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...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land

...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land

Titel: ...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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bevor die Herren in Begeisterungsstürme ausbrechen konnten, wies der Direktor auf einen ausgemergelten Arbeiter orientalischer Herkunft.
    »Er wird das Geschenk überreichen.«
    »Wann?«
    »Morgen! Ich gebe der ganzen Aktion insgesamt zwei Tage!«
    Direktor Lipowitz ist nicht nur ein Mann des Geistes, sondern auch der Tat. Schon fünfundzwanzig Minuten später war Sallah Schabati, der auserwählte Lastenträger, mit Reisepaß, Ausreisegenehmigung, Devisenkontingent, Visum sowie einigen guten Ratschlägen versorgt.
    »Herr Schabati«, wurde ihm verkündet, »wir beglückwünschen Sie sowohl in unserem Namen als auch im Namen des musikbegeisterten Judentums in aller Welt. Sie werden sofort nach Boston reisen, um dem Chefdirigenten diesen Ton zu überreichen.«
    »Warum ich?« fragte Schabati in panischem Schrecken.
    »Was habe ich getan?«
    »Nichts, lieber Freund, machen Sie sich keine Sorgen. Sie haben einen langen Weg vor sich. Wir werden, um den Propaganda-Effekt unserer Aktion noch zu erhöhen, auf dem Weg nach Boston über Washington fliegen.«
    Sallah Schabati bestand darauf, zu Hause sein stark gepfeffertes Abendessen einzunehmen, um seine treusorgende Gattin nicht zu beunruhigen. Das mußte natürlich verhindert werden. Also zerrte man den wild um sich schlagenden Lastenträger in ein Auto, wo sich sofort zwei fette Beamte auf ihn setzten.
    Danach verlief die Aktion ohne weitere Zwischenfälle. Kurz vor dem Flughafen warf jemand während der rasenden Fahrt aus dem Lieferwagen eines renommierten Modehauses eine reichbestickte weißblaue Nationaltracht für Schabati durch das Wagenfenster.
    An der Gangway angelangt - die Motoren heulten bereits auf vollen Touren -, bestieg ein festlich gekleideter Sallah Schabati das Flugzeug, eskortiert von Direktor Lipowitz und dreizehn Beamten im Laufschritt.
    »Jede Minute zählt«, bemerkte Direktor Lipowitz und wandte sich an den Piloten. »Und jetzt mit Vollgas nach Washington!«

    *

    Nach Zwischenlandungen in Athen, Singapur, Manila und Tokio überquerte man den Stillen Ozean. Der Flug verlief relativ ruhig, nur Sallah Schabati kauerte stöhnend auf dem Boden und verlangte nach Wasser. Die Pockenimpfung, die ihm einer der beiden Vertreter des Gesundheitsministeriums über Istanbul verpaßt hatte, verursachte hohes Fieber.
    Direktor Lipowitz saß mit der Uhr in der Hand neben dem Piloten und ermahnte ihn immer wieder, schneller zu fliegen.
    Nach der Landung in Los Angeles bestieg Direktor Lipowitz mit seinen Begleitern eine große Limousine, und die Delegation setzte sich in Bewegung, um recht bald die amerikanische Bundeshauptstadt zu erreichen.
    Sallah Schabati lief locker und entspannt mit dem Geschenksack auf den Schultern nebenher. Nach einigen Kilometern wandte er sich um und fragte:
    »Sind wir bald in Haifa?«
    »Lauf weiter bis nach Washington«, befahl Lipowitz und lehnte sich bequem zurück. Ein Beobachter der Kultusgemeinde von Los Angeles, der beauftragt wurde, die Delegation zu begleiten, wandte sich an ihn.
    »Von welchem Washington ist hier eigentlich die Rede?«
    »Blöde Frage!« antwortete Lipowitz herablassend. »Natürlich von der Bundeshauptstadt.«
    Der Beobachter erschrak. »Die Bundeshauptstadt liegt in der Nähe der Westküste. Hier am Stillen Ozean gibt es den Staat Washington. Die Stadt, die Sie meinen, liegt am Atlantik, dreitausend Meilen entfernt.«
    Lipowitz schluckte kurz. »Na und?« sagte er. »Dann werden wir eben einen dreitausend Meilen langen Triumphzug durch die Vereinigten Staaten unternehmen. Je mehr Amerikaner von unserem geistvollen Geschenk erfahren, desto besser!« Dann wandte er sich an Schabati.
    »Lauf schneller, Mann, sonst kommen wir zu spät.«

    *

    Der Triumphzug wurde zu einem ungeheuren Erfolg. Fast in jeder Stadt mußte haltgemacht werden, um der jüdischen Bevölkerung eine kleine Feier zu ermöglichen. Immer mehr freiwillige Funktionäre schlossen sich mit ihren Fahrzeugen der Kolonne an. In Las Vegas war es bereits ein Konvoi von 17 Wagen, die Sallah auf seinem langen Marsch begleiteten.
    Irgendwo beim Durchqueren des Grand Canyon ging Schabati ganz plötzlich verloren. Er hatte seinen wertvollen Sack kurz abgestellt, um sich hinter einem Riesenkaktus zu erleichtern. Und das war das letzte, was man von ihm hörte.
    Direktor Lipowitz, ein Mann der schnellen Entschlüsse, engagierte flugs einen stämmigen Indianer, der zufällig vorbeistreunte, und beauftragte ihn mit dem Transport des Sackes. Nach Durchqueren

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