Und taeglich grueßt die Evolution
sondern auch die Evolution der Kooperation. Das Ergebnis ist verblüffend: Zunächst geben sich fast alle Spieler vertrauensselig. Nachdem sie aber von den wenigen »Verrätern« übers Ohr gehauen wurden, verwandeln sie sich in der zweiten Phase meistens ebenfalls in solche. Nach einiger Zeit übernimmt schließlich die große Mehrheit die »Wie-du-mir-so-ich-dir«-Taktik, die sich als die dauerhafteste unter allen Strategien erweist. Eine einfache Computersimulation scheint also zu belegen, dass die Evolution mit der Zeit von selbst Kooperation erzeugt, auch wenn die Einzelnen heimlich durchaus nach dem eigenen Vorteil schielen.
Zusammenarbeit im Globalisierungszeitalter
Das Ganze funktioniert allerdings nur in kleinen Gruppen. In großen Populationen setzen sich leichter die »Verräter« durch, weil sie in der Menge gut untertauchen können. Das menschliche Verhalten hat sich allerdings vermutlich in kleinen Gruppen gebildet. Die Anthropologen vermuten, dass die Frühmenschen überwiegend in Gruppen aus 30 bis 60 Individuen lebten. Aus diesem Grund wählten die Bonner Forscher auch diese Größe für ihre Simulation. Für die Wirtschaftswissenschaftler ergibt sich dadurch die Frage, wie Gemeinschaften im Zeitalter der Globalisierung dauerhaft funktionieren können, wenn sich in großen Gruppen mit großer Wahrscheinlichkeit ein Typus durchsetzt, der das System aus egoistischen Motiven für seine partikularen Zwecke ausnutzt. Bietet beispielsweise ein Händler aus Shanghai im Internet weltweit seine Ware an und liefert nur gegen Vorauskasse, hat der gutgläubige Käufer in Deutschland wenig in der Hand, wenn der Händler kassiert, aber nicht liefert.
Wie sich solche Probleme meistern lassen, zeigt die Internetbörse eBay. Die geniale Idee ihrer Macher gegen solchen Missbrauch ist allerdings vermutlich so alt wie die Menschheit selbst. Wer seine Kunden verrät, wird mit einer beinahe mittelalterlich anmutenden Methode bestraft: Er wird an den Pranger gestellt. Jeder eBay-Kunde kann seinen Vertragspartner nach Abschluss des Geschäftes nämlich bewerten. Genau das aber ist der Trick bei der Sache: Eine negative Bewertung ist nicht gut fürs Geschäft, wenn jeder Kaufinteressent die Bewertungen seiner Vorgänger anschauen kann. Um möglichst sicher zu gehen, kaufen die meisten bei Händlern mit guten Bewertungen, Betrüger fliegen relativ rasch aus dem Geschäft heraus.
Sanktionen zeigen Wirkung
Ganz ähnliche Ergebnisse wurden auch bei einem Rollenspiel mit 240 Studenten an der Universität in Zürich erzielt. Ohne das Verhalten der anderen Gruppenmitglieder zu kennen, sollte jeder Student in einer Spielrunde einen Teil einer ihm zur Verfügung gestellten Geldsumme in ein gemeinsames Projekt investieren. Verteilt wurde das Geld aus dem Gemeinschaftstopf aber gleichmäßig an alle Mitglieder der Gruppe. Wer nichts einzahlte, bekam dennoch Geld aus dem großen Topf. Unter diesen Bedingungen trug das Partikularinteresse den Sieg davon: Kaum jemand investierte in die Gemeinschaftskasse.
Die Situation änderte sich vollkommen, als jedes Gruppenmitglied die Möglichkeit bekam, die egoistischen Kollegen zu bestrafen. Diese Buße kostet zwar auch die Strafenden eine gewisse Summe, aber das war ihnen relativ egal. Weniger aus Kalkül, sondern eher aus Ärger straften sie die Egoisten, und das mit Erfolg. Die Strafen zwangen die Egoisten bald zu einem kooperativen Verhalten. Auch sie trugen nun ihren Teil zum Gemeinwohl bei, wenn auch weniger aus altruistischen denn aus pragmatischen Gründen.
VERTRAUEN IST BESSER
Strafen können zwar innerhalb einer Gruppe dazu dienen, kooperatives Verhalten zu erzwingen, in bilateralen Beziehungen, etwa zwischen einem Arbeitgeber und seinen Angestellten, schaden sie aber unter Umständen mehr als sie nutzen. Ernst Fehr von der Universität in Zürich und Bettina Rockenbach von der Erfurter Universität haben das an einem Rollenspiel für zwei Teilnehmer gezeigt. Der »Arbeitgeber« hatte zehn Einheiten Geld zur Verfügung, von denen er einen beliebigen Teil beim »Verwalter« anlegen konnte. Diese Anlage verdreifachte der Spielleiter und der Verwalter durfte nun entscheiden, wie viel von diesem Geld er selbst behalten und welche Summe er an den Arbeitgeber zurückgeben wollte. Die Verwalter verhielten sich kooperativ und gaben ohne jegliche Strafandrohung immer einen Teil ihrer Einnahmen an den Arbeitgeber zurück. Dessen Vertrauen wurde also belohnt.
Erlaubte der Spielleiter aber
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