Und weg bist du (German Edition)
Frühlingsrolle. »Als wir das letzte Mal zusammen waren, hat er mir gesagt, du seist sein bester Freund.«
»Nichts vereint Menschen mehr, als wenn sie frühmorgens nicht schlafen können. Diese Verbindung zwischen Jack und mir hast du nie geteilt. Du hast immer geschlummert wie ein Murmeltier. Um drei oder vier Uhr am Morgen, wenn alle schlafen, ist es leichter, sich zu öffnen.«
Vage erinnerte ich mich daran, wie ich einmal nach einem Albtraum in Seale House aufgewacht war und nach Jack gesucht hatte. Ich fand ihn mit Noah draußen auf dem Dach. Sie beobachteten den Mond mit einem alten Fernglas, das sie im Keller gefunden hatten.
»Genau daran haben wir dann wieder angeknüpft«, fuhr Noah fort. »Wenn ich in den frühen Morgenstunden nicht schlafen konnte, bin ich online gegangen. Jack war meistens schon da. Wir haben angefangen über alles Mögliche zu quatschen. Am Computer ist das leichter, als wenn man sich direkt gegenübersitzt. Wahrscheinlich habe ich im vergangenen Jahr mehr von ihm erfahren als damals, als wir in Seale House zusammengelebt haben. Das Einzige, worüber wir fast nie sprachen, warst du.«
»Weil du noch immer sauer auf mich warst?«
»Nein, natürlich nicht. Jack hat nur von vorneherein klargestellt, dass das Thema tabu ist, es sei denn, es ging um früher. Er wollte nicht über euer gegenwärtiges Leben oder deine Pläne sprechen. Warum, habe ich nie wirklich verstanden. Ich hatte das Gefühl, er wollte dich beschützen. Vielleicht glaubte er auch, dass ich noch wütend darüber war, wie du Seale House verlassen hast. Erst vor wenigen Wochen begann er ein wenig offener zu werden, wenn ich nach dir fragte.«
Das waren überraschende Neuigkeiten. »Warum wolltest du denn über mich sprechen?«
»Du warst mir wichtig, Jocey. Das einzige Mädchen aus meiner Vergangenheit, das mir je etwas bedeutete.«
Ich antwortete nicht, da ich nicht wusste, was ich sagen sollte.
»Jack hat mir von all euren Umzügen berichtet. Was mit eurer Mutter geschah und wie euer Leben verlief. Es war klar, dass ihr wieder in einer Pflegefamilie landen würdet.«
»Was ist mit dir? Hast du Jack irgendwann erzählt, warum du nach Seale House gekommen bist? Du hast immer steif und fest behauptet, dein Vater sei Graf Dracula und hätte dich verlassen müssen, weil Professor Van Helsing ihn mit einem Kruzifix gebrandmarkt habe.«
Noah zuckte mit den Achseln. »Das habe ich gesagt, weil die Wahrheit nicht sehr spannend ist. Meine Mutter war drogenabhängig und wurde von ihrem Dealer geschwängert. Sie wollte mich nicht haben. Wahrscheinlich war es damals weniger schmerzhaft, eine Geschichte zu erfinden, als die Wahrheit zu sagen.«
Es tat mir leid, ihn zu diesem Bekenntnis gezwungen zu haben. Außerdem war ich ein wenig verunsichert, weil er seine Vergangenheit offensichtlich hinter sich gelassen hatte, während sie für mich noch eine große Rolle spielte.
»Darf ich dich noch etwas anderes fragen, Noah?«
»Klar.«
»Irgendwie habe ich das Gefühl, mir würden noch einige Puzzleteile fehlen, und damit meine ich nicht die von Jack. Ich habe über die Begegnung mit Zachary Saulto nachgedacht. Er arbeitet genauso für ISI, wie Jack und du es getan haben, oder?«
»Ja. Er war so eine Art Vorgesetzter und hat mir die Jobs geschickt. Aber persönlich habe ich nicht viel mit ihm zu tun gehabt.«
»Warum hat er gesagt: ›Denk an Jack‹? Was hat das zu bedeuten?«
»Keine Ahnung.«
»Aber warum hast du dann aufgehört für ihn zu arbeiten? Und behaupte jetzt nicht wieder, dass du es getan hast, weil Jack gestorben ist.«
Noah zögerte und ich merkte, dass er sich überwinden musste weiterzusprechen. »Du weißt, was ich dort gegearbeitet habe, oder? Vor allem habe ich das Sicherheitsprogramm, das wir geschrieben haben, auf die individuellen Bedürfnisse der Kunden angepasst.«
»Das Gleiche hat auch Jack getan.«
»Sie haben uns die neuen Aufträge geschickt und wir haben dann die Verschlüsselung für die jeweiligen Firmen geschrieben, die die Software gekauft haben. Am Tag vor dem Unfall habe ich eine eigenartige E-Mail von Jack bekommen. Sie bestand nur aus einem einzigen Satz. Er schrieb, dass einige ISI-Programmierer Hintertüren in ihre Sicherheitscodes eingebaut hätten.«
»Hintertüren, mit denen jemand heimlich in das Sicherheitsprogramm einer Firma käme?«
»Genau. Was bedeutet, dass sie nicht wirklich sicher sind.«
»Ist das illegal?«
»Ja, wenn sie es ihren Kunden nicht gesagt haben.
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