Und was, wenn ich mitkomme?
entschlossen zum Besen und mache sauber. So viel zum Thema: Ich muss immer was tun.
Abends trinken wir vino tinto in einer Bar um die Ecke, schauen ein bisschen Sport im Fernsehen, das natürlich auch hier läuft, und beobachten die Männer, die wieder einmal sehr kommunikativ zusammen sind. Ich finde es richtig toll, hier zu sein.
Aus Evas Tagebuch:
Das war heute ein Spaziergang an einer Menge Hässlichkeiten vorbei: Marinemilitär-Gelände, viel Industrie- und Gewerbegebiet, Autobahnnähe und Asphalt und schließlich die Bahntrasse, auf der wir gestern nach Ferrol gekommen sind. Dazwischen stoßen wir aber auch immer wieder auf sehr gepflegte Grünanlagen. Es fällt auf, wie aufgeräumt und sauber sich öffentliche Straßen und Plätze präsentieren, während sich in den Hinterhöfen oft der Müll türmt. Schade auch, dass viele Häuser dem Verfall preisgegeben werden. Auch der Meeresarm zeigt sich wegen der Ebbe nicht gerade von seiner attraktivsten Seite. Bei Sonnenschein und Flut würde das alles hier sicher recht hübsch wirken. Doch heute ist es bewölkt. Wir machen trotzdem eine kleine Apfelpause am Kloster San Martino de Xubia, das Ende des 8. Jahrhunderts gegründet und im 12. Jahrhundert als Priorat der Abtei von Burgund neu aufgebaut wurde. Leider können wir das Kirchlein nicht besichtigen. Stattdessen bekommen wir ein anderes, für unsere Zeit sehr außergewöhnliches Schauspiel geboten: einen Pferdewagen, der ein halsbrecherisches Manöver auf der Straße vollführt. In Zentimeterarbeit und unter ständigem gutem Zureden bugsiert der Kutscher seinen Gaul samt Wagen rückwärts auf einen unwegsamen Acker. Wir schauen fasziniert zu und lassen uns ordentlich Zeit dabei, denn heute haben wir es nicht eilig. Bis Neda sind es insgesamt höchstens 15 Kilometer. Es geht bloß noch an einer alten Gezeitenmühle vorbei, dann durch einen lang gestreckten Park und schließlich über eine blaue Brücke. Schon stehen wir vor unserer Herberge, die sehr schön direkt am Fluss Xubia liegt, leider aber geschlossen ist. Wir gehen essen und einkaufen, und als wir danach immer noch nicht in unser Quartier können, kehre ich um und frage in der Bar, in der wir auch zu Mittag gegessen haben, ob jemand für uns beim hospitalero anruft. Die Telefonnummer war an der Tür der albergue angeschlagen. Ein Gast um die 60 spricht ein bisschen Englisch und übersetzt für mich. Offensichtlich hat er seinen Spaß an mir und hätte mich gerne auf einen Kaffee eingeladen. Augenzwinkernd hebe ich meine rechte Hand und zeige ihm meinen Ehering, nehme aber schließlich zwei Tütchen Schokolade an, während die freundliche Barbesitzerin für mich telefoniert. Pit sitzt unterdessen an einer Holzgarnitur unter einem Baum hinter der Herberge und schreibt Tagebuch.
Wir müssen nicht lange warten, da kommt der hospitalero und schließt uns auf. Das Gebäude ist relativ neu, aber ziemlich dreckig. In den Toiletten läuft die Spülung mehr daneben als ins Becken, und in den Duschen schwirren lauter kleine Insekten herum, was einfach nur unappetitlich ist. Ich putze das Behindertenklo für uns, weil es das einzige ist, das einigermaßen funktioniert, und Pit fegt den gesamten Eingangsbereich und den Schlafsaal. Zu guter Letzt legen wir alle Decken auf den Matratzen ordentlich zusammen, lüften ausgiebig und fangen langsam an, uns ein bisschen heimisch zu fühlen. Es gibt hier Waschmaschinen und einen Wäschetrockner. Doch wir benutzen keines von beidem. Es ist erstaunlich, aber unsere Sachen stinken längst nicht mehr so wie zu Anfang unserer Reise. Oder macht es uns bloß nicht mehr so viel aus? Die Sorge um trockene Sachen ist ungleich größer als die um saubere. Und nicht mehr lange, dann wandert sowieso alles in den Mülleimer.
Unser Abendessen nehmen wir draußen unter den Bäumen ein, obwohl es recht kühl ist. Aber unser Gespräch hält uns bei der Stange. Wir reden darüber, dass Pit alles richtig machen und ich richtig sein möchte. Vielleicht kommt ja daher sein Bedürfnis, immer etwas zu tun, während ich mich im Sein ausprobieren und spüren möchte? Wir merken, wie viel leichter wir einander und uns selbst verstehen, wenn wir unsere Gedanken aussprechen und über sie reden. Leider unterbricht uns der hospitalero, der noch einmal auftaucht, um die obligatorischen 3 Euro Übernachtungsgebühr zu kassieren und uns seinen Stempel in unser credencial zu drücken. Und was nun?
Wir gehen in eine Bar auf ein Weinchen. Hier gibt es fast
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