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Und stehe auf von den Toten - Roman

Titel: Und stehe auf von den Toten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Steine hoch und hoben anschließend mittels Gestänge und Flaschenzug das Marmorgehäuse aus der Gruft.
    »Nehmt den Deckel ab«, befahl der Hilfsauditor mit zitternder Stimme. Ungeduldig verfolgte er die Arbeit der Lehrlinge. Sie hatten den Deckel noch nicht auf dem Boden abgelegt, da trat Prospero schon zum Sarg vor - und erstarrte. Er entdeckte einen Stein und einen Holzpflock, doch das Skelett der Gräfin fehlte. Der Sarkophag war leer! Pflock und Stein deuteten auf einen Vampir hin, den man versucht hatte unschädlich zu machen. War die Gräfin etwa trotz der Sicherheitsvorkehrungen auferstanden von den Toten? War sie etwa eine Untote?
    Lärm an der Tür ließ alle Köpfe herumfahren. Ein vermummter Mann stolperte völlig außer Atem in den Kirchenraum. Pepe zog seinen Degen, doch Prospero beruhigte ihn. Es war Valentis Diener, der jetzt erschöpft vor ihnen zusammenbrach. Der Arzt flößte ihm aus einer Phiole einen roten Trank ein. »Rotwein«, erklärte er auf Prosperos fragenden Blick hin. »Das beste Stärkungsmittel, das ich kenne.« Langsam kam der Diener wieder zu sich. Er schien Tag und Nacht geritten zu sein.

    »Der Graf schickt mich«, presste er hervor.
    »Was ist geschehen?«, fragte Prospero voll böser Vorahnungen.
    »Ich soll Ihnen ausrichten: Deborah ist verschwunden.«
    »Wie?«, rief Prospero entsetzt.
    »Schurken überfielen nachts das Haus des Rabbiners. Sie haben den alten Juden fast totgeschlagen und Deborah mitgenommen!«
    Die Angst entzündete sich in Prosperos Eingeweiden und loderte dann in seinem ganzen Körper auf. »Ich brauche sofort frische Pferde!«, brüllte er den Stadthauptmann an und rannte auf den Ausgang zu. »Und versorgt den braven Mann da!«, fügte er beim Verlassen der Kapelle hinzu. Pepe folgte ihm auf dem Fuße.
    Was machte er nur hier? Politische Ränke und Intrigen hatten dafür gesorgt, dass er in diese Farce hineingezogen wurde, um eine hingerichtete Verbrecherin heiligzusprechen! Und nun befand er sich Tage von der Ewigen Stadt entfernt. Sein Hass auf Albani sprengte in diesem Moment alle Dimensionen. Nicht auszudenken, wenn Deborah etwas zustoßen würde. Er musste nach Rom zurück, es ging um Stunden. Das Schicksal der Mädchen stand ihm jetzt klar vor Augen.

56.
    W ie sollte er Prospero je wieder unter die Augen treten, wenn man Deborah etwas antun würde? Der Freund hatte sie seinem Schutz anvertraut. Und er hatte versagt! Den sonst so tollkühnen Valenti packte die Verzweiflung.
    Aus den Beschreibungen des Rabbiners hatte er geschlussfolgert, dass Poelschau mit seinen Pavianen das Haus des Rabbiners überfallen und Deborah entführt hatte. Er wandte sich zunächst an Caprara, aber der wusste auch keinen Rat. Selbst wenn der Gesandte des Kaisers tatsächlich dahintersteckte und - so absurd es klang - als Vampir Jagd auf junge Mädchen machte, kamen sie nicht an ihn heran. Der Papst würde in der misslichen politischen Lage, in der er sich befand, nicht den kleinsten Affront gegen den Kaiser zulassen, geschweige denn eine Ermittlung gegen dessen Gesandten dulden.
    So verließ Valenti den Auditor enttäuscht und mit noch größerer Unruhe im Herzen. Der nächste Weg führte ihn zu Marcello. Er hoffte, dass die Observation von Cavalcanti und Stamitz einen Anhaltspunkt erbracht hatte. Der Tischler teilte ihm jedoch bedauernd mit, dass weder Cavalcanti noch der Graf Stamitz sich ungewöhnlich verhalten oder an einen verdächtigen Ort begeben hätten. Valenti fluchte, dann stieg in ihm ein Verdacht hoch. Wenn der Polizeipräfekt in die Verbrechen verwickelt war, wie Prospero Lambertini vermutete, dann wurden die Mädchen womöglich in dessen Palast gefangen gehalten. Der Graf schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. Natürlich, es gab nur wenige Orte, die sicherer waren. Wer würde schon im Palast
eines Polizisten suchen? Deshalb war Cavalcanti bei der Durchsuchung des Gesandtschaftspalastes so gelassen und gut gelaunt gewesen. Zu wissen, wie sehr er Prospero an der Nase herumführte, musste ihm großes Vergnügen bereitet haben. Valenti verabschiedete sich von Marcello und bat ihn, weiter die Augen offen zu halten. Unterwegs überlegte er, wie er den Palast heimlich in Augenschein nehmen könnte. Doch bevor er das wagte, musste er noch ein Detail überprüfen. Die Unterhaltung des Palazzos, wenn er auch recht klein war, überstieg bei weitem die Einkünfte eines Präfekten, selbst wenn er korrupt war - was sie im Übrigen alle waren.
    Der Graf riss

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