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Und verfluche ihre Sünden

Und verfluche ihre Sünden

Titel: Und verfluche ihre Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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Nachdem Hadley ihm nach der ersten Befragung befohlen hatte, die Arbeiter nicht so einzuschüchtern, indem er sie überragte wie die verdammte Freiheitsstatue, stellte Kevin fest, dass alle wesentlich entspannter waren, wenn er sich so unauffällig wie möglich verhielt. Er kauerte sich auf die Fersen wie bei einem Kriegsrat im Pfadfinderlager. Hadley, die sich die ersten Male benommen hatte, als hielte sie eine mündliche Prüfung ab, hatte ihr Verhaltensmuster ebenfalls geändert, indem sie – nach dem gelegentlichen Gelächter zu schließen – hin und wieder einen Witz einstreute.
    Kevin fand, dass sie mittlerweile einen recht guten Kontakt zu den Wanderarbeitern herstellten, aber dennoch erreichten sie nichts, bis sie Jack Montgomerys Farm aufsuchten.
    Es war schon nach sechzehn Uhr, als sie in den Hof abbogen und dabei ein Rudel kleiner Jungs aufscheuchten, die sich als die Söhne Montgomerys und deren Freunde herausstellten. Zunächst herrschte ein wenig Verwirrung wegen der Frage, warum Hadley dabei war, deren älteres Kind dieselbe Klasse wie der mittlere Montgomery-Junge besuchte. Dann erkannte die Babysitterin Christy MacAlister Kevin, der im letzten Winter den Unfall ihres Freundes aufgenommen hatte, und musste ihm das Neueste von ihrem Freund – in Übersee stationiert – und dem Auto – Totalschaden, bereits ersetzt – berichten.
    Zum Glück war Melkzeit. Montgomerys festangestellte Vollzeitkräfte befanden sich im Melkkarussell, das trotz des altmodischen Namens über den gleichen rostfreien Stahl und die gleichen sterilisierten Schläuche verfügte wie bei den anderen Farmen. Zuvor, bei den Hoffmans, hatte Hadley bemerkt: »Hier gibt’s nur Gummi und Fesseln. Ich wette, nach Feierabend ist das ein beliebter Fetischistentreff.« Er war so rot angelaufen wie die Äpfel auf den Obstwiesen, aber jetzt musste er andauernd daran denken.
    Sie hatten die Männer in der Sattelkammer versammelt. Da der Betonboden mit nicht identifizierbaren braunen Flecken übersät war, hatte Kevin einem Zwanzig-Liter-Eimer mit antibiotischem Futterzusatz als Sitzplatz den Vorzug vor seiner kauernden Haltung gegeben. Hadley hockte auf einem anderen Eimer, zeigte ihnen das Foto und fragte – nahm er an –, ob einer von ihnen diesen John Doe schon einmal gesehen hatte.
    Die drei Männer – kleine Mayas mit breiten Gesichtern, Armen, die lang genug waren, um ein Kalb aus dem Mutterleib zu ziehen, und dünnen, krummen Beinen – schüttelten die Köpfe. Nebeneinander auf den grünen Gartenstühlen wirkten sie wie Statuen aus Teak, die man für den Winter in die Scheune gestellt hatte.
    Hadley stellte lächelnd und in vertrauenerweckendem Tonfall eine weitere Frage.
    Die Männer wechselten Blicke. Kevin, der gerade das Stroh und den Mist inspizierte, die an seinen Turnschuhen klebten, setzte sich aufrecht hin. Zum ersten Mal erfolgte keine spontane Verneinung. »Hadley«, sagte er in ruhigem, harmlosem Ton. »Erinnere sie daran, dass wir nur wegen Informationen hier sind.«
    Sie sagte etwas auf Spanisch und versuchte weiterhin, gelassen zu klingen. Einer der Männer sagte etwas zu einem der anderen. Der Dritte nickte und äußerte etwas, das sowohl eine Aufforderung als ein Befehl sein konnte. Der Mann in der Mitte schwieg, als würde er darüber nachdenken, was die anderen beiden zu ihm gesagt hatten. Schließlich sagte er etwas zu Hadley. Einen kurzen Satz.
    »¿Qué?« Sie war offensichtlich überrascht.
    »Was ist los?«, fragte Kevin.
    Sie drehte sich nicht zu ihm um. »Er sagt, auf ihn wurde geschossen.«
    Er hielt den Mund, während sie dem Mann eine weitere Frage stellte. Eine Antwort erhielt. Noch etwas fragte. Woraufhin eine noch längere, detailliertere Antwort folgte, während die anderen beiden die ganze Zeit nickten. Kevin zwang sich zu Geduld, um den Fluss der Befragung nicht zu unterbrechen. Nach zehnminütigem Hin und Her sagte Hadley »Gracias«, und alle außer Kevin standen auf.
    Die drei Männer gingen. Kevin sprang auf, sobald der letzte im Melkkarussell verschwunden war. »Was?«, fragte er. »Was?«
    Hadley rieb sich über den Mund, den Blick noch immer auf die Gartenstühle geheftet. »Wir müssen uns den Lieferwagen von Mr. Montgomery ansehen. Der Mann in der Mitte, Feliz, sagte, er wäre gerade zur Genossenschaft gefahren, um Futter zu holen, als jemand auf ihn geschossen hätte. Hinten in der Ladeklappe ist ein Einschussloch.«
    »Wann?«
    »Im April.«
    Ja! Mit zwei langen Sätzen

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