen. Hart wie Glasgow. Hart wie die Leute, die Witze erzählten über einen Mörder, der sie gerade durch die Stadt kutschierte.
Sie hätten es gerne gesehen, wenn dieser Ripper Fußballtrainer, Politiker oder sonstige Berühmtheiten umgebracht hätte. Und ich, da waren sie sich ziemlich einig, hätte es doch sicher gerne gesehen, wenn er Politessen oder Mitarbeiter des Straßenbauamts umgebracht hätte. Harte Menschen mit einem allzeit bereiten schwarzen Humor, Menschen, die nichts, überhaupt nichts verstanden hatten. Sie kannten mich nicht, sie kannten die Gründe nicht. Und wenn alles glattlief, würden sie nie davon erfahren.
Von meinem Plan. Meiner Tochter.
Ihre Kommentare waren mir egal, mussten mir egal sein. Nur eines zählte. Nur ein Mensch.
Ich musste sie aus meinem Inneren aussperren, ich musste mich taub stellen, wie früher. Diese Leute waren gar nicht hart, sondern dumm. Dumm und langweilig. Hier war gar nichts hart, außer mein Herz. Es war abgehärtet gegen ihre Scherze und Ängste, ihre Theorien, ihr dummes Geblöke. Diese Leute waren nicht gallus, die standen einfach nur im Weg.
Scheiß auf Glasgow. Ich hatte einen Job zu erledigen. Und zu beenden.
25
Wenn man Signale aussendet, hat man ein Problem: Werden sie nicht empfangen und verstanden, muss man sie immer wieder aussenden. Bis es der Empfänger endlich kapiert hat.
Alec Kirkwood hatte Jimmy Mac den Finger abgeschnitten und die arme Sau mit einem Loch im Auge auf die Straße gekippt. Das hatte nicht gereicht. Er hatte zwei kleinen Assis die Arme gebrochen, weil sie sich aufgespielt hatten, als man sie nach Informationen fragte. Das hatte auch nicht gereicht. Er hatte Mick Dochertys Wohnzimmerfenster mit einer Kugel durchlöchert, doch nicht mal das hatte gereicht. Er hatte jedem die Daumenschrauben
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