Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und trotzdem ist es Liebe

Und trotzdem ist es Liebe

Titel: Und trotzdem ist es Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
Vom Netzwerk:
sag die Wahrheit, Jess: Wie viele Ehepaare mit Kindern wirken richtig glücklich auf dich?» Ich denke an meine Schwester Maura, in deren Ehe die ersten Spannungen aufkamen, als ihre Erstgeborene, Zoe, auf die Welt gekommen war. Und die Beziehung verschlechterte sich weiter, als die beiden Söhne folgten. Ich bin nicht meine Schwester, und Ben ist nicht Scott. Aber es scheint nichts Ungewöhnliches zu sein, dass Beziehungen sich verändern, wenn Kinder da sind. Sie beanspruchen Zeit, Geld, Energie, Geduld. Die Beziehung steht nicht mehr an erster Stelle. Und wie man es auch nimmt, die Dynamik zwischen zwei Menschen nimmt neue Formen an. Formen, die manchmal anscheinend mehr mit Überleben zu tun haben als damit, das Leben wirklich zu genießen.
    «Ich weiß, was du meinst.» Jess macht ein betretenes Gesicht. «Trey sagt oft, seine Familie ist wie ein Mühlstein an seinem Hals.»
    «Charmant», sage ich. «Aber genau das, was ich meine.»
    «Ich glaube nicht, dass er seinen Sohn meint.» Jess geht in die Defensive. «Aber sie .»
    Jess gibt sich alle erdenkliche Mühe, den Namen von Treys Frau, Brenda, nicht auszusprechen. Ich glaube, dann hat sie weniger Gewissensbisse. «Aber ich glaube nicht», fährt sie fort, «dass er es so empfinden würde, wenn er mit der richtigen Frau verheiratet wäre … Und ich glaube nicht, dass du und Ben es irgendwann so empfinden würdet. Ich glaube, Kinder bringen Probleme an die Oberfläche. Aber ihr beide habt keine echten Probleme. Ihr würdet auch mit Kindern eine gute Ehe führen.»
    Ich weiß, dass es Jess vielleicht gegen den Strich gehen wird, aber das riskiere ich, und ich sage ihr, dass Treys Frau früher wahrscheinlich auch dachte, sie würde mit einem Kind eine gute Ehe führen. Wahrscheinlich dachte sogar Trey das. Jess schiebt protestierend das Kinn vor, aber ich rede weiter. «Und ich weiß genau, als Maura und Scott damals in Scotts Whirlpool und in allen vier Ecken seiner Junggesellenbude machtvoll zur Sache gingen, hätte Maura niemals geglaubt, dass er sie eines Tages betrügen würde. Dass alles so … deprimierend werden würde.»
    «Das sind die Ausnahmen», sagt Jess. «Die meisten glücklichen Ehepaare sind mit Kindern noch glücklicher.»
    «Das glaube ich nicht. Die unglücklichen scheinen mir eher die Regel zu sein … Und denk mal an Daphne.»
    «Daphnes Ehe scheint mir ganz solide zu sein», sagt Jess.
    «Ist sie auch», sage ich. «Aber ich glaube, im Moment sind sie und Tony so sehr davon besessen, ein Kind zu bekommen, dass dieses eine Problem sie völlig verschlingt. Sie sprechen von nichts anderem. Sie denken an nichts anderes. Sie werden … langweilig.»
    Jess lacht. «Waren sie nicht immer irgendwie langweilig?»
    Jess ist der einzige Mensch, der meine Familie kritisieren darf. Trotzdem kann ich nicht anders, ich muss Daphne verteidigen. «Langweilig auf eine sehr liebe Art», sage ich und denke daran, wie aufgeregt sie Dinge wie ihre Sammelalben pflegt. «Eigentlich würde ich sagen, sie ist einfach, aber nicht langweilig. Erfrischend einfach … aber in letzter Zeit sind sie und Tony nur noch verbissen. Nicht dass ich es ihnen zum Vorwurf mache …»
    Jess seufzt laut. «Na, wie dem auch sei. Fakt ist: Es gibt jede Menge glückliche Ehepaare mit Kindern.»
    «Kann sein», sage ich. «Aber ich bin nicht davon überzeugt, dass wir dazugehören werden. Und ich werde aus meinem Leben kein wissenschaftliches Experiment machen.»
    «Wie das mit den Mest-Mäusen?»
    «Wie das mit den Mest-Mäusen.»

    Ich bleibe bei Jess und kehre in vier Tagen nur einmal in meine Wohnung zurück, als ich weiß, dass Ben im Büro ist. Ich hole mein Handy und noch ein wenig Garderobe. Immer warte ich darauf, dass er mich anruft, aber er tut es nicht. Nicht ein einziges Mal. Vermutlich rechne ich auch nicht ernsthaft damit, aber jedes Mal, wenn ich meine Voicemail abhöre und die Meldung «Keine neuen Nachrichten» ertönt, bin ich wieder wie am Boden zerstört. Natürlich rufe ich ihn auch nicht an, und ich hoffe, es geht ihm genauso, wenn er vergebens seine Messages aufruft. Aber irgendetwas sagt mir, dass es nicht so ist, und diese Ahnung lässt meine Qualen exponentiell anwachsen. «Mit seinem Schmerz ist keiner gern allein» – dieser Satz trifft nirgends so sehr zu wie bei einer Trennung. Die Vorstellung, dass es dem andern prima geht, ist einfach unerträglich.
    Jess findet, ich bin paranoid – natürlich sei Ben genauso traurig wie ich –, aber ich

Weitere Kostenlose Bücher