Und Sei Getreu Bis in Den Tod: Mitchell& Markbys Letzter Fall
Konstruktion halb aus Stein, halb aus Holz, sah aus, als wäre es ursprünglich als Scheune errichtet worden. Meredith sprach Toby auf ihre Vermutung an.
»Ich glaube, es ist tatsächlich so«, sagte er. Sein Gesichtsausdruck war entrückt, beinahe glückselig. »Alison hat erzählt, dass einer alten Geschichte zufolge Schmuggler im achtzehnten Jahrhundert ihre illegale Fracht hier gelagert haben sollen. Aber die gleiche Geschichte gibt es wahrscheinlich über jedes einzelne alte Haus entlang der ganzen Küste. Diese Ecke diente den Schmugglern in den schlimmen alten Tagen tatsächlich als Ort, um ihre Konterbande an Land zu bringen, hauptsächlich in den kleineren Buchten wie Trebarwith und Tintagel oder Boscastle und natürlich auch Polperro. Manchmal gelang es der Zollbehörde, einen Kutter abzufangen und die Schmuggler dingfest zu machen, aber sie haben sich meist wieder freigekauft. Informanten blieben nicht lange unentdeckt, und die Einheimischen hielten den Mund. Niemand sah etwas Falsches im Schmuggeln. Die ehrbarsten Ladys kauften ihren Tee spätnachts an irgendeiner Hintertür. Das West Country war noch nie gut auf die Autoritäten zu sprechen.«
»›Brandy für den Pfarrer, Schinken für den Küster‹«, zitierte Meredith Rudyard Kipling, doch Toby holte bereits die Koffer aus dem Wagen und hörte sie nicht. Meredith wandte sich zu dem merkwürdigen alten Gebäude um, das für die nächsten Tage ihr Lager sein würde.
Es hatte die verlassene Aura eines Hauses, in dem außer gelegentlich für ein paar Wochen hier und da niemand wohnte. Leben gab es nur in Form eines Dutzends kleiner Kaninchen, die durch den Vorgarten hoppelten. Bei der Annäherung der Menschen zerstreuten sie sich und hüpften in ein Dutzend verschiedene Richtungen über den trockenen Untergrund davon.
»Es muss in der Nähe einen Bau geben«, sinnierte Meredith.
Abgesehen von den Kaninchen war das einzige andere Lebewesen ein Seevogel, der träge am Himmel kreiste. Als Ferienhaus, als Zufluchtsort, um aus dem turbulenten Alltag zu entkommen, war es beinahe ideal. Als ein Ort, um den Ruhestand zu verbringen und die letzten Tage zu verleben weniger. Freda Kemp muss in ihren letzten Jahren ziemlich einsam gewesen sein, dachte Meredith. Sie muss jedes Mal voller Ungeduld auf den Besuch ihrer Nichte Alison gewartet haben. Selbst der tägliche Besuch ihrer Haushälterin Mrs Travis musste ein größeres Ereignis gewesen sein.
»Mrs Travis«, sagte Meredith, als Toby die Vordertür öffnete. »Wir sollten als Erstes versuchen, diese Mrs Travis zu finden.«
»Meinst du, sie lebt noch?«, fragte Toby.
»Warum nicht? Sie hatte damals einen zehnjährigen Sohn, vor fünfundzwanzig Jahren. Sie war sicher nicht viel älter als ich heute, Mitte dreißig. Sie kann heute nicht viel älter als sechzig sein, und wir müssten sie eigentlich finden können.«
»Sie mochte Alison nicht«, warnte Toby.
»Dann werden wir Alison eben nicht erwähnen.«
Sie trugen ihre Vorräte aus dem Wagen ins Haus und verstauten sie in den Schränken und im Kühlschrank. Das Cottage war komfortabel und hübsch und im Innern mit modernen Fichtenholzmöbeln ausstaffiert. Eine rasche Inspektion der sauberen Küche zeigte, dass sie vollständig mit den üblichen Utensilien ausgestattet war, wie für Ferienwohnungen üblich. Alison musste alles entfernt haben, das sie an ihre verstorbene Tante erinnerte. Lediglich im Wohnzimmer gab es zwei hübsche Teppiche, die möglicherweise aus den alten Tagen überlebt hatten. In einer Ecke stand ein schicker Breitbildfernseher. In einem Schrank fanden Meredith und Toby eine Anzahl von Brettspielen und abgegriffenen Taschenbüchern für den Fall, dass sich das Wetter gegen die Feriengäste wandte.
Meredith ging an jenem Abend mit dem Rauschen der Flut schlafen, die sich in die Flussmündung bis hinauf zu den Felsen unterhalb des Cottage schob. Dort angelangt, brandeten die Wellen wütend gegen den Fuß der Klippe. Das Knarren der Balken mischte sich mit den Geräuschen des Meeres. Es ließ Meredith deutlicher als alles andere die Einsamkeit spüren, die Freda Kemp ertragen haben musste. Ertragen, dachte Meredith, ist genau das richtige Wort. Warum hatte sie nicht alles verkauft und war weggezogen, in eine lebendigere Gegend? Vielleicht war ihre Entscheidung zu bleiben Resultat einer gewissen schrägen Halsstarrigkeit gewesen. Sie hatte ihre Entscheidung getroffen und wollte daran festhalten. Andererseits unterschieden sich die Menschen
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