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Und stehe auf von den Toten - Roman

Titel: Und stehe auf von den Toten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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seine Sachen und zog sich an. Dann ging er, ohne ein Wort zu sagen.
    Er stahl sich durch die Dunkelheit nach Hause. Post coitum omne animal triste praeter gallum, qui cantat. -
Nach der Vereinigung sind alle Tiere unglücklich, außer dem Hahn, der kräht, erinnerte sich Valenti an die berühmte Stelle im Pseudo-Aristoteles über die Probleme der Kör per. Und er war in diesem Kampf der Gier gewiss nicht der krähende Hahn gewesen. Er hatte sein Gelübde gebrochen. Die Kleidung des Geistlichen brannte wie Nesseln auf seinem Leib. Wie sollte es jetzt weitergehen?

32.
    Z ur gleichen Stunde, als der Priester Graf Sylvio Valenti Gonzaga durch die Stadt irrte und verzweifelt versuchte, mit sich ins Reine zu kommen, saß Prospero mit Velloni im Lesesaal der Vaticana. Auf dem Tisch standen zwei Öllämpchen. Um sie herum lagen ein paar Handschriften und Bücher, die Illustrationen enthielten. Der Bibliothekar war sehr aufgeregt.
    »Es ist ein großes, ein dunkles Gebiet, zu dem du mich geführt hast. Wenn es wirklich Vampire in Rom gibt, dann haben wir ein riesiges Problem. In dem Fall muss umgehend gehandelt werden. Denn gegen den Vampirismus ist die Pest ein Witz.«
    »Zum Thema!«
    »Zunächst kurz zu Wassilij. Seine Sekte glaubt, dass ein Mann Reinheit und Gottgefälligkeit nur durch sexuelle Enthaltsamkeit gewinnen kann.«
    »Kommt mir bekannt vor«, bemerkte Prospero mit einem Lächeln, »nur nennen wir diese Männer Priester.«
    »Oh, ich glaube nicht, dass du das miteinander vergleichen möchtest, denn sie erreichen diese Enthaltsamkeit, indem sie das weiße Pferd reiten, dass heißt, indem sie sich kastrieren.«
    Prospero lief tiefrot an. Der Philologe sprach ungerührt weiter. »Sie entfernen entweder das kleine Siegel, die Hoden, oder das große Siegel, Hoden und Penis zusammen.« Unwillkürlich verschränkte der Hilfsauditor wie zum Schutz seine Hände vor seinem Schoß. »Nein, das möchte ich in der Tat nicht miteinander vergleichen«, stotterte er. Es wollte ihm nicht in den Kopf, dass Wassilij, dieser Bär
von einem Mann, ein Kastrat war. Wie sich jemand selbst verstümmeln konnte, blieb ihm ein Rätsel. Während Prospero Lambertini sichtlich um Fassung rang, war Velloni nicht mehr zu bremsen.
    »Noch eins ist interessant an unserem seltsamen Weißrussen. Er sagt, er stammt aus Upirow.«
    »Ja und?«
    »Upirow leitet sich von Upir, also von Vampir, her.«
    »Wassilij ist ein...«
    »Nein, bestimmt nicht, aber er ist voller Geschichten über diese Spezies. Vampire sind Zwischenwesen, nicht mehr lebend, aber auch noch nicht tot. Deshalb nennt man sie auch Untote.«
    »Wie Gespenster«, schloss der Hilfsauditor.
    »Nein, das wird häufig verwechselt. Gespenster sind Produkte unserer Rechtsordnung.« Prospero Lambertini sah seinen Freund verwirrt an. Er mochte zwar Jurist sein, aber er verstand nun gar nichts mehr.
    »Das Gespenst ist ein Wiedergänger, einer, der im Grab keine Ruhe findet, weil er im Leben einen Frevel verübt hat. Er hat ein Gesetz gebrochen, und er wird erst Ruhe finden, wenn dieser Rechtsbruch geheilt ist. Die ganze Problematik von Verbrechen und Strafe ist nur über die Grenze des biologischen Lebens ins Jenseits getrieben. Stell es dir vor wie bei einem Verbrecher, der von Ort zu Ort hetzt, weil er von den Polizisten oder Rachegöttinnen gejagt wird. Er wird nicht entkommen, sondern die Flucht erst beenden können, wenn er sich der gerechten Strafe stellt.«
    »Originell, aber logisch. Und wie ist es bei den Untoten?«
    »Sühne ändert nichts, und Vergebung haben sie nicht zu erwarten. Hier spielt das Recht keine Rolle. Sie entstammen einer wesentlich tieferen, wenn du so willst, vorrechtlichen
Schicht der Historie und sind vielleicht sogar älter als der Mensch. Das ist das wirklich Beunruhigende. Prospero, wenn es stimmt, was ich in der Literatur und den Quellen gefunden habe, haben wir es mit den ältesten Wesen der Welt zu tun.« Velloni ließ seine Worte auf Prospero wirken.
    »Was ist der Stoff des Lebens?«, fragte er dann.
    »Die Seele?«
    »Falsch, die Seele ist der Hauch Gottes, der Geist, der dem Fleisch eingehaucht wird.«
    Prospero ahnte, worauf sein Freund hinauswollte, und ihn schauderte. »Und alles Fleisch ist Blut.«
    »Ja. Wie heißt es bei Moses:... esst das Fleisch nicht mit seinem Blut, in dem sein Leben ist! Ich lass es dabei bewenden, könnte aber viele Belegstellen aus der Bibel, auch aus dem Koran, auch aus den Veden und anderen sehr alten Büchern anführen.

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