Und weg bist du (German Edition)
Immerhin war Dixon vernünftig gekleidet. Ich zog meine Visa-Karte aus der Tasche und reichte sie ihr: »Wir nehmen es.«
Ich hatte ein wenig Bedenken, dass ich mein Kreditlimit erreicht haben könnte, doch die Zahlung wurde angenommen und sie reichte mir die Bestätigung zur Unterschrift.
»Sie haben nicht zufällig noch den Umschlag, in dem es versandt wurde, damit wir uns den Poststempel einmal ansehen könnten?«
»Tut mir leid, den habe ich weggeworfen.«
Die Eingangstür wurde geöffnet und ein weiterer Kunde betrat die Galerie. Es war ein gut aussehender Mann um die dreißig mit dunklerem Teint. Zielstrebig durchquerte er den Laden bis zum anderen Ende.
Nachdem ich das Bild bezahlt hatte, schickte sich Dixons Mutter an, es in Packpapier einzuschlagen, doch Noah hielt sie zurück. »Nicht nötig, wir nehmen es so.«
»Können wir uns noch von Dixon verabschieden?«, fragte ich.
Sie schaute in Richtung des Durchgangs hinter ihr. »Es tut mir leid, aber ich habe ihn losgeschickt, um etwas Dringendes für mich zu erledigen.«
Offenbar hatte sie bemerkt, wie enttäuscht ich war, und fügte hinzu: »Können Sie mich denn nicht verstehen? Es hat fast zwei Jahre gedauert, bis seine Albträume endlich aufhörten. Immer wieder ist er nachts schreiend aufgewacht. Ich will nicht, dass es wieder von vorne anfängt.«
»Klar«, antwortete Noah. »Das verstehen wir.«
Ich nickte zustimmend und fühlte mit Dixon.
Wir entfernten uns in Richtung Ausgang, während sie den Tresen verließ, um den Kunden anzusprechen. Er war einer dieser Typen, die sich lässig anzogen und dabei dennoch stylisch aussahen. Er trug eine weite Hose aus einem weichen Stoff und dazu ein Baumwollhemd ohne Kragen. Sein eher längeres braunes Haar, das stellenweise golden schimmerte, war zurückgekämmt, so dass sein Gesicht mit den markanten Zügen gut zur Geltung kam. Der Kerl folgte mir mit seinem Blick. Alarmiert bemerkte ich einen Verband an seiner Hand.
Als wir durch die Tür nach draußen traten und der Wind unter meinen Schal fuhr, so dass er sich anhob, war mir das Blut in den Adern längst gefroren. Ich drehte mich zu Noah um. »Das muss er sein! Er war es, der mich letzte Nacht angegriffen hat!«
»Ich weiß.« Er legte eine Hand in mein Kreuz und führte mich über die Straße, schloss den Jeep auf und warf das Bild auf den Rücksitz. In dem Moment hörten wir, wie jemand unsere Namen rief. Dixon lief auf uns zu. »Fahrt ihr schon?«
»Wir müssen«, bestätigte Noah, den Blick auf die Tür der Galerie gerichtet.
»Ach.« Der Junge klang niedergeschlagen und kurz hatte ich das Gefühl, wieder den kleinen Dixon von früher vor mir zu haben. »Wirst du zurechtkommen?«
Er nickte. »Meine Mutter ist immer ein bisschen reserviert, wenn sie jemanden nicht kennt, aber zu mir ist sie wirklich gut.«
Dixons Mutter erschien im Schaufenster und beobachtete uns skeptisch. Für die meisten Kinder würde ich eine Mutter wie sie besorgniserregend finden, doch in seinem Fall war es anders. Aufgrund der jahrelangen Vernachlässigung war Dixon, was seinen Bedarf an Zuneigung betraf, ein Fass ohne Boden. Egal mit wie viel Aufmerksamkeit man sich ihm zuwendete, es würde nie genug sein. Vielleicht brauchte er daher so eine Glucken-Mutter.
»Das ist die Hauptsache.«
Noah stieg in den Wagen. »Tschüss, Dixon. Schön dich wiedergesehen zu haben.«
Der Junge trat einen Schritt näher an mich heran. »Jocey, bevor du fährst, möchte ich dir noch etwas sagen. Ich weiß, dass alle an jenem Abend sauer auf dich waren, wegen dem, was passiert ist. Ich nicht. Du hast es getan, um mich zu retten. Nachdem ich Seale House verlassen habe, bin ich in einer besseren Pflegefamilie gelandet. Durch sie habe ich meine neue Mutter kennengelernt. Mama war eine Verwandte und mochte mich von Anfang an. Sie hat mich schließlich bei sich aufgenommen und inzwischen sogar adoptiert.« Stolz schwang in seiner Stimme mit. So hatte ich ihn noch nie sprechen hören.
»Das ist wunderbar. Ich habe oft an dich gedacht, Dixon.«
»Wirklich? Damals, als du weggerannt bist, habe ich befürchtet, dass ich dich nie wiedersehen würde, und geglaubt, es sei alles meine Schuld.«
Noah öffnete die Beifahrertür von innen und rief meinen Namen. Ich blickte auf. Der lässig gekleidete Kerl hatte die Galerie verlassen und ging zu seinem Auto. »Es war nicht deine Schuld, so darfst du nicht denken. Versprochen?«
»Versprochen.«
Ich umarmte ihn und er schlang noch einmal seine
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