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Und trotzdem ist es Liebe

Und trotzdem ist es Liebe

Titel: Und trotzdem ist es Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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werden würde. Vielleicht hatte ich Angst vor etwas, das ich nicht genau benennen konnte – nicht mal vor Ben, nicht mal vor mir selbst.
    Irgendwie glaube ich, wenn ich Ben sehe, werde ich die Antwort auf meine Fragen wissen. Vielleicht ist es aber auch nur ein Vorwand, ihn wiederzusehen. Eigentlich ist es auch egal. Nichts hat sich geändert. Ich will immer noch kein Baby, und Ben will immer noch eins.
    Trotzdem stehe ich jetzt hier auf dem Gehweg und schaue nachdenklich hinauf zum Küchenfenster im zweiten Stock, aus dem ich jeden Morgen und jeden Abend hinausgeschaut habe. Ich sehe Ben vor mir, unrasiert und barfuß, bei einem kleinen Nachmittagsimbiss. Ich sehe, wie er sich ein Glas Milch eingießt und die Ritz-Cracker auf dem Teller anordnet, bevor er jeden mit genau der richtigen Menge Erdnussbutter bestreicht. Ich sehe, wie er das Messer auf beiden Seiten ableckt und klappernd in die Spüle wirft. Ich sehe, wie er seine Cracker mit der Erdnussbutterseite nach unten isst und dabei auf dem Sofa sitzt und Golf guckt. Ich sehe all die kleinen, alltäglichen Dinge, die er immer getan hat, Dinge, die mir jetzt wie ferne Erinnerungen erscheinen.
    Nach einem tiefen Atemzug gehe ich die Stufen zur Haustür hinauf. Mein Herz rast, als ich die Augen schließe und auf den Klingelknopf über meinem alten Namen drücke. «Davenport, Apt. 8C». Ich warte auf das Rauschen und auf Bens Stimme, die sagt: «Hallo?» Aber es bleibt still. Ich sehe auf die Uhr. Viertel nach fünf. Vielleicht ist er beim Joggen. Ben läuft gern um diese Zeit durch den Park. Manchmal bin ich mit ihm gelaufen.
    Ich beschließe, ein paar Minuten totzuschlagen; ich werde in den kleinen Süßwarenladen um die Ecke gehen und mir ein Softeis kaufen. Ich gehe langsam und sehe mich in meiner alten Gegend um, und ich bemerke Dinge, die mir noch nie aufgefallen sind. Einen grünen Abfallkorb. Einen zickzackförmigen Riss im Gehweg. Einen Blumenkasten mit roten Geranien vor einem Fenster im ersten Stock. Als ich in den Süßwarenladen komme, lächelt mir der orientalische Verkäufer hinter der Theke entgegen und sagt hallo, als ob er mich kennt. Vielleicht kennt er mich ja. Vielleicht hat er bemerkt, dass Ben jetzt immer allein kommt.
    Lächelnd bestelle ich einmal Schoko-Vanille in der Waffel mit bunten Streuseln. Außerdem kaufe ich eine Flasche Evian und eine Packung Spearmint-Trident. Ich habe vier Cent zu wenig und hole meine Kreditkarte heraus, aber der Verkäufer sagt, keine Sorge, Sie kommen ja wieder. Beinahe sage ich ihm, dass ich nicht wiederkommen werde, aber dann bedanke ich mich nur. Ich nehme mein Eis in Empfang, gehe den Weg zurück und drücke wieder auf den Klingelknopf – nur für den Fall, dass Ben inzwischen nach Hause gekommen ist. Aber immer noch nichts.
    Ich setze mich auf die oberste Stufe und knabbere an der Vanilleseite meiner Eistüte. Ich weiß nicht, warum ich dauernd Schoko-Vanille bestelle, obwohl ich Vanille so viel lieber mag. Es kommt mir nur so vor, als sollte ich lieber Schokolade nehmen. Ich stelle auch fest, dass die bunten Streusel eine schlechte Idee waren. Sie sind gut auf einem Nachtisch, aber auf einer Eistüte sorgen sie für Schmiererei. Ich esse ein bisschen schneller, denn das Eis fängt an zu schmelzen. Ich nehme mir vor, nur noch so lange auf Ben zu warten, bis ich es aufgegessen habe. Wenn ich noch länger hier lauere, komme ich mir irgendwann vor wie ein Stalker. Und das Letzte, was ich jetzt brauche, ist das Gefühl, ein Stalker zu sein. Außerdem ist der Schwips jetzt komplett weg, und an seine Stelle tritt ein leiser Kopfschmerz von der Sorte, die ganz sicher schlimmer wird. Ich halte das Eis in der einen Hand, schraube mit der anderen die Evian-Flasche auf und trinke sie in einem Zug ungefähr halb leer. Allmählich erfasst mich Panik. Ich weiß nicht, was ich Ben sagen will. Ich weiß nicht, ob es überhaupt einen Sinn hat, dass ich hier bin.
    Eine einsame Taube kommt nickend auf mich zu. «Ratten mit Flügeln» nennt Ben sie. Ich lecke an der Schokoladenseite meiner Eistüte und überlege, ob ich wieder zur U-Bahn zurückgehen soll, als ich plötzlich Ben sehe. Er joggt eine Straße weiter an der Ampel auf der Stelle und wartet auf Grün, damit er die West End Avenue überqueren kann. Er trägt ockerfarbene Laufshorts, ein graues «Wake Forest»-Basketball-T-Shirt und seine geliebte «White Sox»-Baseballmütze. Ich spüre ein nervöses Flattern im Magen und gleich darauf ein wohliges Gefühl, weil

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