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Und verfluche ihre Sünden

Und verfluche ihre Sünden

Titel: Und verfluche ihre Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Spencer-Fleming Julia
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Macken zu entwickeln.«
    »Huch«, sagte seine Mutter, aber sie ließ ihn in Ruhe, während der Highway sich zwischen dichtstehenden Bäumen hindurchwand und -schlängelte, die die Berge westlich von Millers Kill säumten. Schließlich machte der Wald einem weiten Tal Platz, in das sich die Straße wie ein rascher Strom erstreckte, die sanften Hügel hinauf und hinunter, von einer Milchfarm zur nächsten.
    Sie näherten sich gerade Janets und Mikes langer Zufahrt, als seine Mutter sagte: »Fahr weiter. Wir treffen sie bei den Nachbarn.«
    Russ nahm den Fuß vom Gas. »Mom. Das ist doch keine Falle, oder?«
    Sie wirkte – nein, nicht schuldbewusst, sie wirkte seines Wissens nie schuldbewusst – wie ein Kind, das man mit der Hand in der Keksdose erwischt. »Ich sage gar nichts. Es soll eine Überraschung sein.«
    »Hör mal, Mom, falls sie da drin versuchen, mich mit einer süßen kleinen Witwe oder einer Geschiedenen zu verkuppeln, drehe ich sofort um und fahre nach Hause.«
    Seine Mutter seufzte gereizt. »So eine Überraschung ist das nicht. Ehrlich, Russell, es geht nicht ständig nur um dich.«
    Darauf gab es keine gute Antwort. Er murmelte irgendetwas, das sowohl eine Entschuldigung als auch Widerspruch sein konnte, und gab wieder Gas.
    Das Haus der Nachbarn war ein hübscher Bungalow, vermutlich in den Zwanzigern als Fertighaus bei Sears Roebuck bestellt. Er schlug das Lenkrad ein, um auf die kurze Zufahrt abzubiegen. »Nein, nicht hier.« Seine Mutter zeigte zur Seite. »Auf der anderen Straßenseite.«
    »Die Stallungen?« Wie bei vielen der neueren Farmen in diesem Teil der Welt – neu bedeutete nur ein Jahrhundert alt statt zwei Jahrhunderte – standen Scheune und Stallungen jenseits des zweispurigen Highways und nicht direkt am Wohnhaus, was den Einwohnern buchstäblich mehr Luft zum Atmen verschaffte. Zwischen Hauptgebäude, Doppelsilos und Kuhställen, die sich bis zu den Weiden erstreckten, nahm die Scheune vier oder fünf Mal so viel Raum ein wie das Wohnhaus.
    »Fahr einfach in die Zufahrt.«
    Russ gehorchte und parkte den Pick-up auf dem am wenigsten schlammigen Abschnitt des kurzen, breiten Weges, der zu einem treckerhohen Doppeltor führte. »Was soll das alles, Mom?«, fragte er.
    Seine Mutter ignorierte ihn, rutschte aus dem Pick-up und stapfte zum Tor. Er sprang heraus und lief hinter ihr her. »Machst du das bitte mal auf?«, sagte sie.
    Die Vision eines im Innern wartenden Rudels Gratulanten und an Balken gebundener Ballons blitzte in seinem Kopf auf. Doch es gab keinen Anlass für eine Überraschungsparty, oder? Sein Geburtstag war vor fünf Monaten gewesen. Und der Jahrestag seines Eintritts in den Polizeidienst von Millers Kill stand auch nicht an.
    »Verdammt noch eins, Russell. Willst du wirklich, dass eine arme alte Dame das selbst aufzieht?«
    Er schnaubte. Margy Van Alstyne war in etwa so schwach und kraftlos wie eine Dampfwalze. Doch in der einbrechenden Dunkelheit und Kälte draußen stehen zu bleiben war auch keine Lösung. Er packte einen der gebogenen Griffe und rollte das Tor auf.
    Der vertraute Farmgeruch nach Maschinenöl, Heu und Mist begrüßte sie, sonst nichts. Seine Mutter marschierte hinein, wobei das kalte Licht der an der drei Stockwerke hohen Decke hängenden Neonlampen sie bleich wirken ließ. »Puh.« Sie stemmte die Hände in die Hüften. »Sie müssen drin bei den Kühen sein.« Sie schlängelte sich zwischen einem Traktor und einem Mähdrescher hindurch und verschwand durch eine kleine Tür unter dem Heuboden.
    »Wer? Mom, was ist hier eigentlich los?« Er schloss das Tor und folgte ihr, wobei er einem Förderband auswich, das von einem Heuwagen zum darüberliegenden Boden führte. In den Schatten über seinem Kopf konnte Russ ein paar verstreute Heuballen erkennen, gerade genug, um die fünf oder sechs Wochen zu überbrücken, bis das junge Gras im Frühling wuchs. Er zog den Kopf ein und betrat den Kuhstall.
    Er war lang und niedrig und hell und modern und verursachte ihm Herzrasen. Er ertappte sich dabei, nach links und rechts zu spähen, an den Reihen der sauberen Boxen entlang, die sich endlos erstreckten, ein seidiger schwarzweißer Rücken neben dem anderen, auf der Suche nach einem Ausgang.
    Er holte tief Luft, um sich zu beruhigen, aber der Geruch von warmen Kühen und feuchtem Stroh kratzte in seiner Kehle, als wollte er ihn ersticken.
    »Da seid ihr ja!« Die fröhliche Stimme seiner Schwester brachte ihn zu sich. Janet und Mike standen winkend auf

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