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Und trotzdem ist es Liebe

Und trotzdem ist es Liebe

Titel: Und trotzdem ist es Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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Ben zu reden, noch größer werden. Kaum habe ich aufgelegt, hämmere ich die E-Mail herunter. Ich schreibe:
Ben –
ich hoffe, dir geht es gut. Es tut mir leid, wie unser letztes Gespräch geendet hat; ich streite nicht gern mit dir. Könnten wir uns vielleicht bald mal treffen? Ich möchte etwas mit dir besprechen. Sag mir Bescheid …
Claudia
    Ich hole tief Luft und klicke auf SENDEN, bevor ich es mir anders überlegen kann. Dann lasse ich den Kopf in beide Hände sinken und bete zum Himmel, dass Ben mich bald von meinen Qualen erlöst. Zehn Minuten vergehen, und nichts kommt. Ich gehe zur Toilette und hole mir eine Tasse Kaffee, denn ich muss an das denken, was ich Jess immer sage: «Ein Telefon, das du anstarrst, klingelt nicht.» Als ich zurückkomme, ist meine In-Box leer. Einen Augenblick später ertönt das Benachrichtigungssignal. Aber die Mail ist nicht von Ben. Die nächste und die übernächste auch nicht. Ich regle die Lautstärke des Computers herunter und drehe meinen Stuhl vom Bildschirm weg. Ich erlaube mir nur alle halbe Stunde, nachzusehen. Nichts.
    Der Tag geht dahin, und aus meiner Nervosität wird regelrechte Übellaunigkeit. Ich bin irrational wütend auf jeden Freund, der sich ausgerechnet den heutigen Tag aussucht, um per E-Mail hallo zu sagen oder einen Witz weiterzuschicken. Und als Jess mir unter dem Betreff «Ist er nicht süß?» eine neckische Korrespondenz zwischen Michael und ihr weiterleitet, empfinde ich zum ersten Mal leisen Neid auf ihre Beziehung. Ich bin keineswegs verbittert, aber doch ein bisschen missgünstig. Das ist nicht fair , denke ich, und sofort ärgere ich mich über mich selbst, weil das einer der neurotischsten und kontraproduktivsten Gedanken ist, die eine Frau in einer Krise haben kann. Das Leben ist nicht fair , sage ich mir. Das weiß jeder, der älter ist als zehn. Und mein Herz zieht sich zusammen, als mir ein noch traurigerer, noch ernüchternderer Gedanke kommt: Du kannst niemandem die Schuld geben außer dir selbst .

Siebenundzwanzig
    Vier qualvolle Tage vergehen ohne eine Antwort von Ben. Ich lasse eine Vielzahl von deprimierenden Szenarien an mir vorüberziehen: Ben, so entspannt gleichgültig, dass er meine E-Mail in seiner In-Box versinken lässt und komplett vergisst, mir zu antworten. Ben, wie er verächtlich auf den Bildschirm blickt und meine Mail angewidert löscht. Ben, wie er meine Mail an Tucker weiterleitet und wie sie beide darüber kichern, wie verzweifelt ich klinge. Ich überlege, ob ich Annie anrufen und sie fragen soll, ob sie mit ihm gesprochen hat, ob sie irgendetwas über sein Leben weiß. Schließlich hat sie ihm die Einzelheiten meiner Beziehung zu Richard ziemlich freimütig mitgeteilt. Aber das ist ein Weg, den ich nicht gehen möchte. Ich will nicht Stille Post spielen. Außerdem vertraue ich nicht darauf, dass Annie meine Interessen im Auge hat. Ich bin ihre Freundin, aber sie ist auch Bens Freundin – und inzwischen hat sie sich vielleicht sogar schon mit Tucker angefreundet.
    Jess sieht es genauso. «Rede direkt mit ihm», sagt sie.
    «Aber wenn er mir nicht antwortet?»
    «Das wird er schon … Wahrscheinlich ist er nicht im Büro, sondern auf irgendeinem Projekt oder so was. Entweder das, oder er will dich schmoren lassen. Und wenn er dich schmoren lassen will, liegt ihm was an dir.»
    «Da hast du recht», sage ich, aber innerlich mache ich mich darauf gefasst, dass der Zug schlicht und einfach abgefahren ist. Dass ich vielleicht nie wieder mit Ben sprechen werde.
    Am Freitagnachmittag, nach einem ausgiebigen Lunch mit einem meiner Lieblingsagenten, hocke ich mich an den Schreibtisch, um ein paar unverlangt eingesandte Manuskripte zu lesen. Slush heißen sie im Jargon der Branche, und wie das klingt, so sind sie auch: Meist handelt es sich um schlampig geschriebenen, uninspirierten Schund. Ja, sie sind oft so grausig, dass die meisten Verlage und Lektoren sie gar nicht erst annehmen, weil es schade um die Zeit und um die begrenzten Kapazitäten des Lektorats ist. In den dreizehn Jahren meiner Slush- Lektüre habe ich nur ein einziges solches Manuskript in die Lektoratssitzung mitgenommen, und es wurde innerhalb von sechs Minuten abgeschossen.
    Ben hat mich mal gefragt, warum ich mir bei so geringen Aussichten überhaupt die Mühe mache. «Du kaufst keine Lotterielose, und du spielst nicht», sagte er. «Warum liest du dann Slush ?»
    Ich habe ihm erklärt, dass es nicht völlig rational ist. Zum Teil entstamme es einer

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