...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land
denn jetzt verlor ich langsam die Geduld. »Warum sind Sie noch nicht in der Besprechung? Wo doch der Alte ohnehin so schlecht gelaunt ist.«
»Ich bin ja schon unterwegs. Ich wollte mir nur den Goldberg-Plan abholen.«
»Wozu brauchen Sie gerade jetzt den Goldberg-Plan, Feintuch? Ich habe ihn eben erst in die Givath-Seren-Mappe gelegt. Soll ich ihn vielleicht wieder hervorkramen? Das ist doch unglaublich. Alle nutzen mich aus. Und ich Idiot lasse mich ausnutzen.«
Feintuch war sichtlich verwirrt.
»Ich wollte den Goldberg-Plan ja nur für Mayer haben«, stotterte er entschuldigend. »Was halten Sie übrigens von dem Plan?«
»Nicht schlecht. Aber ich wüßte gern, was der Alte dazu sagt.«
Feintuch nahm den Plan an sich, um ihn an Mayer weiterzugeben. Bevor er ging, sagte er mir noch, daß der Alte es sehr gerne sähe, wenn ich die Liste der Mieter des Wohnbauprojektes durchginge und für Stern einen Bericht darüber schriebe.
Ich machte mich sofort an die Arbeit.
Während ich die Liste noch überprüfte, erschien Feintuch: Ich möchte sofort zu Mayer kommen. »Als ob ich vier Paar Hände hätte, wie?« bemerkte ich, raffte die Akten zusammen und ging zum Alten. Mayer wollte meine Meinung über die architektonischen Qualitäten des Projektes Ramat Aron hören. Ich erklärte ihm, daß die Häuser zu nahe beieinander stünden und die Fenster zu klein wären. Kirschner stammelte: »Immer dasselbe«, sagte er. »Um so schlimmer«, gab ich scharf zurück. Und das sei nur ein weiterer Beweis dafür, daß es so nicht weitergehen könne.
Der Alte gab mir hundertprozentig recht, versetzte Kirschner in eine andere Abteilung - der wird mich jetzt mit seinem Haß verfolgen, dachte ich - und erteilte mir den Auftrag, das Ramat-Aron-Projekt zu übernehmen. Ich schickte sofort nach Feintuch und verlangte einen genauen Bericht innerhalb vierundzwanzig Stunden. Dann bestellte ich einen Wagen, fuhr nach Ramat Aron hinaus, führte ein ausführliches Gespräch mit dem Architekten, prüfte die Pläne und nahm ein paar kleine Verbesserungen vor. Dann fuhr ich ins Büro zurück.
Dort erwartete man mich bereits aufgeregt. Kirschner, der mir meinen meteorhaften Aufstieg neidete, hatte gegen mich intrigiert. Er wurde leichenblaß, als Feintuch auf mich zukam und mir mitteilte, daß Stern persönlich mich zu einer dringenden Besprechung erwarte.
Ich gab Stern einen detaillierten, vertraulichen Bericht über den Stand des Projektes und sparte nicht mit kritischen Bemerkungen über das langsame Arbeitstempo.
»Aber Sie müssen einsehen, Stern«, sagte ich abschließend, »daß ich ohne die entsprechende Autorität keine Verantwortung übernehmen kann.«
Stern sah das ein, berief sofort eine außerordentliche Sitzung und gab bekannt, daß er mich zu seinem Vertreter ernannt hätte. Mayer machte ein paar schäbige Bemerkungen über meine relativ kurze Dienstzeit, aber Stern war an diese Intrigen gegen mich bereits gewöhnt, drückte mir zum Abschied demonstrativ die Hand und sprach mir, für alle hörbar, sein Vertrauen aus.
Als ich in mein Büro kam, um noch rasch einmal die Akten Givath Seren durchzusehen, begegnete ich einem neuen Mann. Mayer stellte ihn mir vor. Es war Herr Cheschwan, den ich sofort mit einer wichtigen Aufgabe betraute.
»Ich bin gewiß kein Pedant«, sagte ich ihm, »aber ich verlange pünktliche und gewissenhafte Arbeit. Besonderen Wert lege ich darauf, daß meine Leute während der Bürostunden, also während das Publikum Zutritt zu den Amtsräumen hat, an keinen Besprechungen teilnimmt. Es könnten sonst die merkwürdigsten Situationen entstehen.«
Nachdem ich meinem Schwiegervater einen kompletten Wohnblock in Ramat Aron zugewiesen und mir einen kleinen Vorschuß auf mein Gehalt angewiesen hatte, machte ich Feierabend. Seit diesem Tag arbeite ich im Zentralbüro der Wohnbaugenossenschaft. Sprechstunden täglich von 11 bis 13 Uhr, Zimmer 314. Wenn Sie mich in meinem Zimmer nicht antreffen, dann bin ich gerade in einer Besprechung. Nehmen Sie Platz.
TROTZDEMIA MON AMOUR
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