Und so verlierst du sie
nachdem eines der anderen Mädchen nach Delaware abgehauen war. Sie ist erst seit sechs Wochen in Amerika und kann die Kälte nicht fassen. Zweimal hat sie die Waschpulvertonne umgeworfen, und sie hat die schlechte Angewohnheit, ohne Handschuhe zu arbeiten und sich anschließend die Augen zu reiben. Sie erzählt mir, sie sei krank gewesen, sie habe zweimal umziehen müssen, ihre Mitbewohner hätten ihr Geld gestohlen. Sie hat den verängstigten, gehetzten Blick der Glücklosen. Arbeit ist Arbeit, erkläre ich ihr, aber ich leihe ihr genug Geld für das Mittagessen und lasse sie unsere Maschinen für ihre eigene Wäsche benutzen. Ich erwarte, dass sie sich bedankt, stattdessen meint sie, ich würde reden wie ein Mann.
Wird es irgendwann besser?, höre ich sie die anderen fragen. Nur schlimmer, antworten die. Warte nur auf den Eisregen. Unsicher, mit einem verhaltenen Lächeln sieht sie zu mir herüber. Sie ist vielleicht fünfzehn und zu dünn, um ein Kind geboren zu haben, aber sie hat mir schon Bilder von ihrem pummeligen Sohn gezeigt, ihrem Manolo. Sie wartet auf eine Antwort von mir, ganz besonders von mir, weil ich die veterana bin, aber ich kümmere mich um die nächste Wäscheladung. Ich habe versucht, ihr den Trick mit der harten Arbeit zu erklären, aber der scheint sie nicht zu interessieren. Sie lässt eine Kaugummiblase im Mund zerplatzen und grinst mich an, als wäre ich siebzig. Ich schlage das nächste Laken auseinander, und wie eine Blume entfaltet sich der Blutfleck, nicht größer als meine Hand. Korb, sage ich, und Samantha reißt den Deckel auf. Ich knülle das Laken zusammen und werfe. Volltreffer, die Mitte zieht die losen Zipfel mit nach unten.
Nach neun Stunden Lakenglätten bin ich zu Hause, esse kalten Maniok mit heißem Öl und warte darauf, dass Ramón mich mit dem Auto abholt, das er sich geliehen hat. Er will mit mir ein anderes Haus ansehen. Von einem Haus träumt er schon, seit er amerikanischen Boden betreten hat, und nach seinen ganzen Jobs und dem Geld, das er gespart hat, ist es machbar. Wie viele schaffen es so weit? Nur die, die immer geradlinig sind, die nie einen Fehler machen, nie Pech haben. Und das meint im Grunde Ramón. Mit dem Haus ist es ihm ernst, was heißt, dass es auch mir ernst sein muss. Jede Woche fahren wir herum und suchen. Er macht eine große Sache daraus, putzt sich heraus, als würde er wegen eines Visums befragt, fährt mit mir in die ruhigeren Gegenden von Paterson, wo sich Bäume über Häuser und Garagen strecken. Man muss genau aufpassen, sagt er, und ich gebe ihm recht. Wenn er kann, nimmt er mich immer mit, aber ich merke selbst, dass ich keine große Hilfe bin. Ich mag keine Veränderungen, erkläre ich ihm, und bei den Häusern, die er will, sehe ich nur, was mit ihnen nicht stimmt, und nachher im Auto wirft er mir vor, ich würde seine Träume sabotieren, ich wäre dura.
Heute Abend sollen wir uns wieder eines ansehen. Er kommt in die Küche und schlägt die rissigen Hände zusammen, aber ich bin nicht in der richtigen Stimmung, und das merkt er auch. Er setzt sich neben mich und legt eine Hand auf mein Knie. Kommst du nicht mit?
Ich bin krank.
Wie krank?
Krank genug.
Er reibt sich über die Bartstoppeln. Und wenn ich was finde? Soll ich dann allein entscheiden?
Das wird wohl nicht passieren.
Und wenn doch?
Du nimmst mich doch sowieso nicht mit in das Haus.
Er macht ein finsteres Gesicht. Sieht auf die Uhr. Und geht.
Weil Ana Iris bei ihrer zweiten Stelle arbeitet, verbringe ich den Abend allein und höre im Radio, wie das ganze Land vor Kälte erstarrt. Ich versuche, sitzen zu bleiben, aber um neun liegen die Sachen, die er in meinem Schrank aufbewahrt, die Sachen, die ich nicht anrühren soll, ausgebreitet vor mir. Seine Bücher und ein paar Kleidungsstücke, eine alte Brille in einer Papphülle und ein Paar abgetragener chancletas. Hunderte alter Lotterielose in dicken Bündeln, die beim Anfassen auseinanderfallen. Dutzende Baseballkarten von dominikanischen Spielern, Guzmán, Fernández, die Alou-Brüder, die Bälle schlagen, zum Wurf ausholen, harte Line Drives knapp hinter der Baseline fangen. Er hat mir ein paar schmutzige Sachen zum Waschen dagelassen, aber ich bin noch nicht dazu gekommen, und jetzt breite ich sie aus, noch voller Hefe an den Aufschlägen seiner Hosen und Arbeitshemden.
In einer Schachtel auf dem obersten Brett des Wandschranks bewahrt er einen Stapel von Virtas Briefen auf, die von einem breiten braunen
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