Und so verlierst du sie
hast du denn? Sie nennt dich:
einen Schwanzlutscher
einen dummen Arsch
einen beschissenen Möchtegern-Dominikaner.
Sie behauptet:
Du hast einen kleinen Penis
keinen Penis
und das Schlimmste, du magst Curryfotzen.
(Was wirklich unfair ist, versuchst du einzuwerfen, weil Laxmi eigentlich aus Guyana kommt, aber Alma hört nicht zu.)
Statt den Kopf einzuziehen und es einzustecken wie ein Mann, hebst du das Tagebuch auf, wie jemand eine vollgekackte Windel aufheben würde, wie jemand mit spitzen Fingern ein gerade abgestreiftes Kondom anfassen würde. Du wirfst einen Blick auf die anstößigen Stellen. Dann siehst du sie an mit einem Lächeln, das dein Heuchlergesicht nie vergessen wird, solange du lebst. Süße, sagst du, Süße, das gehört zu meinem Roman.
Und so verlierst du sie.
OTRAVIDA, OTRAVEZ
Er sitzt auf der Matratze, sein breiter Hintern lässt die Ecken des Spannbettlakens hochrutschen. Seine Kleidung ist starr vor Kälte, und die getrockneten Farbspritzer auf seiner Hose sind zu Nieten gefroren. Er riecht nach Brot. Er hat von dem Haus erzählt, das er kaufen will, und dass es als Latino schwer ist, eines zu finden. Als ich ihn bitte aufzustehen, damit ich das Bett richten kann, geht er hinüber zum Fenster. So viel Schnee, sagt er. Ich nicke und wünsche mir, er würde still sein. Auf der anderen Zimmerseite versucht Ana Iris zu schlafen. Sie hat die halbe Nacht für ihre Kinder in Samaná gebetet, und ich weiß, dass sie morgen früh in der fábrica arbeiten muss. Vergraben unter Bettdecken, den Kopf unter einem Kissen, bewegt sie sich unruhig. Sogar hier in Amerika verhängt sie das Bett mit einem Moskitonetz.
Da versucht ein Lastwagen, um die Ecke zu kommen, erzählt er. Mit dem chamaco möchte ich nicht tauschen.
Auf der Straße ist viel los, sage ich, was stimmt. Morgens finde ich auf dem Rasen vor dem Haus das Salz und die Steinchen, die von den Lastern gefallen sind, kleine Schatzhäufchen im Schnee. Leg dich hin, sage ich zu ihm, und er kommt zu mir und schlüpft unter die Decke. Seine Kleidung ist rau, und ich warte, bis es unter der Decke warm genug ist, bevor ich die Schnalle an seiner Hose öffne. Wir zittern beide, und er berührt mich erst, als es aufhört.
Yasmin, sagt er. Sein Schnurrbart drückt gegen mein Ohr, streift über meine Haut. In der Brotfabrik ist heute jemand gestorben. Einen Moment schweigt er, als wäre die Stille ein Gummiband, mit dem seine nächsten Worte vorschnellen werden. Este tipo ist von den Dachsparren gefallen. Hector hat ihn zwischen den Förderbändern gefunden.
War er ein Freund von dir?
Der? Ich habe ihn in einer Bar angeheuert. Habe ihm gesagt, er würde nicht übers Ohr gehauen.
Wie schrecklich, sage ich. Hoffentlich hatte er keine Familie.
Wahrscheinlich doch.
Hast du ihn gesehen?
Wie meinst du das?
Hast du ihn gesehen, als er tot war?
Nein. Ich habe den Werksleiter gerufen, und er hat gesagt, ich soll niemanden in die Nähe lassen. Er verschränkt die Arme. Ich arbeite auch ständig unter dem Dach.
Aber du hast Glück, Ramón.
Ja, aber was, wenn ich das gewesen wäre?
Das ist eine blöde Frage.
Was hättest du gemacht?
Ich sehe ihn mit ausdrucksloser Miene an; falls er mehr erwartet, hat er die falschen Frauen kennengelernt. Am liebsten würde ich sagen, Genau das Gleiche wie deine Frau in Santo Domingo. Ana Iris brummelt laut in ihrer Ecke, aber das ist nur gespielt. Sie will mir aus der Klemme helfen. Er verstummt, um sie nicht zu wecken. Nach einer Weile steht er auf und setzt sich ans Fenster. Es schneit wieder. Radio WADO sagt, dieser Winter würde schlimmer als die letzten vier, vielleicht der schlimmste seit zehn Jahren. Ich beobachte ihn: Er raucht, seine Finger fahren über die dünnen Knochen um seine Augen, die Haut um seinen Mund ist schlaff. Ich frage mich, woran er gerade denkt. An seine Frau Virta oder vielleicht an sein Kind. Er hat ein Haus in Villa Juana; ich habe die Fotos gesehen, die Virta geschickt hat. Sie sieht mager und traurig aus, der tote Sohn steht neben ihr. Die Bilder bewahrt er in einem Glas unter seinem Bett auf, das er ganz fest verschließt.
Wir schlafen ein, ohne uns zu küssen. Später wache ich auf, und er auch. Ich frage ihn, ob er nach Hause geht, und er sagt Nein. Als ich das nächste Mal aufwache, schläft er weiter. In der Kälte und Dunkelheit dieses Zimmers könnte er fast irgendwer sein. Ich hebe seine fleischige Hand an. Sie ist schwer, unter den Nägeln klebt Mehl. Manchmal küsse
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