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Und weg bist du (German Edition)

Und weg bist du (German Edition)

Titel: Und weg bist du (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Kae Myers
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Lego bauten. Ich ging zu Edgar, doch er tat so, als würde er mich nicht bemerken, und pulte den Schorf von seinem Knie. Ich hatte gehört, wie die Sozialarbeiterin gesagt hatte, dass er dreizehn sei, was man kaum glauben konnte. Hunger und Misshandlung über viele Jahre hatten sich offenbar auf sein Wachstum ausgewirkt, denn er war nur so groß wie ein Zehnjähriger.
    »Wenn Dixon etwas getan hat, das dich nervt«, begann ich mit strenger Stimme, während ich mich neben ihm niederließ, »dann sag ihm, dass er dich in Ruhe lassen soll. In diesem Haus tun wir uns nicht gegenseitig weh. Und kleine Kinder sind ohnehin tabu.«
    Er blickte nicht einmal auf, doch so leicht würde ich ihn nicht vom Haken lassen. Ich war entschlossen auf eine Antwort zu warten. Er wirkte schmutzig, obwohl die Sozialarbeiterin ihn gezwungen hatte ein Bad zu nehmen und frische Sachen anzuziehen, bevor er nach Seale House gekommen war. Unter seinen Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab und seine Wangen waren eingefallen. Dünne Haarsträhnen hingen ihm in die Augen und er hatte blaue Flecken auf den zerkratzten Armen und Schienbeinen. Ich bekam Mitleid mit ihm. Er sah so elend aus, wie er dort reglos, das Gesicht zu einer Maske erstarrt, in der Ecke hockte.
    Ich fragte ihn nicht, warum er Dixon gebissen hat, weil »warum« ein Wort ist, das bei Pflegekindern besser vermieden werden sollte. »Warum« spülte eimerweise Ballast aus der Vergangenheit nach oben, den die meisten lieber für sich behielten und die anderen ohnehin nicht hören wollten. Einfache Anweisungen funktionierten am besten. »Gebissen wird hier nicht«, wiederholte ich, dieses Mal mit freundlicherer Stimme.
    Schließlich erhob ich mich und wandte mich zum Gehen, als Edgar unvermittelt aufsprang, sich auf mich warf und die Zähne tief in meinem Oberarm versenkte. Laut aufheulend taumelte ich rückwärts, doch er ließ nicht locker. Erst als ich ihn hart an der Seite des Kopfes traf, öffnete er den Kiefer. Mein Arm pochte vor Schmerzen, doch mir blieb kaum Zeit zu begreifen, was geschehen war, weil er abermals auf mich losging. Ich stürzte zu Boden. Er krallte sich an mir fest und schnappte mit den Zähnen nach meinem Gesicht. Mir gelang es, ihn am Zubeißen zu hindern, doch es war schwierig, obwohl ich größer war als er, denn er hatte die ausdauernde Stärke eines Wahnsinnigen. Plötzlich wurde er fortgerissen und Jack versetzte ihm einen Schlag aufs Kinn, was Edgar jedoch keineswegs einschüchterte. Er begann so wild um sich zu treten und zu kratzen, dass Jack und Noah ihn nur gemeinsam unter Kontrolle bringen konnten. Erst als Noah den Arm im Würgegriff um seinen Hals drückte, hörte der Junge auf zu kämpfen.
    »So benehmen wir uns hier nicht«, Noah drückte fester zu. »Verstanden?«
    Edgar sah uns aus hervorquellenden Augen an und nickte widerwillig.
    »Okay, lass ihn los«, sagte Jack.
    Edgar verkroch sich wieder in seiner Ecke und wir drei stellten uns im Halbkreis vor ihm auf.
    Noah sah auf ihn hinab. »Wenn es dir hier nicht gefällt, dann hau doch ab.«
    Der Junge lachte und es klang wie das Kreischen des Brüllaffen, den ich einmal im Zoo gesehen hatte. »Werde meine Pläne ändern!« Seine hohe Stimme klang unheimlicher als Darth Vaders tiefes Grummeln. »Wollte eigentlich heute Nacht raus hier, aber bleibe jetzt. Bleibe, bis ich dich kriege!«
    Mit ausdruckslosem Gesicht blickte er zu mir auf. Ich wartete auf ein Anzeichen von Hass oder Panik in seinen Augen, doch da war nichts dergleichen. Sein Gesicht war starr wie eine Maske, die verdeckte, was wirklich darunterlag. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken und ich begann mir Sorgen zu machen. »Und pass auf dein Schoßhündchen auf«, sagte er mit seiner mädchenhaften Stimme, während er an mir vorbeischaute.
    Als ich mich umdrehte, sah ich Dixon im Türrahmen stehen, die Augen vor Angst weit aufgerissen. Ich ging zu ihm und führte ihn fort. Jack und Noah folgten mir. »Halt dich von ihm fern«, sagte ich auf dem Flur zu Dixon, der sofort nickte.
    Dann erblickte er meinen Arm. Edgars Zähne hatten Blutergüsse hinterlassen und an einigen Stellen die Haut durchbohrt. Auch die beiden anderen betrachteten entsetzt den Abdruck des Bisses.
    »Der ist vollkommen wahnsinnig«, stellte Jack fest.
    »Dieser stinkende kleine Erv dürfte eigentlich gar nicht hier sein«, fluchte Noah und verwendete für Edgar einen Namen aus unserer Geheimsprache.
    »Vielleicht sollten wir mit Hazel sprechen.«
    »Sie würde

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