Und Sei Getreu Bis in Den Tod: Mitchell& Markbys Letzter Fall
trotzig. »Sie wollte über das Wochenende weg, nicht um Jeremy zu besuchen, sondern irgendwo anders hin. Ich weiß nicht, wohin.«
Toby blickte sich im Raum um und winkte vage in Richtung der Küchennische. »Es waren nur Töpfe und Pfannen und derartiges Zeugs. Ich kam her und hab alles abgeladen. Mein Urlaub war vorbei, und ein paar Tage später war ich wieder auf dem Weg nach Peking. Während ich weg war, ist sie hier eingezogen. Der Schlüssel – der Schlüssel zu dieser Wohnung, den sie mir gegeben hat –, er blieb in einer Schublade in meiner Wohnung liegen. Ich habe es erwähnt, als ich drüben in Overvale House war. Wir saßen am ersten Abend beim Essen, und ich sagte, ich hätte den Schlüssel noch und hätte ihn eigentlich mitbringen wollen, um ihn Fiona zu geben, aber ich hätte ihn vergessen. Fiona sagte, ich solle ihn in einen Umschlag stecken und mit der Post schicken. Jeremy hat es mitgekriegt.«
Jess musste an das aufgeräumte, blitzblanke Zimmer in Overvale House denken, und ihre Überzeugung, dass etwas bewusst verändert und ausgelöscht worden war, verstärkte sich. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen herauszufinden, was das war.
»Was sollten Sie für Jenner suchen?«
Toby ließ die Schultern hängen. »Ich weiß es nicht. Hören Sie, ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Ich hab ihn gefragt, und er ist mir ausgewichen. Er meinte nur, ich solle mich umsehen, ob mir irgendetwas auffällt, das die Familie in Verlegenheit bringen könnte. Er meinte nicht, irgendetwas, das mit ihrem Tod zu tun hatte. Eher etwas, das mit ihrem Leben zu tun hatte und für die Presse eine Story darstellen könnte. Wir wissen nicht, warum sie starb oder wer sie umgebracht hat. Jeremy hat Angst, dass die Boulevardblätter Wind von der Sache bekommen könnten. Fiona war ein Single, und er wollte nicht, dass etwas hier drin gefunden wurde, das möglicherweise ihrem Ruf schaden könnte, das waren jedenfalls seine Worte.«
»Mr Smythe!«, platzte Jess heraus. »Sie können doch unmöglich so naiv sein, nicht angesichts Ihrer Arbeit! Fiona Jenner wurde ermordet, und alles hier in dieser Wohnung könnte ein Hinweis auf ihren Mörder sein! Selbst wenn es sich dabei um etwas handelt, das der Vater der Toten nicht ans Licht gebracht haben möchte, so muss er sich der Tatsache stellen, dass es keine andere Wahl gibt. Genau wie Sie! Was den posthumen Ruf angeht, so tut es mir Leid, doch angesichts der Umstände hat das Opfer kein Recht darauf.«
»›Ich bin gekommen, um Cäsar zu begraben, nicht um ihn zu loben‹«, zitierte Toby düster. »›Das Böse, das Menschen tun, lebt nach ihnen weiter, das Gute hingegen wird oftmals mit ihnen begraben.‹«
»Mr Smythe! Das ist eine sehr ernste Angelegenheit!«
»Ich meine es ernst!«, schnappte Toby ärgerlich zurück. »Warum nur glaubt mir nie jemand, dass ich es ernst meine? Der alte Shakespeare hatte Recht, nicht wahr? Er war ein weiser alter Vogel. Jetzt, wo Fiona tot ist, kann jeder über sie erzählen, was er will, und jeder schmierige Journalist kann über jede kleine menschliche Schwäche schreiben, um seine lüsternen Leser damit zu kitzeln! Diese ganze Sache ist ein Albtraum! Ich kann den armen alten Jeremy gut verstehen! Trotzdem, ob Sie mir nun glauben oder nicht, ich hatte nicht vor, irgendetwas wegzunehmen! Ich arbeite für die Regierung. Ich weiß, dass die Dinge nach Vorschrift getan werden müssen. Wenn ich etwas Peinliches gefunden hätte, wäre ich zurückgefahren und hätte Jeremy davon berichtet, sodass er bereit ist, wenn die Polizei es findet. Vorsicht ist besser als Nachsehen und so weiter. Ich weiß, ob Sie mir glauben oder nicht, dass man Beweise nicht verschleppen darf.«
»Wissen Sie auch über Fingerabdrücke Bescheid?«, entgegnete Jess butterweich. »Ihre sind jetzt, wie ich annehme, überall in der Wohnung verteilt?«
»Was?« Er starrte sie an. »Oh. Ja, vermutlich sind sie das.«
»Nicht ›vermutlich‹, sondern gewiss. Und nun nehmen wir einmal an, nur für den Fall, Sie wollten die Polizei verwirren. Sie kommen hierher und hinterlassen ein paar Fingerabdrücke, um zu verbergen, dass Sie bereits bei früheren Besuchen Fingerabdrücke hinterlassen haben.«
Toby strich sich durch die Haare und zerstörte seine Frisur aufs Neue. »Ich war kaum jemals hier! Ich war einmal da, als die Wohnung ganz neu und völlig leer war, um sie anzusehen, und einmal, als ich ihr die Töpfe gebracht habe, von denen ich Ihnen erzählt habe. Ich war in Peking, Herrgott im
Weitere Kostenlose Bücher