Und taeglich grueßt die Evolution
blieb.
Wenn sie davon profitieren, kooperieren Schimpansen also recht geschickt miteinander. Manche Forscher vermuten deshalb, dass schon der gemeinsame Vorfahre von Menschen und Schimpansen vor über 7 Mio. Jahren so raffiniert mit seinesgleichen zusammengearbeitet haben könnte. Demnach würde die Anlage für Kooperation bereits einem Baby in die Wiege gelegt.
Klassiker der Spieltheorie: Das Gefangenendilemma
Wie aber entwickeln Lebewesen überhaupt eine Neigung zur Kooperation, wieso scheint die Evolution dieses Teamwork sogar zu begünstigen? Die triviale Antwort »Weil alle von einer Kooperation mehr haben als von Einzelaktionen« greift zu kurz. Das beweist ein von Wirtschaftsforschern entwickeltes Spiel, das unter dem Titel »Gefangenendilemma« bekannt geworden ist.
Die Ausgangssituation ist einfach: Zwei »Gefangene« werden verdächtigt, gemeinsam eine Bank ausgeräumt zu haben. Die Indizienbeweise reichen aus, um jeden der beiden jeweils zwei Jahre einzusperren, auch wenn keiner von beiden gesteht. Die Höchststrafe für dieses Verbrechen aber liegt bei fünf Jahren. In getrennten Verhören machen die Untersuchungsbehörden jeden der beiden daher ein interessantes Angebot: »Wenn du gestehst und damit deinen Komplizen belastest, gilt für dich die Kronzeugenregelung und du wirst gar nicht bestraft, während dein Kollege die vorgesehene Höchststrafe von fünf Jahren abbrummen muss.« Das verlockende Angebot hat allerdings einen Haken: Verpfeifen beide jeweils ihren Komplizen, werden auch beide zu jeweils vier Jahren Gefängnis verurteilt.
Diese scheinbar einfache Situation beschäftigt seit den 1950er Jahren ganze Generationen von Wissenschaftlern. Das Gefangenendilemma zeigt nämlich die Schwachstelle jeder Kooperation: Solange beide Gefangenen zusammenhalten und sich nicht gegenseitig verpfeifen, kommt jeder von ihnen mit zwei Jahren Strafe davon, zusammen macht das vier Jahre hinter Gittern. Schlechter sieht es bereits aus, wenn nur einer der beiden seinen Komplizen verpfeift, der dann fünf Jahre hinter schwedischen Gardinen verbringt. Einfacher Verrat bringt also insgesamt eine höhere Strafe, lohnt sich aber für den Verräter, weil er selbst straffrei bleibt. Doppelter Verrat aber führt zur Höchststrafe von zweimal vier, also insgesamt acht Jahren. Das wären für jeden der beiden doppelt so viele Jahre hinter Gittern wie bei gegenseitigem Vertrauen.
Die Evolution der Kooperation im Computermodell
Zwischen dem Gefangenendilemma und der Kooperation bei Mensch und Tier lassen sich Parallelen erkennen. Die Zusammenarbeit funktioniert, wenn alle oder zumindest die meisten an einem Strang ziehen. Schert ein Egoist aus, kann er vielleicht seine eigene Situation verbessern, die Gesamtsituation jedoch verschlechtert sich. Einerseits scheint die Evolution genau diesen Egoismus des Einzelnen zu fordern, wenn etwa Charles Darwin vom »survival of the fittest« spricht, andererseits muss die Evolution das Gefangenendilemma irgendwie überlistet haben, um zur Kooperation zu gelangen. Wie das passiert sein könnte, versuchen Forscher der Bonner Universität mit einem Computermodell herauszufinden, das die Entwicklung einer Gruppe von 30 bis 60 Menschen simuliert.
Die imaginären Gruppenangehörigen folgen drei unterschiedlichen Verhaltensmustern: Einige kooperieren immer und verraten ihre Kollegen nie, andere verraten ihren Komplizen, sobald sie sich einen Vorteil davon versprechen, der dritte Typus verhält sich nach dem Motto »Wie du mir, so ich dir«, und verrät die Kollegen nur, wenn sie zuvor auch ihn verraten haben. Die Simulation umfasst zehn Runden, dann rechnet der Computer die Jahre aus, die jeder Teilnehmer virtuell im Gefängnis verbringen müsste. Je kürzer die Zeit, umso besser – nicht im moralischen, sondern im pragmatischen Sinne – war das Verhalten der Betroffenen den Anforderungen angepasst. Anschließend bekommen die Erfolgreichen mit den kürzesten Gefängnisaufenthalten zur Belohnung mehr virtuelle Nachkommen als die Langzeit-Insassen. Für jeden dieser »Nachkommen« wird ein zufällig ausgewähltes Mitglied der Elterngeneration aus dem Spiel genommen, so dass die Zahl der virtuellen Probanden unverändert bleibt.
In der Regel erben die Nachkommen die Verhaltensweisen ihrer Eltern, manchmal aber verwandeln zufällige Mutationen Kinder skrupelloser Egoisten in »Wie-du-mir-so-ich-dir«-Strategen oder umgekehrt. Die Forscher simulieren so also nicht nur das Gefangenendilemma,
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