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Und vergib uns unsere Schuld - Und vergib uns unsere Schuld

Titel: Und vergib uns unsere Schuld - Und vergib uns unsere Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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reden konnte.

 17 
    »Es war meine Schuld«, sagte der Commissaris. »Meine Anweisungen waren nicht klar genug.«
    Der Hoofdcommissaris stand am Fenster und sah auf die Platane und den hölzernen Fischreiher im Innenhof hinaus. Nur sein Rücken, der noch schmaler war als sonst, verriet seinen Zorn.
    »Weißt du überhaupt noch, in welcher Stadt wir leben ?«, fragte er. »Hast du irgendeine Verbindung zum Rest der Welt, Bruno ?! Du bist verschollen, verirrt im Van-Leeuwen-Land, und zu dem haben wir anderen keinen Zutritt. Nicht Betreten auf eigene Gefahr oder Betreten verboten , nein, Betreten unmöglich ! Manchmal denke ich, du bist wie deine Frau, du hast einfach vergessen, dass es um dich herum noch eine andere Welt gibt. Du schreibst keine Berichte. Du entwendest Beweismittel aus der Asservatenkammer. Du wandelst selbstherrlich durch die Straßen unserer Stadt, die immer noch Amsterdam heißt und nicht Van Leeuwendam, und statt den Gesetzen zu dienen, die für uns alle verbindlich sind, handelst du nach eigenem Gutdünken. Bisher habe ich ein Auge zugedrückt, aber damit ist jetzt Schluss ! Mit der verpatzten Festnahme unseres Hauptverdächtigen gestern Abend hast du die Arbeit von einer ganzen Woche zunichtegemacht, und was noch schlimmer ist: Jetzt weiß der Verdächtige, dass wir ihm auf der Spur sind.«
    »Er ist mehr als nur ein Verdächtiger«, sagte Van Leeuwen. »Er ist der Mörder.«
    »Umso schlimmer, dass er dir entkommen ist. Aber selbst wenn es, wie Hoofdinspecteur Gallo steif und fest behauptet, nicht deine Schuld war, trägst du trotzdem die Verantwortung für die Aktion.« Der Hoofdcommissaris drehte sich noch immer nicht um. »Oder siehst du das anders ?«
    »Nein«, sagte Van Leeuwen.
    »Wie du dich erinnern wirst, habe ich dir schon bei unserem letzten Gespräch gesagt, dass ich durchaus Verständnis für deine private Situation habe«, fuhr der Hoofdcommissaris fort. »Ich respektiere deine Entscheidung, deine Frau zu Hause zu behalten, statt sie in ein Heim zu geben, ich bewundere diese Entscheidung sogar bis zu einem gewissen Punkt. Aber wenn die Sorge um Simone dazu führt, dass du deinen Aufgaben nicht mehr gewachsen bist, muss ich die Konsequenzen ziehen.«
    »Meine Frau hat mit der missglückten Festnahme nichts zu tun«, sagte Van Leeuwen.
    »Sie ist dir weggelaufen, gestern Abend auf dem Markt an derNoorderkerk, drei Stunden vor der Operation im Blue Note «, sagte der Hoofdcommissaris. »Sie ist verloren gegangen, und man hat mir berichtet, wie verstört du warst, selbst danach noch, als du sie längst wiedergefunden hattest.«
    »Das ist nicht zum ersten Mal passiert«, sagte Van Leeuwen, »und meine Arbeit hat noch nie darunter gelitten.«
    »Vielleicht bis jetzt noch nicht, aber der Tag wird kommen, und dafür bin ich da, um das vorauszusehen und zu verhindern.« Der Hoofdcommissaris wandte sich vom Fenster ab, ohne sich ganz umzudrehen. »Ich will, dass du dich entscheidest, und zwar sofort: entweder die Mordkommission oder deine Frau. Im Klartext: Solange Simone bei dir lebt, ziehe ich dich von diesem Fall ab, und du kriegst auch keinen anderen, sondern du machst Innendienst bei der –«
    »Wer hat dir erlaubt, meine Frau beim Vornamen zu nennen, Jaap?!«
    Jetzt erst wandte der Hoofdcommissaris Van Leeuwen das Gesicht zu. Er seufzte und deutete auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch. »Setz dich doch endlich, bitte !«
    »Ich dachte, wir wären fertig«, sagte Van Leeuwen und blieb stehen.
    »Du denkst, ich habe keine Ahnung, wie es in dir aussieht, oder ?« Der Hoofdcommissaris setzte sich hinter seinen Schreibtisch. »Ich weiß, wie du mich nennst. Den Ayatollah. Die Taliban – mich und die anderen, die sich nicht wie du von ganz unten hochgedient haben. Aber was weißt du über mich ? Weißt du, wie ich lebe, ob ich verheiratet bin ? Weißt du, dass ich einen Bruder habe ? Er ist älter als ich, zwei Jahre. Er war Apotheker, in Rotterdam, ein friedlicher, freundlicher Mann, der mich praktisch großgezogen hat, nachdem unser Vater bei einem Unfall auf einer Bohrinsel in der Nordsee ums Leben gekommen war. An meine Mutter habe ich keine Erinnerung, sie ist irgendwann auf und davon, war vor meiner Zeit, sozusagen. Aber zurück zu meinem Bruder, dem Apotheker, der bei einem Überfall auf seine Apotheke von Junkies zum Krüppel geschossen wurde. Querschnittsgelähmt, von heute auf morgen.«
    Der Hoofdcommissaris fing an, eine Büroklammer auseinanderzubiegen, die er aus einer

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