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Und vergib uns unsere Schuld - Und vergib uns unsere Schuld

Titel: Und vergib uns unsere Schuld - Und vergib uns unsere Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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es ?«, fragte Gallo. »Dein Erfinder ?«
    »Ja.« Der Commissaris sah zu, wie der Junge aus dem Wasser gehoben und auf der Kaimauer abgelegt wurde. »Aber inzwischen bin ich nicht mehr sicher, ob es sich um einen Erfinder handelt. Jedenfalls nicht um einen Erfinder im klassischen Sinn. Es kann sein, dass der Täter gar nicht weiß, dass er etwas erfunden hat. Oder dass es für uns nur wie eine Erfindung aussieht, aber woanders gab es das schon immer.«
    Jetzt, wo die Leiche geborgen war, wirkte sie wie ein Magnet. Alle, die an der Kanalmauer gestanden und zugesehen hatten, wie sie aus dem Wasser geholt worden war, drängten sich nun um die Trage, die Fotografen der Spurensicherung, die Sanitäter. Der Arzt beugte sich über den dünnen Körper mit den merkwürdig verkrümmt daliegenden Beinen.
    Auch der Commissaris und seine Offiziere näherten sich dem toten Jungen. »Ist er das ?«, fragte Gallo. »Ist das Deniz Aylan ?« »Wer soll es sonst sein ?«, fragte Vreeling.
    »Wenn er es nicht ist, haben wir die Pest in Amsterdam«, sagte Van Leeuwen. In dem Licht, das keine Schatten warf, ging von dem Anblick des kahlen Schädels mit dem fehlenden Unterkiefer nurein abstrakter Schrecken aus; Knorpel, Zähne und Höhlen wirkten künstlich. »Wie lange ist er schon tot ?«
    »Hat er noch gelebt, als er in den Kanal geworfen wurde ?«, fragte Gallo.
    Der Arzt drehte den Schädel vorsichtig hin und her, fuhr mit tastenden Fingern über die Schläfen, die Stirn und den Hinterkopf, spähte in die klaffende Gaumenhöhle.
    »Ich muss mich korrigieren«, sagte er. »Sie hatten Recht, Commissaris. So etwas tut nicht jeder, nicht mal in Amsterdam.« Er richtete sich wieder auf und schluckte mehrmals. »Aber wer tut so etwas?«
    Gallo sagte: »Die gebrochenen Beine ... Könnte es sein, dass er versucht hat, sich –«
    »Warten Sie, bis ich ihn auf dem Tisch habe«, sagte der Arzt. »Dann kann ich Ihnen sagen, wie lange er tot ist, ob er Wasser in den Lungen hat, wann seine Beine gebrochen worden sind und was er vielleicht noch versucht haben könnte und was wahrscheinlich nicht. Vorausgesetzt, der Commissaris besteht nicht wieder darauf, dass der Chef persönlich die Obduktion durchführt.«
    »Der Commissaris ist nicht mehr in der Lage, auf irgendetwas zu bestehen«, sagte der Commissaris, dann nahm er seinen Hoofdinspecteur zur Seite. »Da fällt mir noch was ein, Ton. Erinnerst du dich an den Arzt, der bei dir angerufen hat, um sich nach dem Toten im Vondelpark zu erkundigen ? Doktor Pieters ?«
    »Ja.«
    »Sieh mal nach, ob der Computer irgendetwas über ihn weiß. Ohne es an die große Glocke zu hängen.«
    »Glaubst du, er hat was mit den Morden zu tun ?«
    »Nein, nein, nicht direkt jedenfalls. Bis jetzt ist es nur ein Verdacht.«
    »Ein Verdacht gegen wen ?«, fragte der Hoofdcommissaris, der sich von hinten genähert hatte, rasierklingendünn und mit seiner metallischen Aura in dem quecksilbrigen Licht so befremdlich schimmernd und blinkend wie ein eben gelandeter Außerirdischer. Er trug seine Ausgehuniform mit allen Litzen und Borten und einenzusammengeschobenen Knirps, den er jederzeit aufspannen konnte, sollte es überraschend zu regnen beginnen. Er griff nach Van Leeuwens Ellbogen und fragte leise: »Hast du dich entschlossen, deine Frau doch ins Heim zu geben, Bruno ?«
    »Nein.«
    »Ich dachte, ich hätte mich klar ausgedrückt.« Der Hoofdcommissaris ließ Van Leeuwens Ellbogen los, wandte sich Gallo zu und bedachte ihn mit einem Stirnrunzeln. »Hast du den Commissaris informiert?«
    »Ich habe den Polizeifunk gehört«, sagte Van Leeuwen. »Und wer hat dich informiert ?«
    »Mich braucht niemand zu informieren«, sagte der Hoofdcommissaris schmallippig. »Wo ist denn Mijnheer DeGruyter – ich meine, der Zeuge, der den Toten gefunden hat ?«
    »Mijnheer DeGruyter bringt seine Frau nach Hause«, erklärte Gallo. »Aber wie’s aussieht, lässt er sich durch seine apokalyptischen Reiter vertreten.«
    Vor der Absperrung hielten zwei Wagen mit der Aufschrift Goedemorgen Nederland auf den Türen. Vier Männer mit Kameras und Tonbandgeräten sprangen heraus und schoben die Sägeböcke beiseite. Als ein uniformierter Agent sich ihnen in den Weg stellte, wedelten sie mit den eingeschweißten Presseausweisen, die sie an dünnen Lederkordeln um den Hals trugen. Einer der Reporter erspähte Van Leeuwen. »Commissaris !«, rief er. »Mijnheer van Leeuwen ! Nur ein paar Fragen ! Können Sie uns schon etwas sagen ? Gibt es

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