Und trotzdem ist es Liebe
Johnson mühelos eine Antwort nach der anderen herunterratterte: Santa Claus! Der Osterhase! Die Zahnfee! Es war ein niederschmetternder Augenblick. Zum Teil, weil ich soeben die traurige Wahrheit über mein Lieblingstrio erfahren hatte, aber auch, weil ich gerade einen handgeschriebenen Brief vom Nordpol bekommen hatte – einen Brief, der damit als Fälschung entlarvt war. Ich riss ihn von meiner Pinnwand herunter und stellte meine Eltern wegen ihrer Lügen zur Rede.
Aber jetzt denke ich gründlich über Zoes Frage nach und komme zu dem Schluss, dass wirklich alles gut werden wird. Deshalb sage ich: «Ja, Zoe. Ich versprech’s dir.»
Sie lächelt mich hoffnungsvoll an. Dann schiebt sie ihre kleine Hand in meine und fragt: «Können wir die Pop-Tarts jetzt essen? Zum Abendessen?»
«Superidee», sage ich. «Pop-Tarts zum Abendessen. Und Pop-Tarts zum Nachtisch!»
«Und als Vorspeise?», fragt sie.
«Yep. Und als Vorspeise.» Ich lache. «Kann es was Besseres geben?»
Zoe und ich sind gerade dabei, unser elegantes dreigängiges Abendessen aus Erdbeer-Pop-Tarts zu beenden, als Jess von der Arbeit nach Hause kommt. Sie und Zoe umarmen und küssen sich, und ich frage diskret, ob Michael später vorbeikommt. Sie schüttelt den Kopf und sagt, sie möchte mit uns beiden zusammen sein. Darüber bin ich froh; ich wüsste nicht genau, wie ich Zoe einen unverheirateten Übernachtungsgast erklären sollte. Und richtig, Zoe sieht Jess an und fragt: «Wer ist Michael? Dein Freund?»
«Ja.» Jess lächelt. «Mein Freund.»
Wie aus der Pistole geschossen fragt Zoe: «Liebst du ihn?»
Jess sieht mich an und lacht.
«Sie macht wirklich keine Umschweife», sage ich.
«Was bedeutet das?», will Zoe wissen.
«Dass du sehr gute Fragen stellst», sage ich.
«Oh», sagt Zoe und schaut Jess erwartungsvoll an.
«Ja», sagt Jess. «Ich liebe ihn.»
«Warum?», fragt Zoe.
«Hm. Er ist klug. Und nett. Und lustig. Und er sieht sehr, sehr gut aus.»
Zoe zieht die helle Stirn kraus, während sie diese Daten verarbeitet. Dann stellt sie die Frage, die uns allen auf der Zunge liegt. «Willst du ihn heiraten?»
Jetzt weiß Jess endlich doch nicht mehr weiter. «Hmm. Tja, Zoe, das weiß ich nicht. Wir werden sehen.»
«Wann werden wir es sehen?»
«Ich weiß nicht. Schwer zu sagen.»
«Warum ist es schwer zu sagen?»
«Manchmal liebt man jemanden, aber man weiß nicht, ob er der Richtige ist. Es dauert eine Weile, bis man das herausgefunden hat.» Jess erklärt es viel besser, als ich es könnte.
«Ich hoffe, du heiratest deinen Freund», sagt Zoe. «Das wäre wirklich romantisch.»
«Ja, es wäre romantisch», sagt Jess. «Hoffen wir, dass es ein Happy End gibt.»
Zoe schließt die Augen und schickt einen stummen Wunsch zum Himmel. Als sie sie wieder öffnet, macht sie ein ernstes Gesicht. «Onkel Ben und Tante Claudia haben sich scheiden lassen», sagt sie, als wäre ich nicht anwesend.
«Ich weiß.» Jess sieht mich nicht an.
«Aber sie hat Onkel Ben geliebt», sagt Zoe und schaut mich an. «Nicht wahr, Tante Claudia?»
«Stimmt», sage ich, und dann wage ich mich bedenklich weit vor. «Und das werde ich auch immer tun.»
Zoe strahlt. «Dann heiratest du ihn vielleicht wieder?»
Da haben wir’s , denke ich. Meine eine große Hoffnung, ans Licht geholt und ausgesprochen von einem Kind. Ich überlege, was ich darauf antworten soll. Ich könnte sagen, dass es möglich wäre. Dass ich es mir sehr wünsche. Dass ich Ben aus tiefstem Herzen vermisse und dass es wahrscheinlich ein Riesenfehler war, niemals in Betracht zu ziehen, ein Kind mit ihm zu bekommen. Dass ich bockbeinig und starrsinnig und mutwillig und stolz war und mir damit selbst geschadet habe. Dass ich hoffe, es ist noch nicht zu spät.
Aber ich wage nicht, irgendetwas davon laut zu sagen. Ich will nichts berufen. Also antworte ich halbherzig und unbestimmt. «Na ja, Zoe, die Luft anhalten, bis es passiert, würde ich an deiner Stelle lieber nicht.»
Zoe nimmt immer alles wörtlich. Sie atmet dramatisch ein und hält die Luft an. Ihre Wangen blähen sich, und sie läuft rot an.
«Atmen!» , sage ich lachend.
Sie schüttelt den Kopf, und ein Lachen zerrt an ihren Mundwinkeln.
«Zoe! Du sollst atmen!» Ich kitzle sie, bis sie prustend loslacht. Als sie sich schließlich wieder gefasst hat, sagt sie: «Tante Claudia?»
«Ja, Zoe?»
«Wenn du Onkel Ben wieder heiratest, tust du es aber hoffentlich bald. Weißt du, warum?»
Bang sehe ich sie an und
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