Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und verfluche ihre Sünden

Und verfluche ihre Sünden

Titel: Und verfluche ihre Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
Vom Netzwerk:
bloß finden?
    Er ließ sich von ihr zu der Stelle ziehen, wo die alte Steppdecke ausgebreitet auf dem Heu lag. Er setzte sich und ließ sich nach hinten fallen, war die Furcht leid, das Misstrauen, die Wut, war den patron leid, der auf ihn baute, die Männer, die zu ihm aufsahen, und die Bürde, die starre, unveränderliche Bürde der Verantwortung für seinen Bruder in diesem Land, für seine Familie in der Heimat.
    Isobel hockte sich neben ihn, anscheinend unsicher, wie erwünscht sie war. Er breitete seine Arme aus, und einen Moment später lag sie an ihn gekuschelt neben ihm. Ihre Hand ruhte auf seiner Brust. Er ließ seine Hand durch ihre Haare gleiten. Er sprach über seine Eltern. Über das Haus seiner Familie. Über seine Angst, dass er der Grund für Octavios Verschwinden war. Er öffnete den Mund, ließ alle traurigen, verrückten, schlimmen Dinge in seinem Kopf hinaus, benannte sie und ließ sie – wie Schwalben in die Nester über ihren Köpfen – in die Schatten fliegen. Schließlich blickte er sie an, sah in ihre ernsten, geduldigen Augen und gestand seine närrischen Gefühle.
    Sie lag neben ihm und streichelte seine Brust, bis sein Wortstrom verebbte.
    »Amado.« Ihre Lippen waren ein wenig spröde. Er fragte sich, wie sie sich anfühlen mochten. »Te amo.«
    Er hob den Blick und sah ihr in die Augen. »Isobel?« Das hatte er sie nicht gelehrt. Weißt du, was das bedeutet?
    Sie setzte sich auf. Begann, ihre Bluse aufzuknöpfen. Ihre Finger zitterten, aber sie wandte den Blick nicht von ihm ab. Er rührte sich nicht, voller Angst, eine Bewegung könnte sie erschrecken. Sie glauben machen, er wolle sie nicht.
    Die Bluse glitt herunter. Sie hakte ihren BH auf. Ihre Haut schimmerte im dämmrigen Licht des Heubodens. Sie nahm seine Hand, legte sie auf ihre Brust.
    Mittlerweile zitterte er. Es war verrückt. Er kannte diese Frau nicht. Wenn sie ihn zu Hause vorstellte, würden ihre Brüder ihn umbringen. Wenn er sie zu Hause vorstellte, würde seine Mutter weinen. Sie sprachen nicht einmal dieselbe Sprache. Wie konnte er eine Frau lieben, die ihn nicht verstehen würde, wenn er ihr einen Antrag machte?
    »Te amo«, wiederholte sie ängstlich, aber entschlossen. »¿Tu?«
    Er hätte ihrer nackten Haut widerstehen können, doch ihr nacktes Vertrauen brachte ihn zu Fall. Er gab auf, zog sie an sich, legte sie auf die Decke und strich ihr das Haar aus dem Gesicht, während er flüsterte: » Querida, mi Isobel, mi corazón. Ja. Ich liebe dich auch.«
    IV
    »Zehntausend Dollar«, sagte der Chief. Er stopfte das letzte Bündel in eine Beweismitteltüte und versiegelte sie. Dann setzte er Unterschrift und Datum auf die Klappe.
    »Sieht aus, als bekäme er wesentlich mehr Kohle fürs Putzen als ich«, bemerkte Granddad.
    Hadley warf dem alten Mann einen warnenden Blick zu. Als Clare die neueste Entwicklung im Fall Esfuentes meldete, hatte Hadley gerade beim Chief im Wagen gesessen. Sie war sehr überrascht gewesen, als sie erfuhr, dass ihr Großvater wieder zur Arbeit in St. Alban’s erschienen war. Mit den Kindern.
    Sie sah flüchtig zur anderen Seite der Kücheninsel, wo Genny und Hudson auf hohen Hockern saßen und sich durch Sandwiches aßen, als hätten sie seit gestern hungern müssen. Hatte Granddad vergessen, ihnen Frühstück zu machen? Sie beobachtete ihn, als er zum Kühlschrank ging. Wenn er vergesslich wurde, wenn er nicht mehr auf die Kinder aufpassen konnte, war sie wirklich und wahrhaftig in den Arsch gekniffen.
    Der Chief blickte über die Kücheninsel hinweg zu Reverend Clare, die an der Spüle lehnte. »Du weißt, was das bedeutet, oder?«
    Sie senkte den Blick auf die Arbeitsfläche. Nickte. »Er wäre niemals freiwillig ohne das Geld verschwunden.«
    »Ich weiß.« Sie zupfte an ihrer schwarzen Bluse herum, die aus unerfindlichen Gründen feucht und voller Fettflecken war. »Glaubst du, wer immer ihn … entführt hat … war hinter dem Geld her?« Endlich hob sie den Kopf und sah ihn direkt an.
    »Falls es so war, hat er nicht verraten, wo es ist. Seit du die Alarmanlage am Sonntag eingeschaltet hast, ist nichts passiert.«
    »Dann lebt er vielleicht noch.«
    »Vielleicht.« Sein Versuch, hoffnungsvoll zu klingen, scheiterte. Was auch immer Esfuentes zugestoßen war, Hadley begriff einfach nicht, warum sein Kidnapper nicht nach dem Geld gesucht hatte. Falls der Täter hinter dem Geld her gewesen wäre, hätte er den Jungen von Anfang an unter Druck gesetzt. Und falls er das war, was

Weitere Kostenlose Bücher