Und trotzdem ist es Liebe
und? Du weißt, dass Ben auch jemanden hat.»
Ich drehe den Opalring am Finger und seufze. «Aber ich will ihn nicht verletzen. Mir ist, als hätte ich es … absichtlich getan. Ich glaube nicht, dass er so etwas mit mir getan hätte.»
«Hör zu. Es ist ja nicht so, als hättest du ihn wegen Richard verlassen. Er hat dich verlassen. Er hat dich verlassen und hofft, dass er eine neue Frau kennenlernt, die er schwängern kann, um mit ihr eine Familie zu gründen. Das musst du dir immer wieder vor Augen führen.»
Ich nicke. Sie hat recht.
«Also Schluss mit den Schuldgefühlen. Okay?»
Ich nicke wieder, aber es ist leichter gesagt als getan. Und allmählich dämmert mir, dass meine Schuldgefühle nicht nur damit zu tun haben, dass ich mit einem Mann auf eine Party gegangen bin.
Achtzehn
Jess’ Periode ist seit drei Tagen überfällig, und sie pendelt zwischen Panik und Jubel hin und her. Ich kenne ihre Schwangerschafts-«Panik» zur Genüge. Wahrscheinlich hat sie sie schon hundertmal gehabt, seit wir uns kennen. Tatsächlich ging es bereits bei einem unserer ersten Gespräche auf dem College darum. Es war im ersten Studienjahr; sie kam aus der Toilette, stieß die Faust in die Luft und verkündete: «Ich habe meine Tage!» Ich lachte und gratulierte ihr – sehr beeindruckt von einem Mädchen, dass derart offen mit einer beinahe Fremden darüber redete.
Seit jenem Zwischenfall in Princeton hat Jess die meiste Zeit die Pille genommen, aber sie vergisst sie regelmäßig. Immer wieder starrt sie auf ihre Pillenschachtel und schreit: «Scheiße! Was haben wir heute? Mittwoch?» Über der letzten Pille, die durch die Folie gedrückt wurde, steht «Sonntag». Und dann schluckt sie üblicherweise gleich drei auf einmal. Ich sage ihr immer wieder das Gleiche: Nimm das Ding jeden Tag zur selben Zeit. Leg sie neben deine Zahnbürste. Kleb dir einen Zettel an den Spiegel .
Aber das tut sie nicht. Oder will sie nicht. Stattdessen schleppt sie die Pillen in ihrer Handtasche mit sich herum und vergisst, sie umzuräumen, wenn sie eine andere Tasche nimmt. Manchmal vergisst sie auch, das Rezept einzulösen. Oder es kommt vor, dass sie, wie sie es nennt, ihrem Körper «eine Pause gönnt».
Ich glaube, unbewusst – oder vielleicht sogar bewusst – genießt Jess die Dramatik. Anders ist nicht zu erklären, warum eine so intelligente Frau sich so planlos benehmen kann. Offenbar blüht sie auf, wenn sie sich darüber unterhalten kann, was sie tut (was wir tun), wenn sie diesmal wirklich schwanger ist. Wird sie das Kind behalten? Lässt sie es abtreiben? Wird sie es zur Welt bringen und zur Adoption freigeben? Die Antworten wechseln mit dem Mann, mit dem sie zusammen ist, mit ihrer Lebenssituation, mit dem Wind.
Aber ich muss gestehen, diesmal sieht es anders aus. Diesmal will sie das Baby wirklich haben. Vielleicht will sie aber auch nur Trey haben. Um den heißen Brei eines umfassenden Geständnisses schleicht sie immer noch herum, aber alle Fakten deuten darauf hin, dass Jess es darauf angelegt hat, schwanger zu werden. Anscheinend hat sie «vergessen», Trey zu sagen, dass sie ihr Rezept nicht abgeholt hat. Und sie ist «ziemlich sicher», dass sie am fünfzehnten Tag ihres Neunundzwanzig-Tage-Zyklus mit ihm geschlafen hat.
Ich merke ihr an, dass sie glaubt, Trey wird sich für sie entscheiden, wenn sie von ihm schwanger ist. Ich dagegen bin absolut sicher, dass Trey nichts dergleichen tun wird. Er wird seine Frau nicht verlassen. Er wird seiner Frau nicht mal etwas sagen . Mehr noch – bei ihrem Glück (obwohl man kaum von «Glück» sprechen kann, wenn jemand dermaßen selbstzerstörerisch ist) würde sich herausstellen, dass Treys Frau ebenfalls schwanger ist. Ich kann mir gut vorstellen, dass die beiden Kinder im selben Monat zur Welt kommen. Vielleicht sogar am selben Tag. Sie werden an verschiedenen Küsten aufwachsen und nichts voneinander wissen. Zumindest wird Treys ehelicher Sohn nichts von der unehelichen Tochter seines Vaters erfahren. Jess wird ihrer Tochter wahrscheinlich die Wahrheit über alles sagen, sobald sie das entsprechende Alter erreicht hat (welches Alter das ist, darüber werden wir jahrelang debattieren). Schließlich werden die beiden Sprösslinge auf demselben College landen und sich im Grundseminar kennenlernen. Er wird sich in sie verlieben, und dann wird sie gezwungen sein, ihm die Wahrheit zu sagen.
Nichts von alldem würde mich überraschen. Bei Jess kann mich nichts mehr
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