...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land
geklappt?«
»Nein. Wir entdeckten zu spät, daß in diesem Haus nicht der Innenminister wohnt, sondern ein Innenarchitekt, der einige Monate zuvor gestorben war. Wer kennt sich schon in einem kolumbianischen Telefonbuch aus.«
»Wie wurde der Verlust gebucht?«
»Unter dem Kennwort >Höhere Gewalt<. Unsere Gesellschaft arbeitet mit einer sogenannten Mono-BalanceBuchhaltung. Auf der einen Seite werden die Ausgaben verbucht, und für die Einnahmen haben wir einen Stempel >Keine Sorge!<. Das System hat sich sehr bewährt.«
»Bleibt immer noch zu klären, wen oder was Sie für Ihr Defizit verantwortlich machen.«
»Das Schicksal. Es hat viele unserer Pläne vereitelt. Vielleicht nicht mit Absicht, aber doch. Ich denke da etwa an die Auffüllung der nicaraguanischen Küste.«
»Was war das?«
»Ein hochinteressantes Projekt. Wir hatten uns mit der Regierung von Nicaragua auf 60 Millionen Cordobas geeinigt, zu einem Wechselkurs von l Cordoba = l Israelisches Pfund. Im letzten Augenblick wurde die lokale Währung abgewertet und sank auf 10 Cordoba = l Israelisches Pfund.«
»Warum haben Sie keine Abwertungsklausel in Ihrem Vertrag gehabt?«
»Das war die Bedingung der nicaraguanischen Regierung. Sonst hätten wir den Auftrag für dieses Projekt nicht bekommen.«
»Bitte sagen Sie nicht immer >Projekt<, Herr Schultheiß. Der Ausdruck macht uns nervös.«
»Wie Sie wünschen. Es ist jedenfalls eine sehr komplizierte Angelegenheit.«
»Wurden Sie von der Regierung nie über Ihre Verluste befragt?«
»Ununterbrochen. Mindestens einmal im Monat erkundigte sich das Wirtschaftsministerium nach dem Stand der Dinge, und meine Antwort lautete immer: >Klopfen Sie auf Holz.< Ich habe diesen Vorschlag auch mehrmals schriftlich gemacht.«
»Aber auf die Dauer muß es doch zwischen den Regierungsbehörden und Ihnen zu Reibereien gekommen sein?«
»Und ob. Als wir den Dalai Lama bestachen, um an der tibetischen Agrarreform beteiligt zu werden, luden wir ihn zum Mittagessen ein, und das Finanzministerium weigerte sich, die Rechnung zu übernehmen. Sie bewilligten uns nur acht Pfund, und auch das nur unter der Voraussetzung, daß das Restaurant nicht weiter als acht Kilometer vom Palast des Dalai Lama entfernt wäre. Es kam zu einer stür-mischen Auseinandersetzung. Schließlich appellierten wir an den Obersten Gerichtshof und erreichten eine Vergütung in Höhe von 9.50 Pfund. Ich frage Sie, meine Herren, wie soll man unter solchen Umständen effektiv arbeiten.«
»Das ist in der Tat nicht ganz leicht.«
»Noch dazu bekommen wir weder Spesengelder noch Diäten. Was bleibt uns übrig, als Darlehen aufzunehmen? Allein die Zinsen für diese Darlehen betragen eine Viertelmillion Pfund in der Woche. Seit Beginn dieses Gesprächs haben wir bereits 20000 Pfund verplaudert. Ich beantrage Schluß der Debatte.«
»Noch eine Frage, Herr Schultheiß. Wer bezahlt das alles?«
»Ich, meine Herren. Ich und die anderen Bürger unseres Landes. Ich komme meinen Bürgerpflichten nach. Ich zahle meine Steuern, um das Finanzamt mit dem Geld zu versorgen, das zur Deckung der uns zugestandenen Garantien benötigt wird.«
»Wer, Herr Schultheiß, hat Ihrer Gesellschaft diese Garantien zugestanden?«
»Sie.«
»Wir?«
»Jawohl, Sie. Der parlamentarische Finanzausschuß.«
»Es ist spät geworden, finden Sie nicht?«
»Allerdings.«
»Das Ganze ist wirklich eine sehr komplizierte Angelegenheit.«
»Ganz meine Meinung, Herr Vorsitzender.«
»Wir danken Ihnen für Ihre Mühe, Herr Schultheiß. Nach den Wahlen reden wir weiter.«
»Sehr gerne.«
David im Wunderland
Wenn der Finanzminister irgendeines anderen Landes in einer Kabinettssitzung verkündet: »Meine Herren, nur ein Wunder kann uns retten«, so bedeutet das, daß die betreffende Regierung, oder vielleicht das ganze Land, vor einer Katastrophe steht. In Israel bedeutet es nichts weiter, als daß das betreffende Wunder in den nächsten zwei, drei Tagen geschehen wird.
Wie die Gerüchte blühen
Elazar Weinreb ist zweifellos ein Meister im Geldverdienen. Der Grund dafür ist sein unerschütterlicher Glaube an die Macht von Gerüchten. Er glaubt nun einmal an jedes kursierende Gerücht, als käme es von Gott persönlich. Und obwohl er dank dieser angeborenen Gabe steinreich geworden ist, findet seine Seele keinen Frieden.
Es begann noch vor der Abwertung des Pfund. Die Regierung, so hieß es aus unzuverlässiger Quelle, werde den Kurs ändern und US-Dollar-Aktien wären die
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