Und Sei Getreu Bis in Den Tod: Mitchell& Markbys Letzter Fall
voneinander, was ihre jeweiligen Vorstellungen von Einsamkeit betraf. Vielleicht hatte Freda Kemp keine Isolation gespürt. Es gab Menschen, die kamen ganz wunderbar allein zurecht. Freda war vielleicht einer von ihnen gewesen.
Der nächste Morgen war hell und klar. Ihr Plan, gleich als Erstes Mrs Travis zu suchen, wurde jedoch zunächst verschoben. Toby wollte unbedingt zum Strand hinunterklettern.
»Weil inzwischen die Ebbe eingesetzt hat«, erklärte er einfach.
Meredith wusste nicht, wann die Ebbe eingesetzt hatte, doch Toby hatte zweifellos Recht. Das Meer zog sich weit vom Land zurück und gab nach und nach den gelben Sand frei. Glücklicherweise mussten sie nicht über Stock und Stein klettern – es gab eine Betontreppe, die vom Pfad am Rand der Klippe entlang nach unten führte. Der Sand, nachdem sie ihn erreicht hatten, war übersät von Wurmlöchern, Muscheln, gelegentlichen toten Krabben und Büscheln von Seetang. An verschiedenen Stellen war die eintönige Fläche durchbrochen von großen Felsbrocken. Die Felsen waren hellgrau mit blauen und pinkfarbenen Schattierungen. Meredith entdeckte, dass die bunten Farben durch eine Sonnenbrille betrachtet atemberaubend waren. In der Ferne ging jemand mit zwei großen Hunden spazieren, die ausgelassen am Rand des Wassers entlangtollten. Ansonsten waren sie mutterseelenallein unterwegs. Toby schien in seine Kindheit zurückgefallen zu sein. Er kletterte über die Felsen und stieß freudige Rufe aus, wenn er eine winzige Krabbe oder irgendein anderes Getier in den kleinen Pfützen entdeckte. Schließlich zog Meredith ihn entschieden weg.
»Hör zu, wir sind hergekommen, weil wir den einen oder anderen Hinweis auf das zu finden hoffen, was in Overvale House passiert ist. So kommen wir nicht weiter.«
Bedauernd folgte Toby ihr zu den Stufen zurück, und sie stiegen hinauf zum Pfad entlang der Klippe.
»Wohin zuerst?«, fragte er, als sie oben angekommen waren.
»Es ist noch zu früh für das Pub. Los, gehen wir zu der Tankstelle. Ich könnte tanken und wie nebenbei die eine oder andere Frage stellen.«
Doch als sie bei der Tankstelle ankamen, schien sie ebenfalls geschlossen. Sie stiegen aus dem Wagen und sahen sich um.
»Es muss jemand in der Nähe sein!«, sagte Toby verdrossen. »Die Tür steht offen.«
In diesem Moment ertönte ein lauter metallischer Schlag aus dem Innern des baufälligen Gebäudes auf der Rückseite, gefolgt von einem derben Fluch. Sie gingen zum Tor.
Meredith trat aus dem hellen Sonnenlicht ins Innere, und vor ihren Augen schien eine Jalousie herabzufallen. Sie fand sich in einer Welt aus Dunkelheit wieder, die stark nach Ölen und Schmierfett roch. Nach einer Weile hatte sie sich an das Halbdunkel gewöhnt, und sie sah sich umgeben von allen möglichen Dingen, wie man sie in einer Werkstatt findet. Am anderen Ende der Halle bewegte sich jemand. Eine bärenhafte Gestalt materialisierte, kam ihr und Toby entgegen und wischte sich die schmutzigen Hände an einem öligen Lappen ab.
»Hallo«, begrüßte er die beiden. »Was kann ich für Sie tun?«
Aus der Nähe wirkte er noch größer. Er trug einen extrem schmutzigen Overall und stabile Arbeitsschuhe. Er besaß einen dichten blonden Haarschopf und sehr helle blaue Augen, die Meredith an Alan erinnerten. Sie schätzte, dass er G. Melhuish persönlich war, Besitzer und Geschäftsführer und wahrscheinlich auch der einzige Mechaniker.
Sie äußerte ihren Wunsch zu tanken. Während sie ihre Geldbörse aus der Handtasche nahm, um zu bezahlen, überlegte sie, wie sie eine Unterhaltung anfangen könnte. Doch sie hätte sich keine Gedanken machen müssen. Sie waren fremd in der Gegend, sie waren die ersten Kunden des Tages, und der Tankstellenbesitzer schien begierig, ein Schwätzchen mit ihnen zu führen.
»Sie machen Ferien hier unten, wie?«, fragte er liebenswürdig und lehnte sich gegen die am nächsten stehende Zapfsäule.
»Nein …«, begann Toby, doch Meredith schnitt ihm das Wort ab.
»Eigentlich nicht, keine richtigen Ferien jedenfalls. Nur ein paar Tage.«
»Und wo wohnen Sie?« Der Mann blickte von einem zum anderen, als wollte er sich ihre Gesichter merken.
»Im Cottage dort oben an der Klippe.«
»Ah, das alte Kemp-Cottage«, sagte er und kratzte sich am Kinn, was einen dunklen Schmierfleck auf seiner Haut hinterließ.
»Ich dachte, es gehört einer Mrs Jenner«, sagte Meredith vorsichtig. »Wer ist denn Kemp?«
Er bedachte sie mit einem wissenden Blick von der Seite. »Es gab nur eine
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